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Der dicke Löwe kommt zuletzt

Der dicke Löwe kommt zuletzt

Titel: Der dicke Löwe kommt zuletzt
Autoren: Max Kruse
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werden.«
    »Vielleicht nach dieser Reise!« brummte der Sultan. Er war mit seinen Gedanken ganz woanders.
    »Nach dieser Reise kommt die nächste Reise!« Das Kamel seufzte. »Nun, dann will ich dir nicht verschweigen, was ich noch denke, obwohl es mich auch ein wenig betrüben würde, wäre ich doch dann nicht mehr allein deinem Herzen am nächsten! Jedoch — du solltest endlich heiraten, dann würdest du wohl aufhören, wie ein fahrender Ritter durch die Welt zu ziehen!«
    Der Sultan schwieg. Aber er lächelte, für das Kamel unsichtbar.
    »He, warum antwortest du nicht?« rief das Kamel.
    Der Sultan aber schwieg unerschütterlich. Das Kamel schnaufte empört: »Wenn du mich schon auf diese gräßlich schlingernde Seereise mitschleppst und mich den Gefahren des Ozeans preisgibst, so solltest du mir wenigstens verraten, wegen welcher geheimnisvollen Aufgabe wir durch die Nacht fahren! Wo werden wir morgen sein? Was erwartet uns?«
    »Vielleicht alles, was du dir wünschst; Träume und eine Frau. Aber niemand weiß es sicher!«
    »Oh — «, das Kamel hob ruckartig den Kopf. »Das klingt ja verheißungsvoll!«
    Und Ka unter der Taurolle, den gerade ein heftiger Wellenstoß aufgeschreckt hatte, dachte: Na, wenn das nicht spannend wird!
    Später schliefen Ka und das Kamel, während der Sultan Kurs auf das Sternbild des Großen Bären hielt.

Ein Zelt und eine Festung

    Freilich hatte er ein schlechtes Gewissen. Denn es ist ja nicht anständig, hinter Freunden herzuspionieren. Aber er machte sich Sorgen um den Sultan. Und er hatte Grund dazu.
    Rasch blieb die kleine Jacht unter ihm zurück. Sie lag wie festgelötet auf der spiegelblanken See. Von oben wirkte sie kaum größer als eine Nußschale.

    Er erreichte die Glückliche Insel in wenigen Minuten. Hoch stieg er in die morgenkühle Luft hinauf. So hatte er einen weiten Rundblick.
    Zunächst sah er nicht viel: keine Stadt, kein Dorf, keine Häuser — nur in der Mitte der Insel einen mächtigen Vulkan. Aus einem winzigen Spalt im Krater unter dem Gipfel, der einer riesengroßen Suppenschüssel glich, stieg eine dünne weiße Rauchfahne empor. Das Kraterinnere war mit roter Asche bedeckt, es hätte Raum für mehrere Häuser geboten. Aber wer wollte da schon bauen? Nur Stille, Einsamkeit und Ode herrschten hier!
    Am Fuß des Vulkans jedoch war die Landschaft lieblich. Hier blühten Blumen in einer Fülle, wie Ka sie selten vereinigt gesehen hatte. Sie dufteten betäubend. Bananenstauden wucherten satt und dicht. Und immer wieder breiteten bizarre Drachenbäume ihre Schirmdächer über Orangen- und Zitronenbäumchen. Ja — es war eine glückliche Insel!
    Menschen sah Ka nicht. Nur zwei voneinander sehr verschiedene Gebäude entdeckte er, als er langsam tiefer kreiste. Das eine war ein weit aufgespanntes Zelt, dem Zelt eines Wüstenfürsten ähnlich. Es stand auf einer Anhöhe über der Bucht. Mit seiner Rückwand war es so gegen den Hang gelehnt, daß es wie ein Vorbau oder ein Eingang zum Bergesinneren wirkte. Wahrscheinlich war es auf diese Weise am besten vor dem Wind geschützt. Die Bucht war wohl der Hafen. Dort lag ein Ruderboot am Strand. Es wirkte wenig vertrauenerweckend. Sein Holz war morsch, die Farbe abgeblättert.
    Das Zelt stand unbewegt unter der Morgensonne. Nur die Atemzüge eines schlafenden Menschen hörte Ka. Ein Mensch — nur einer! — , konnte denn der dem Sultan gefährlich werden?
    Ka verließ das Zelt mit den verschieden abfallenden Dachflächen. Das andere Gebäude stimmte ihn bedenklicher. Weit von der Bucht entfernt, auf einem steilen Felsenvorsprung über dem Meer, standen die Reste einer alten Festung. Er sah halbzerfallene Mauern aus grauen, windzerfressenen Steinen, meterdicke Wälle, einen eingestürzten Turm, aber auch winzige Fensteröffnungen. Einige waren mit rostigen Gittern versehen. Hatten hier vielleicht einmal Piraten ihr Nest, ihren Zufluchtsort gehabt?
    Ka krallte sich auf den Gitterstäben eines Fensters fest. Innen war es düster. Ein Modergeruch wehte ihn an. Und als sich seine Augen an die Finsternis gewöhnt hatten, erschauerte er: An der Wand lehnte in sitzender Stellung ein bleiches Menschenskelett. Die Armknochen des unglücklichen Wesens, das hier elend zugrunde gegangen war, hingen in Ketten an der Wand. Und der Schädel lag in einer Ecke und starrte Ka aus dunklen Augenhöhlen entgegen.

    Ka schüttelte sich — er stob davon.
    Das also war die Glückliche Insel? Was wollte der Sultan hier wohl?
    Schon stand
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