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005 - Der Griff aus dem Nichts

005 - Der Griff aus dem Nichts

Titel: 005 - Der Griff aus dem Nichts
Autoren: Dämonenkiller
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Der schwarze Lincoln glitt fast lautlos den North Canyon Drive entlang, dann bog er in den North Crescent Drive ein und fuhr die Auffahrt der Nummer 725 hinauf. Der farbige Chauffeur in der silbernen Livree bremste den Wagen auf dem kiesbestreuten Rundweg vor dem im spanischen Kolonialstil erbauten Gebäude sanft ab, stieg aus und öffnete die hintere Tür. Er wartete geduldig. Zunächst passierte überhaupt nichts, dann drang aus dem Fond ein verhaltener Laut, als ob jemand einen Schluckauf unterdrücken wolle. Erst nach einer ganzen Weile wurde ein Paar recht ansehnlicher Beine sichtbar, die in roten Schuhen mit dicker Sohle und hohem, breitem Absatz steckten. Den Beinen folgte eine schlanke, gepflegte Hand, die aus einem giftgrünen Mantelärmel herausschaute und sich dem Chauffeur entgegenstreckte.
    »Hilf mir – hicks – Jack!« sagte eine rauchige Frauenstimme.
    Der Chauffeur, der gewohnt war, seiner Herrin zu solch später Stunde unter die Arme zu greifen, kam der Aufforderung wortlos nach. Mit seiner Hilfe stieg Dorothy Malone, Filmdiva von gestern und Charakterdarstellerin von morgen, aus dem Wagen.
    »War das eine Party!« sagte sie schwärmerisch, entwand sich dem Chauffeur und machte einige ungeschickte Tanzschritte über den Kiesweg. Dabei wirbelte sie ihre Marabustola wie ein Lasso über dem Kopf und lachte glucksend.
    »Das war eine Party, Jack!« wiederholte sie. »Hedda hatte wirklich alles eingeladen, was Rang und Namen hatte. Davon wird man noch Monate reden. Und man wird vor allem von mir reden. Ich habe ihnen allen die Show gestohlen. Jetzt kann einfach niemand mehr ignorieren, daß ich wieder ganz oben bin.«
    »Dort standen Sie doch immer, Dorothy«, sagte der Chauffeur pflichtgemäß. Er stand schon seit fünfzehn Jahren in ihren Diensten, seit damals, als sie in Beverly Hills erstmals groß ins Gespräch gekommen war und sich ihren ersten Rolls Royce angeschafft hatte. Jack hatte ihren Aufstieg und ihren Niedergang miterlebt. Zwischen ihnen bestand eine gewisse Vertrautheit, die es ihm erlaubte, sie mit dem Vornamen anzureden, wenn sie unter sich waren.
    »Machen wir uns nichts vor, Jack«, sagte Dorothy und wurde mit einem Mal ernst. »Um mich ist es in der letzten Zeit ziemlich still gewesen. Ich konnte es nicht verkraften, daß mich keiner mehr für die blonden Rollen engagieren wollte, die Produzenten sich mit dem Gedanken nicht anfreunden konnten, meine schauspielerischen Fähigkeiten einzusetzen. Aber das ist jetzt alles anders. Ich habe die Rolle in Clarissa bekommen.«
    »Das freut mich für Sie, Dorothy«, sagte Jack, und es klang ehrlich.
    »Jetzt wird alles – alles! – anders«, wiederholte Dorothy. »Erinnere mich morgen daran, daß ich sofort eine Annonce aufgebe! Ich brauche mehr Personal. Wenn der Wirbel um mich erst richtig losgeht, wirst du den Aufgaben nicht mehr gewachsen sein. Und dann …«, sie trat wütend gegen den Vorderreifen des Lincolns, »… lasse ich dieses häßliche Vehikel verschrotten. Ich kann diese schwarze Karre nicht mehr sehen. Du bekommst einen Cadillac, Jack. Einen knallgelben Cadillac. Der kontrastiert gut mit deiner Hautfarbe. Und dann schaffen wir einen regenbogenfarbenen Rolls Royce an. Und dann …« Sie seufzte. »Mein Gott, bin ich müde.« Sie ließ die Stola fallen, und Jack fing das Kleidungsstück gerade noch rechtzeitig auf, bevor es auf dem feuchten Fußweg landete.
    Mit unsicheren Schritten ging sie auf das Haus zu. Es war ein anstrengender Tag gewesen. Am Vormittag die Verhandlungen mit dem Produzenten, diesem Jeff Parker, dann die Besprechung mit Arnie, ihrem Agenten, der die einzelnen Punkte des Vertrages mit ihr durchgegangen war, und schließlich die überraschende Einladung zu Hedda Bishops Party. Hedda mußte blitzschnell geschaltet haben, als sie davon erfuhr, daß Dorothy die Rolle in dem Film bekommen hatte. Jetzt würden sich wieder alle um sie reißen, sie gehörte auf einmal wieder zur absoluten Spitze des Filmgeschäfts. Was ein einziger Film alles ausmachen konnte!
    Ihre Schritte hallten gespenstisch durch das wie ausgestorben daliegende Haus, und sie fröstelte, als sie die geschwungene Freitreppe ins Obergeschoß hinaufstieg. Es war tatsächlich ein totes Haus, aber das würde sich nun schlagartig ändern. In einigen Tagen würde North Crescent Drive 725 wieder voller Leben sein. Die alten Zeiten ließen sich nicht mehr zurückholen, das war klar. Dorothy Malone war keine Sexbombe mehr, aber sie würde all denen,
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