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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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Kratzfuß, ergriff dann das Blechmaß, das ihm der Händler hinschob, und wollte es eben an die Lippen heben, als oben der Hund anschlug. Erschreckt setzte er es wieder hin und sah den Weißen an, der ebenfalls aufmerksam nach oben horchte. Der Hund war in diesem Augenblick still, und Poleridge sagte:
    »Trink nur erst einmal deinen Whisky aus, nachher wollen wir sehen, was mein Dackel hat.«
    »Wenn das Massa Hoof wäre«, flüsterte der Neger bestürzt, »er brächte armen Nigger um, wenn er ihn hier nachts auf fremdem Boot träfe.« Wieder horchte er nach oben, dann aber, um wenigstens das Gebotene erst einmal in Sicherheit zu bringen, nahm er den Becher auf, kostete den Inhalt erst und schüttete ihn dann in einem langen Zug die durstige Kehle hinab.
    Dem Händler lag indessen selber daran, daß nicht schon jetzt ein Neger heimlich an seinem Bord gesehen wurde. Hatte er erst seinen Handel mit den Burschen gemacht und aus ihnen herausbekommen, was eben zu bekommen war, ei, dann mochte auch seinetwegen der Aufseher erfahren, daß er ihnen verbotenen Branntwein verkauft. Wenn man ihn nicht dabei ertappte, konnte ihm niemand etwas anhaben, und ehe die Sache gerichtlich gemacht wurde, warf er eben seine Taue los und schwamm wieder den Strom hinunter. Mit ein paar Worten ermahnte er deshalb Salomo, sich hier unten ganz ruhig zu verhalten, bis er oben selber einmal nachgesehen hätte, und trat dann vorn in sein Boot hinein, wo er, wenn er sich aufrichtete, mit dem halben Leib über das Verdeck hinausschaute. Ganz an Deck mochte er nicht gehen, denn unten stand Salomo neben der Whiskykruke, und allein wollte er die beiden doch nicht miteinander lassen.
    Der Hund hatte sich indessen keineswegs beruhigt, und wenn er auch nicht mehr bellte, knurrte er doch noch leise und verdrießlich vor sich hin. Es war jedenfalls am Ufer nicht alles, wie es sein sollte. Poleridge riet auch dem Neger, als der dem Hund ein paar ermunternde Worte gesagt und wieder in seine Kajüte zurückgekehrt war, lieber noch ein wenig zu warten, ehe er an Land ging. Dieser behauptete aber, zurückzumüssen, damit die Sachen noch vor Tag an Bord kämen, denn dann könne man sich fest darauf verlassen, daß ›Massa Hoof‹ ihnen nicht im Weg wäre.
    »Wenn er jetzt auch draußen steckt«, lachte der Neger dabei vor sich hin, »schadet nichts. Salomo ebenso klug wie Buckra. Kann da oben lange stehen, bis er Nigger findet.«
    »Was willst du tun, Salomo?« fragte der Händler erstaunt, als der Neger ohne weiteres zu dem Tisch ging und die Lampe ausblies. »Was, zum Henker, ist jetzt los?«
    »Will an Land, Massa«, kicherte aber der Neger, »good bye! Vor Tag ist Salomo wieder unten.«
    Und damit glitt er wie eine Schlange aus der Kajüte, hob sich, ohne seinen Oberkörper über dem Verdeck zu zeigen, vorsichtig auf den vorderen und niederen Rand des Bootes, das dort, wie alle diese Fahrzeuge, eine Art von Ausbau bildete, und war im nächsten Augenblick im Wasser. So geräuschlos verschwand er aber darin, daß selbst der neben ihm stehende Yankee nicht das geringste plätschernde Geräusch hören konnte, und ob er sich auch überbog und ihm nachschaute, es ließ sich nichts weiter von dem Schwarzen erkennen. Unter Wasser war er den Strom hinabgeschwommen. War übrigens wirklich jemand an der Uferbank gewesen, so ließ er sich an dem Abend nicht wieder sehen, und Poleridge suchte jetzt selber sein Lager, um zur rechten Zeit am nächsten Morgen bei der Hand zu sein.
Diese Art von Handel kannte er schon und hatte deshalb auch sein Boot so gelegt, daß er - nicht zu weit von dem Negerdorf - durch das benachbarte Dickicht den Schwarzen die beste Gelegenheit gab, unbemerkt zu ihm an Bord zu kommen, und die wurde denn auch von ihnen gehörig genutzt. Alles mögliche brachten sie gegen Morgen angeschleppt, was sie entweder für solch einen Fall aufgespart oder in der Eile und Nachbarschaft hatten stehlen können. Entdeckung brauchten sie dabei, wenn sie nicht auf frischer Tat ertappt wurden, auch gar nicht zu fürchten, denn alles, was gegen sie hätte zeugen können, nahm der Weiße ja in seinem Boot mit fort.
    Um drei Uhr morgens war dafür die beste Zeit. Um vier Uhr weckte schon wieder die erste Negerglocke, und wenn sich dann der Aufseher auch noch nicht gleich um sie kümmerte, war doch stets die Gefahr, daß sie von einem der sogenannten ›Negertreiber‹ oder Unteraufseher - fast immer ebenfalls Neger - entdeckt und verraten wurden. Nachsicht hatten sie
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