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Der dicke Löwe kommt zuletzt

Der dicke Löwe kommt zuletzt

Titel: Der dicke Löwe kommt zuletzt
Autoren: Max Kruse
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die Sonne eine Handbreit über dem Horizont. Noch einmal stieg Ka hoch in den blauen Himmel hinauf, bis er die Jacht klitzeklein tief unter sich liegen sah. Er zog über ihr einen weiten Bogen; er hörte den Motor leise tuckern; er sah, daß die Bugwellen wie ein riesiges V auseinanderliefen — und er wußte, daß der Sultan die Insel ansteuerte.
    Da verbarg er sich in der Nähe des Zeltes unter den breiten Blättern einer Bananenstaude.

Löwenkinder sind sooo süß!

    Es war der gleiche Morgen, an dem Löwe schon früh durch die Stadt streifte, durch die verschlungenen und labyrinthischen Gassen des Basars. Die ersten Händler entfernten gerade die blaugestrichenen Holzläden vor ihren Geschäften, die manchmal kaum größer waren als mannshohe Kisten. Aber sie boten in ihnen doch die wunderbarsten Waren und Handarbeiten an. Überall regte sich das Leben — aber da Löwe weder etwas Verdächtiges bemerkte, noch von Einbrüchen oder Diebstählen erfuhr, eilte er in den Palast zurück.
    Kim und Pips standen gerade auf. »Ach, Löwe«, Pips flocht ihre blonden Zöpfe, »wie schön, daß du nicht auch verschwunden bist! Als ich dich heute morgen nicht neben meinem Bett liegen sah, dachte ich schon, du hättest uns auch verlassen!«
    »Ach wo«, brummte Löwe. »Ich mußte nur mal schnell nach dem Rechten sehen. Ich war am Hafen, auf dem Markt und im Basar.«
    »Und warum hast du mich nicht mitgenommen?« brummte Wu. »Wie kannst du dich überhaupt so leise hinausschleichen, daß ich nichts davon höre!«
    »Nun«, antwortete Löwe. »Wenn ich unter einem Federbett schliefe — ich sagte unter! — , dann würde ich vermutlich auch nichts hören.«
    »Na ja«, entschuldigte sich Wu, »auch ein kleiner Hund hat den Wunsch nach ein wenig Behaglichkeit!«
    »Ich glaube aber doch, du übertreibst ein wenig, Wu. Und gesund ist es bestimmt auch nicht«, bemerkte Kim. »Aber Löwe, hast du etwas von Ka gehört oder gesehen?«
    »Nicht die kleinste Feder. Wenn er bis heute abend noch nicht wieder auftaucht, muß ich den Ausrufer durch die Stadt schicken: >Bunter, frecher Kakadu entflogen. Finder erhält hohe Belohnung!< Hoffentlich sitzt er nicht wieder in einem Käfig, in den er nicht hineingehört. Wirklich, es ist schwer, die Verantwortung für alle zu tragen! Alles hängt von mir ab. — Habt ihr schon gefrühstückt?«
    »Was gibt es denn? Hammelknochen?« fragte Wu.
    »Haferbrei!« brummte Löwe. »Und während ihr eßt, könnt ihr mir ein wenig von der kleinen Stadt Neulöwenburg erzählen, schließlich trägt sie ja meinen Namen...«
    Es gab ein köstliches Frühstück. Mit dem Haferbrei hatte Löwe Wu nur necken wollen. Und während der kleine Hund unter dem Tisch an seinem Knochen nagte, während Kim und Pips das süße Backwerk aßen, für das die Bäcker in Sultanien weltberühmt sind, dazu Datteln, Feigen und Orangen, plauderten sie von zu Hause. Sie erzählten von Dok, dem Tierarzt, von Totokatapi und seinem Kaufhaus mit den vielen Luftballons; sie erzählten immer wieder von Ra, der gerade Rabenvater geworden war — aber ein zärtlicher Vater, der seine Kinder fütterte und ihnen abends lustige Geschichten erzählte. Sie berichteten von Frau Wißtihrschon, die noch immer auf ihre Ohne-Punkt-und-Komma-Weise pausenlos daherredete — und sie erzählten auch von Krodi, dem Krokodil, das endlich im Zoo von Neulöwenburg eine Frau gefunden hatte. »Und denk dir nur, Löwe«, rief Pips, »gerade als wir ab fuhren, hat es uns erzählt, daß es nun auch bald Krokodilvater werden wird!«
    »Ach, wie rührend!« knurrte Wu. »Ich weine gleich Krokodilstränen.«
    »Komisch«, brummte Löwe. »Alle heiraten und kriegen Kinder! Auch ich habe in letzter Zeit manchmal daran gedacht, eine Familie zu gründen!«
    »Ach — Löwenkinder sind sooo süß!« rief Pips.
    »Hundekinder vielleicht nicht?« fragte Wu.
    »Aber«, überlegte Löwe, »wo sollte ich wohl eine Frau finden, ich habe ja hier viel zuviel zu tun...«
    »Vielleicht gibst du mal ein Inserat auf: Vielbeschäftigter Löwe, in hoher Staatsstellung, mit gesichertem Einkommen, sehr reiselustig, sucht geeignete Lebensgefährtin auf diesem nicht mehr ganz ungewöhnlichen Weg!« schlug Wu vor.
    »Dich zwicke ich noch mal in den Schwanz!« raunzte Löwe. »Meine Frau suche ich mir schon selber. Überhaupt ist das heute wohl nicht das richtige Gesprächsthema, wir haben wahrhaftig andere Sorgen!« Er ärgerte sich, weil er seine geheimsten Wünsche offenbart hatte,
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