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Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games

Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games

Titel: Der Bewacher - Swierczynski, D: Bewacher - Fun & Games
Autoren: Duane Swierczynski
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Ihre Beine waren schlank und muskulös. Sie zitterte am ganzen Körper.
    »Rühr mich verdammt noch mal nicht an, oder ich ramme dir das Ding bis zum Anschlag in den Arsch! Ich schwör’s!«
    Hardie starrte auf das Ding in ihrer Hand. Er konnte es nicht zuordnen. Lang, glänzend, aus Metall. Eine Art Rohr. Ungefähr sechzig Zentimeter lang, mit dem Durchmesser eines Nickels. Am einen Ende offen. Und als sein Blick hinter sie, ins Tonstudio, fiel, sah er noch mehr davon.
    Ein Mikrofonständer.
    Sie hatte ihm mit einem Mikroständer die Seele aus dem Leib geprügelt.
    Langsam, in einem ruhigen, besonnenen Tonfall, sagte Hardie:
    »Gib ihn mir.«
    »Rühr mich verdammt noch mal nicht an, hab ich gesagt! Ihr macht einen großen Fehler.«
    » Ihr? Es ist nur einer von mir hier, Schätzchen.«
    Das Gesicht der jungen Frau kam ihm irgendwie bekannt vor, als müsste er sie von irgendwoher kennen. Hatte Lowenbruck Virgil Informationen über sie zukommen lassen, vielleicht ein Foto im Anhang der E-Mail? Nein, daran hätte Hardie sich erinnert. Es sollte niemand im Haus sein.
Keine Freundin, keine Verwandten, keine Freunde  – niemand. Andernfalls hätte Hardie den Auftrag nicht angenommen. Denn darum ging es bei der ganzen Sache. Anderen Menschen aus dem Weg zu gehen.
    Hardie fand wieder festen Halt, trat einen Schritt näher. Die Frau schwang den Mikroständer durch die Luft und ging langsam ins Studio zurück.
    »Komm jetzt. Es reicht.«
    »Rühr mich verdammt noch mal nicht an!«
    »Ich werde dir nichts tun.«
    Die Frau ließ die Hände an den Seiten herabbaumeln. Und den Kopf sinken. Ihr ganzer Körper wurde schlaff, und sie fing an, komisch zu atmen. Es dauerte ein, zwei Sekunden, bis Hardie kapierte, dass sie kurz davor war, einen heftigen Heulkrampf zu kriegen. Er trat einen Schritt vor und sagte:
    »Wie wär’s, wenn wir zunächst …«
    Ohne jede Warnung holte sie aus. Zu einem kräftigen, brutalen Schlag. Aber diesmal war Hardie darauf vorbereitet. Er packte die Stange in seiner Hand und ließ sie nicht mehr los. Sie zerrte daran. Hardie hielt sie fest umklammert. Sie zog erneut. Doch er hielt sie noch fester umklammert. Nein, nein. Das Miststück würde seinen Mikroständer nicht zurückkriegen. Das Miststück würde ihn nicht noch mal mit dem Mikroständer schlagen.
    Dann tat sie etwas, womit Hardie nicht gerechnet hatte. Sie stürzte vorwärts und stieß den Ständer in seine Richtung. Darauf war seine Hand nicht vorbereitet. Der Ständer rutschte durch seine Faust und drang in seine Brust.

     
    Sowohl die Frau als auch Hardie starrten einen Moment auf die Stange herab, bevor er verwirrt einen Schritt zurücktrat.
    »Ah«, sagte er.
    »Mein Gott«, sagte sie.
    Hardie zwang sich, weiter nach unten zu schauen. Jepp. Sie hatte ihn aufgespießt. Er spürte, wie unter seinem grauen T-Shirt Blut über seine rechte Brustwarze tropfte, und an seinem Bauch hinunter über den Hosenbund seiner Jeans. Nichts davon fühlte sich real an. Er holte Luft und fragte sich, ob gleich einer seiner Lungenflügel kollabierte. Ob er womöglich jeden Moment das Bewusstsein verlor.
    Doch noch stand er. Irgendwie.
    »Mein Gott«, wiederholte die Frau und zog rasch den Mikroständer heraus.
    »Nein, nicht …«
    Zu spät. Mit einem leisen, feuchten Schmatzgeräusch glitt der Stahl aus seinem Fleisch  – wie beim Öffnen einer Auster. Ungewollt trat Hardie einen Schritt zurück, als könnte er sich so von der Verletzung befreien. Die Frau wich ebenfalls zurück und blickte abwechselnd wütend, bestürzt und verwirrt drein.
    »Ich hab’s dir gesagt … Ich hab gesagt, dass ich dir wehtue!«
    Keine Frage. Die Wunde in seiner Brust tat höllisch weh, und mit jedem Atemzug, so schien es, wurden die Schmerzen größer. Aber irgendwie stand er noch, bei vollem Bewusstsein. Vielleicht war es doch nicht so schlimm. Vielleicht war kein lebenswichtiges Organ getroffen worden  – Herz, Hauptschlagader, Lunge, Leber. Andererseits, vielleicht
hatte sie das Herz voll erwischt, mitten ins Schwarze, und in ein paar Sekunden wäre er verblutet.
    Hardie schaute durch die Toilettentür, suchte nach einem Handtuch, nach etwas, das er gegen seine Brust pressen konnte. Er trat einen Schritt vor. Worauf die Frau es mit der Panik bekam.
    »Rühr mich verdammt noch mal nicht an!«
    »Ich werde dir nichts tun. Glaub mir.«
    Die Frau versuchte, sich ganz auf Hardie zu konzentrieren. Jede Faser ihres Köpers war angespannt, aber ihre Augenlider hingen
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