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Der dicke Löwe kommt zuletzt

Der dicke Löwe kommt zuletzt

Titel: Der dicke Löwe kommt zuletzt
Autoren: Max Kruse
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Augen, Miriam schaute dem Sultan in die Augen, der Emir blickte seine Tochter und seinen Schwiegersohn an — die Gäste schauten auf das Brautpaar oder die Tänzer, oder sie unterhielten sich miteinander. Auch konnte man von dem kleinen Lustschloß zwar weit aufs Meer hinaussehen, die Bucht selbst aber lag verborgen hinter einer mit Bananen und Orangen bewachsenen Anhöhe — kurz und gut: Als Löwe und Löwine mit den Kindern Löwappel, Löwoppel und Löwuppel durch das breitgeöffnete Tor in den Hof trabten, begleitet von Schipp, dem bernsteingelben Kater, der winziger wirkte als eines der Löwenbabys, begleitet von einer Ziege, um deren Hörner rote, flatternde Bänder geflochten waren — da dachten die Gäste zunächst, es käme nun eine neue und besondere Dressurnummer. Der Schwertschlucker zog den Degen aus dem Hals, trat einen Schritt zurück und verbeugte sich. Onkel Guckaus und Vater Schluckauf in ihren Sonntagsanzügen sahen fast aus wie Clowns...
    Der Trommler legte die Schlegel beiseite, der Fanfarenbläser setzte die Trompete ab, es trat eine auffallende Stille ein. Irgend jemand sagte: »Wie niedlich!« Und dann schaute das Kamel zum Portal und wieherte: »Der dicke Löwe kommt zuletzt! Habe ich es nicht gesagt? Ach, aber er ist ja nicht alleine, was für eine Überraschung!«
    Was es sonst noch brummte, ging im allgemeinen Trubel unter. Pips vergaß, daß sie ein Seidenkleid anhatte — sie umarmte Löwe und kugelte sich gleich mit Löwap-pel, Löwoppel und Löwuppel auf dem Boden herum. Zie meckerte: »Mähähähä — paß doch auf, die Kinder sind frisch gekämmt!«
    Schipp zwinkerte Wu zu und sagte: »Gut, daß du da bist! Es ist auf die Dauer doch bedrückend, als einziger so winzig neben den anderen zu wirken!«
    Worauf Wu knurrte: »So klein wie du bin ich aber auch nicht!«
    Vor allem aber hockten sich der Sultan und Miriam ungeachtet ihrer kostbaren Hochzeitsgewänder nieder und begrüßten Löwe, seine Frau und seine drei Kinder. Dem Sultan rannen dicke Freudentränen über die Wangen.
    »Weint er nun vor Glück, weil er heiratet oder weil er Löwe wiedersieht?« fragte Ka das Kamel.
    Und das Kamel antwortete: »Wer soll das wissen? Ich vermute, es ist einfach zuviel für ihn an einem Tag!«
    Ka saß hoch oben in der Sichel des goldenen Halbmondes, auf dem Dach des kleinen Pavillons. Er krähte:

    »Der Löwe war los — der Löwe ist da,
    jetzt feiern wir Hochzeit, da freut sich der Ka!«

    Ja, und dann feierten sie wirklich endlich Hochzeit. Die Glückwünsche und Geschenke nahmen kein Ende.
    Totokatapi spielte eine schöne, rührende Melodie auf seinem Cello, »Die Huldigung der Freunde« betitelt. Er hatte sie selbst komponiert. Später wurde ein Schlager daraus, der um die ganze Welt ging.
    Das Fest dauerte drei Tage, wie es üblich ist.
    Und in diesen drei Tagen wurde viel gegessen, getanzt, gesungen, sich gegenseitig Glück gewünscht und alles miteinander besprochen, was noch zu reden war.
    Ganz heimlich steckte Pips Löwe ein frischgewaschenes, nach Lavendelseife duftendes Taschentuch unter die Mähne — als Talisman.
    Am Abend des letzten Tages versenkte der Sultan feierlich bei Fackelschein seine geliebte Wasserpfeife im Meer und schwor, nie im Leben mehr zu rauchen. Und alle auf der Insel leisteten den gleichen Eid. Nur Vater Schluckauf — hol’s der Deubel, huck! — und Onkel Guckaus kratzten sich ein wenig verlegen an den Hinterköpfen.

Abschied

    Wir aber — du und ich — , die wir ihren Wegen so lange gefolgt sind und uns nun auch unter die Hochzeitsgäste mischten, besteigen jetzt ganz heimlich in unserer Phantasie den fliegenden Teppich, der unten in der Bucht liegt. Wir schweben geräuschlos mit ihm empor. Niemand bemerkt, daß wir uns entfernen. Sie feiern und feiern...
    Zu uns schallt die Musik herauf. Wir hören Löwes dunkle Stimme und das Kamel brummen — wir sehen das ganze bunte, vergnügte Gewimmel von Menschen und Tieren: ein Paradies.
    Es wird immer kleiner, je höher wir steigen, die Stimmen und die Musik werden leiser.
    Kleiner und kleiner wird das Eiland unter uns, inmitten des unendlichen blauen Meeres.
    Und wir winken hinab und rufen. Lebt alle wohl — auf der Glücklichen Insel!

Von Max Kruse
    sind bei Thienemann bereits erschienen:
    Der Löwe ist los
    Kommt ein Löwe geflogen
    Gut gebrüllt, Löwe
    Löwe gut — alles gut
    Don Blech und der goldene Junker
    Urmel aus dem Eis
    Urmel fliegt ins All
    Urmel taucht ins Meer
    Urmel spielt im
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