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Der Fall von Katara

Der Fall von Katara

Titel: Der Fall von Katara
Autoren: Theo L. Wuldt
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strömten in die Stadt und wollten hier ihr Glück versuchen, da das karge Umland wenig Anreize bot. Nicht alle schrägen Vögel brachten aber diesen gewissen Teamgeist mit. Sie ließen sich weder erfolgreich domestizieren noch dienten sie irgendeinem anderen sinnvollen Zweck. Also versuchte man, sie wieder in die Wildnis zu verscheuchen. So ging das immer hin und her. Die wenigen bewohnbaren Lebensräume wurden leider zum Schauplatz menschlicher Niedertracht. Letztlich gewannen immer die Stärkeren. Das war ein ungeschriebenes Gesetz im Universum. Erek hasste dieses Gesetz und wünschte sich ein Universum herbei, das anders beschaffen war.
    Nachdem er den Park verlassen hatte, befand er sich schon bald vor dem Gebäude des Zentralamtes von Katara. Das Gesundheitsversorgungsamt war im fünften Stock untergebracht, wohingegen sich die Krankheitsbehörde im Erdgeschoss befand. Erek erfreute sich aber bester Gesundheit und erklomm die Treppen, bis er ganz oben war. Er öffnete die Glaspflanzenfasertür und lief auf den Empfangstisch zu, hinter dem eine Dame saß, die ihn höflich begrüßte.
    „Guten Tag. Sie wollten mich sprechen?“, sagte er und zog seinen zerfledderten Personalausweis hervor.
    „Wenn Sie vor der Tür am Ende des Flurs kurz warten könnten? Ich werde dem Amtsleiter Bescheid sagen, dass Sie endlich da sind“, meinte die Empfangsdame.
    Erek lief gemächlich nach hinten. Als er vor der richtigen Tür angekommen war, öffnete sie sich schlagartig, ohne dass er warten musste, wie ihm angedroht worden war. Der Amtsleiter der Gesundheitsversorgungsbehörde, ein gewisser Heronimus Heiler, reichte ihm zum Gruß die Hand und zog ihn gleichzeitig in sein Büro hinein. Der Mann hatte kaum Haare und schien langweiliger als jede Zeitansage zu sein.
    „Sie wollten mich sprechen?“, fragte Erek.
    „Ja. Aber bitte, setzen Sie sich doch, dann können wir über alles reden!“, sagte Heiler und deutete auf seine mit Zwergfell bezogenen Korbstühle hin.
    „Ich hoffe, es ist nichts Ernstes?“, fragte Erek und nahm Platz.
    „Keine Angst! Sie sind nicht krank, sonst hätten wir Sie nicht hierher gebeten.“
    „Ich bin also gesund?“
    „Ja. Die Vitalität Ihrer Spermien ist hervorragend“, sprach Heiler.
    „Na und?“
    „Sie sind ein Glückspilz. Ihnen ist es vielleicht vorherbestimmt, Hunderten von Kindern das Leben zu schenken. Keine Angst, Herr Misrati! Das müssen Sie natürlich nicht selbst machen. Wir haben unsere In-vitro-Fertilisationsanlagen bestimmt nicht zum Spaß herumstehen“, klärte Heiler ihn auf.
    „Ach ja? Von Kindersegen war bisher aber noch nicht viel zu spüren, und was die Sache mit dieser Zwangs-in-vitro-Fertilisation angeht, dabei habe ich doch auch noch ein Wörtchen mitzureden, oder bekämen sie die uneingeschränkten Nutzungsrechte an meinem Ejakulat?“
    „Naja, was heißt Kindersegen? Mit wie vielen Frauen haben Sie ernsthafte Versuche unternommen, eine Nachkommenschaft zu erzeugen? Nach der Aktenlage zu urteilen, scheinen es nicht viele gewesen zu sein“, erwiderte Heiler.
    „Schön zu wissen, dass Sie in meiner Privatsphäre herumschnüffeln. Aber eigentlich wissen Sie A überhaupt nichts über mich, und B haben Sie nicht auf meine Frage geantwortet“, entgegnete Erek und schaute gelangweilt aus dem Fenster.
    „Das stimmt so nicht. Wir wissen einiges über Sie, zum Beispiel, dass Sie ein Historiker mit dem Schwerpunkt Eurologismus sind, als Journalist für mehrere Fachzeitschriften tätig waren, aus psychologischen Gründen befrührentet wurden und nun als freier Mitarbeiter für die katarische Staatsbibliothek arbeiten. Ja, und wir wissen auch, dass Sie einen persönlichen Verlust zu beklagen haben und deswegen ziemlich depressiv geworden sind. ... ohne Ihnen nahetreten zu wollen, Herr Misrati!“
    „Sie sind mir aber schon viel zu nahegetreten, dadurch dass Sie mich mit der Tatsache konfrontiert haben, dass ich hier erscheinen muss. Meine Zeit als Frührentner ist leider knapp bemessen, weil ich an mehreren Projekten arbeite, auch wenn es bei Ihnen nicht den Anschein erwecken mag. Doch am meisten erstaunt mich, was Sie alles über mich zu wissen glauben“, entgegnete Erek.
    „Mich erstaunt wiederum, dass es Sie erstaunt, dass wir alles über Sie wissen. Das weiß doch jedes Kind, dass wir alles wissen. Mich erstaunt aber noch viel mehr, dass Sie als depressiver Frührentner vielseitig beschäftigt sind. Aber egal. Ich kann Sie beruhigen. Die Rechte an Ihrer DNA
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