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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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wärst du nicht wie ein tüchtiger Flatbootner, der du bist, da so zur rechten Zeit über Bord gesprungen, hätte die Sache auch am Ende schiefgehen können. Ich glaubte selber nicht, daß die Strömung hier so scharf niederkäme. Daß ich trotzdem auf dem rechten Platz angelaufen bin, wirst du vielleicht später einsehen. Jetzt aber, da ich weiß, daß gerade du nicht gern Wasser trinkst, so zieh dir erst einmal trockene Kleider an, und dann geh hinunter an die Steinkruke und ›hilf dir selber‹, der Zucker steht auch daneben, und du wirst dir die Mischung wohl selber anmachen können. Die Kruke bring nachher mit herauf, wenn du fertig bist, denn den anderen wird ein Schluck ebenfalls keinen Schaden tun.«
    »Denke auch nicht«, brummte Bill, jetzt schon wieder in etwas besserer Laune, vor sich hin und sagte dann, während er mit Jack nach vorn ging, wo sie unten im Boot ihr Lager hatten: »Manchmal hat der alte Starrkopf ordentlich lichte Augenblicke und weiß auch sonst mit einem Boot ziemlich vernünftig umzugehen. Diesmal bin ich aber doch neugierig, weshalb er uns hier in das Holz hineingejagt, wo wir dem Teufel seine Arbeit haben werden, wieder ganzbeinig hinauszukommen. Nun - mir kann's recht sein, aber über Bord spring ich ihm nicht wieder, darauf kann er sich verlassen, und wie der alte Kasten ausgeräumt ist, setze ich mich auf ein Dampfboot und fahre heim. Der Böse soll den Mississippi holen!«
    »Na, laß du nur den Alten gehen«, lachte Jack, indem er sich ein frisches Priemchen abschnitt und in den Mund schob, »der weiß gewöhnlich verdammt gut, was er zu tun hat, und macht keinen derartigen dummen Streich umsonst. Das ist freilich erst die zweite Reise, die ich mit ihm zusammen bin, und auf der ersten kamen wir nicht weiter als Randolph, aber soviel hab ich doch bis jetzt herausbekommen, daß er sich nicht gern an einen freien, offenen Landeplatz legt - wo er das nämlich irgend vermeiden kann. Siehst du das Orangendickicht, das hier gleich über uns bis dicht zur Straße hinläuft? Es sollte mich gar nicht wundern, wenn er mit aller Absicht darauf zugesteuert ist, und zu dem Negernest liegen wir auch hier näher als zum Herrenhaus, das man von hier aus nicht einmal sehen kann.«
    »Hm - magst recht haben, Kamerad«, nickte Bill leise vor sich hin, »aber einen verdammten Dickkopf hat er doch, und wenn ich... Hallo - da bekommen wir schon Besuch«, unterbrach er sich plötzlich, als ein paar schwarze Wollköpfe ihre blendenden Zähne und weißen rollenden Augen zeigten. »Wie die Racker aufpassen, wenn sie den Duft von Whisky in die Nase bekommen.«
    Die beiden Neger, die sich da oben wirklich gezeigt, waren aber im nächsten Augenblick schon wieder hinter dem am ganzen Ufer des Mississippi aufgeworfenen Damm verschwunden, und zehn Minuten später ritt ein Weißer langsam die breite, vortreffliche Uferstraße herauf und stieg, als er das eben dort gelandete Boot bemerkte, vom Pferd. Es dauerte auch nicht lange, so erschien er oben auf dem Damm, wo er, den rechten Arm in die Seite gestemmt, stehenblieb und das Fahrzeug eine Weile schweigend betrachtete.
    Es war der Aufseher der Plantage, ein Bursche von vielleicht drei- oder vierunddreißig Jahren, aber mit scharf markierten, häßlichen und tief gefurchten Zügen, die ihn wenigstens um zehn Jahre älter scheinen ließen. Auch die kleinen farblosen Augen, das linke noch dazu mit einem sogenannten ›falschen Blick‹, schweiften unstet herüber und hinüber und hafteten eigentlich nie auf dem, mit dem sie sprachen.
    Er ging in die gewöhnliche Tracht derartiger Leute gekleidet: weite Hosen und leichter Rock von hellkariertem Zeug, am linken Stiefel einen Sporn, keine Weste und das buntkattunene Hemd von einem blauseidenen Tuch locker zusammengehalten. Den Kopf bedeckte ein breitrandiger Strohhut ohne Band, und am rechten Handgelenk hing ihm eine schwere, fest aus Rindsleder gedrehte, sogenannte Negerpeitsche. Eine lange Bronzeuhrkette und ein paar große Ringe an den Fingern vollendeten mit der nie fehlenden Zigarre den Mann, der, so gute Eigenschaften er auch sonst vielleicht haben mochte, durch sein Äußeres keineswegs dahin empfohlen wurde.
    Der alte Poleridge hatte indessen unten seine ›Ufertoilette‹, wie er's nannte, beendet, das heißt, ein reines Hemd und Schuhe und Strümpfe angezogen, denn an Bord gingen die Männer in dem warmen Klima meist barfuß. Langsam, die Hände in den Taschen kam er oben aufs Deck, als der Aufseher vom Damm
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