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Der Fall von Katara

Der Fall von Katara

Titel: Der Fall von Katara
Autoren: Theo L. Wuldt
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gewöhnlich fressen. Die Grünalgen sind dieses Jahr noch grüner als sonst gewesen. Und wie du weißt, sollen diese Algen auch sehr gesund sein. Je grüner, desto gesünder“, meinte der Verkäufer.
    „Rattenspeck aus Forensien?“, hakte Erek nach.
    „Durchaus“, bestätigte der Verkäufer lächelnd.
    „Gut. Wenn das so ist, dann nehme ich ein Pfund. Wie viel macht das?“
    „Zwei Euro und zwanzig Cent, weil du es bist. Ich verlange normalerweise fünf Euro pro Kilo, aber da du ja ein guter Kunde bist, kann ich etwas nachlassen.“
    „Nimmst du auch Lebensmittelmarken?“, wollte Erek wissen.
    „Nein. Das darf ich nicht, weil forensischer Rattenspeck von der Lebensmittelbehörde noch nicht als Lebensmittel zugelassen worden ist.“
    „Das ist wieder typisch. Die ärmere Bevölkerung soll sich den faserigen origamischen Rattenspeck einverleiben, während die oberen Zehntausend den feinen forensischen Rattenspeck schlemmen?“, ärgerte sich Erek.
    „Forensien ist als neutraler Zwergstaat nicht in der Poligäischen Handelszone. Der Rattenspeck entspricht aus farblicher Sicht nicht der PH-Norm. Die Inhaltsstoffe sind aber die gleichen. Mach dir also keine Sorgen!“, beschwichtigte der Verkäufer ihn.
    Erek zählte das Kleingeld in seiner Börse und stellte fest, dass es nicht ganz reichte, wenn er noch mehr einkaufen wollte.
    „Wie sieht es mit Tauschwaren aus?“, fragte Erek.
    „Tauschwaren? Warum nicht? Was hast du anzubieten?“
    „Ich habe noch etwas vom Gecko einstecken, wenn es dich interessiert“, erklärte Erek und suchte in seiner Umhängetasche danach.
    „Heilige Geckosch...?“, sagte der Verkäufer und wurde hellhörig.
    „Ja, von einem servalischen Hausgecko“, sagte Erek.
    „Ach was? Das hast du mir noch nie erzählt. Du hast Haustiere? So hätte ich dich nicht eingeschätzt. Ein Gecko aus Servalien? Ich dachte, die Tiere wären schon längst ausgestorben?“, erkundigte sich der Verkäufer.
    „Da hast du falsch gedacht. Sie leben…noch. Also, wie sieht es aus?“, hakte Erek nach.
    „Ich nehme alles, was du hast“, flüsterte der Verkäufer.
    „Ich habe aber nur ein Gramm mit“, flüsterte Erek zurück.
    „Gut. Gib mir das, was du hast, und wir sind quitt!“, bot der Verkäufer ihm an.
    Erek überreichte ihm ein kleines Plastiktütchen, worin sich die heißbegehrte Ware befand. Der Verkäufer nahm es dankend entgegen und freute sich, dass er heute schon so ein gutes Geschäft gemacht hatte. Heilige Geckoscheiße wurde häufig als Gewürz in exotischen Speisen verwendet. Doch das war pure Verschwendung. Die medizinische Heilkraft war so stark, dass eine homöopathische Dosis davon genügte, um fast jede Krankheit im Keim zu ersticken. Leider konnte damit aber die Vergreisung der Gesellschaft nicht gestoppt werden. Manche Bundesbehörden glaubten sogar, dass die Einnahme von Geckoscheiße die Situation nur noch verschlimmern würde. Deswegen war es nicht gern gesehen, wenn die Bevölkerung zu viel davon zu sich nahm. Wohingegen es jedoch nicht verboten war, weil nach katarischen Grundgesetzen der Konsum jeder Substanz erlaubt war, auch wenn sie zum Tode führte. Geckoscheiße wurde also nur deswegen im Verborgenen gehandelt, weil es den Reiz des Verbotenen hatte. Es gab jedoch eine Substanz, die definitiv verboten war: Hundescheiße jeglicher Couleur. Und jeder, der auch nur mit Anhaftungen von Hundescheiße erwischt wurde, musste mit drakonischen Strafen rechnen. Der Besitz von Hundescheiße stellte ein Kapitalverbrechen dar und wurde schwerer geahndet als Terrorismus. Zum Glück gab es keine Hunde auf Tenemos, sodass die Kriminalitätsrate verschwindend gering war und die Bewohner ein ruhiges, beschauliches Dasein führen konnten.
    Erek packte den Rattenspeck ein, verließ den Laden und begab sich in die Innenstadt von Usiris. Es war ein Geflecht aus engen Gassen, in denen sehr hohe Häuser standen, die sich gegenseitig Schatten spendeten. Man durfte wahrlich keine Berührungsängste haben, wenn man sich hier hindurchzwängte. Der Sitz fast aller Behörden war aus zentralistischen Gründen in der Stadtmitte angesiedelt. Erek kannte sich gut in der Innenstadt aus und nahm nun einen Schleichweg durch den Bambuspark, der von hinten auf die besagte Straße führte, in der das Gesundheitsversorgungsamt residierte.
    Im Park war es noch angenehm kühl, was viele Vögel dazu veranlasste, lauthals zu zwitschern. Doch der scheinbare Frieden war hart umkämpft. Viele wilde Tiere
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