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Der dicke Löwe kommt zuletzt

Der dicke Löwe kommt zuletzt

Titel: Der dicke Löwe kommt zuletzt
Autoren: Max Kruse
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schon zuwinken. Und während der Dampfer beidrehte und an der Mole vertäut wurde, riefen, kläfften, brüllten, wieherten und krähten sie einander ein herzliches Willkommen zu: »Ach Löwe... Ach Pips... O Wu... Ka... Hallo, Sultan... Seid gegrüßt... Altes weises Kamel...«
    Und noch viele freundliche Worte, die aber alle bald übertönt wurden vom donnernden Dröhnen der Kesselpauken, vom Geschmettern der Trompeten und von den Hochrufen der Sultanier.
    Die Kapelle spielte den Sultanischen Krummsäbel-Präsentiermarsch, der nur bei den feierlichsten Gelegenheiten geblasen wird und der vor allem wunderbar laut ist.
    Als das Fallreep herabgelassen wurde, mußten Kim, Pips und Wu noch einige Sekunden warten, die ihnen ewig erschienen. Ein rosa Läufer wurde ausgerollt. Gerne hätten sie auf alle zeitraubenden Feierlichkeiten verzichtet! Aber das große Tamtam des Empfanges war eine Idee des Kamels gewesen. Es liebte nun einmal Pracht und Würde.
    Endlich durften sie hinabstürmen — unmöglich zu erkennen, wer zuerst unten war, Kim, Pips oder Wu. Unmöglich auch, das Durcheinander der Begrüßung zu beschreiben, wie sie der Sultan umarmte, wie Pips die Löwenmähne zauste, Kim das Kamel auf den Hals klopfte, Wu kläffend an rotseidenen Pluderhosen und an staksigen Kamelbeinen emporsprang, bis er völlig außer Atem war.
    Da krakeelte es aus dem Turban:

    »Zu guter Letzt schreit laut hurra
    der höchst vergnügte Vogel Ka!«

    »Na«, bellte Wu, »was habe ich gesagt? Auf meine Nase kann ich mich verlassen!«
    »Und nun in den Palast!« rief der Sultan. »Die Schokoladentorte schmilzt sonst in der Sonne!«
    »Hoffentlich gibt es für mich einen dieser unübertrefflichen sultanischen Hammelknochen!« meinte Wu. »Seit Monaten träume ich davon!«
    Der Jubel der Sultanier und die Klänge der Musikkapelle begleiteten sie in den Palast. Sie betraten ihn durch das weitgeöffnete Löwenportal.

Ein geheimnisvoller Fremder

    So begann eine Reihe schöner Tage, wie kostbare Perlen zu einer Kette aneinandergereiht. Löwe trottete mit Kim und Pips durch den von Waren überquellenden Basar; Wu schnupperte tausend verwirrende und fremdartige Gerüche; das Kamel hielt Reden voller Weisheit; der Sultan ließ die Zügel der Regierung nachlässig schleifen und plauderte mit den Kindern. Er erzählte von den Abenteuern, die Löwe, das Kamel und er inzwischen bestanden hatten. Und Ka schwirrte im Palastgarten von Ast zu Ast und trug zwischen den Blüten Proben seiner Dichtkunst vor:

    »Ich grüße Kim und Pips und Wu,
    voll Freude — euer Kakadu!«

    »Sehr schön, daß ich auch mal in einem Gedicht vorkomme«, meinte Wu. »Wie gut, daß ich mich auf Kakadu reime!«
    »Ja, wie Löwe auf Möwe«, rief Ka.
    Sie waren sehr vergnügt. Bis eines Tages... Gerade saßen sie gemütlich im Teesalon des Palastes zusammen. Der Sultan ruhte mit seinen rotsamtenen goldbestickten Pantoffeln auf der Ottomane. Er saugte genußvoll an der Wasserpfeife. Ihr Mundstück hing zwischen seinen Lippen. Das Kamel trug die blausamtenen silberbestickten Pantoffeln und tadelte ihn: »Schrecklich, o Sultan, daß du das Rauchen nicht lassen kannst. Es ist so ungesund!«
    »Das verstehst du nicht!«
    »Du irrst dich — wie übrigens meistens, wenn es mich betrifft«, antwortete das Kamel, »ich verstehe es nur allzugut. Und wenn du schon rauchen mußt, gib mir wenigstens das andere Mundstück, damit ich jetzt den Genuß und später die Krankheit mit dir teile!«
    Der Sultan lachte.
    Da klopfte es von außen an die Tür. Der Haushofmeister öffnete, verneigte sich und meldete: »Ein Gast, Erhabener Sultan!«
    »Ein Gast? Wer ist es? Herein mit ihm!«
    Der Haushofmeister näherte sich. Seine Pantoffeln schlurften leise. Er murmelte: »Verzeiht, ich weiß nicht, wer es ist! Es scheint ein edler Mann zu sein, er ritt auf einem weißen Kamel. Aber sein Gesicht ist verhüllt. >Sage dem Sultan, den ich verehre<, befahl er, >sage dem Sultan, ein Freund, der unerkannt bleiben muß, bittet, von ihm gehört zu werden, denn er braucht dringend seine Hilfe.<«
    »So laß ihn herein!« rief der Sultan noch einmal, während das Kamel besorgt die Stirn runzelte und seine feuchten Augen voll böser Ahnung auf die Tür richtete.
    »Der Fremde bittet, ihr möget ihn allein empfangen!«
    Der Sultan erhob sich seufzend. »Ich habe zwar keine Geheimnisse vor meinen besten Freunden, aber es geziemt sich, die Bitte eines hilfesuchenden Fremden zu erfüllen.«
    »Das gefällt mir
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