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169 - Die Drachenmenschen

169 - Die Drachenmenschen

Titel: 169 - Die Drachenmenschen
Autoren: Dämonenkiller
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Von den Schaufeln der Totengräber prasselte die feinkörnige rote Erde auf den Sarg hinab. Die beiden dunkelhäutigen Männer hatten es nicht sonderlich eilig, das Grab zu schließen. Immerhin standen noch Angehörige des Toten in der Nähe. Jemand murmelte Gebete.
    Dumpfe Laute aus der Tiefe ließen die Arbeiter innehalten und lauschen. Schulterzucken begleitete die Bemerkung des einen, die seinen Kollegen zu einer betroffenen Grimasse veranlaßte, dann fuhren sie mit ihrem Tun fort. Erneut erklang dieses hohle, drängende Klopfen, als wolle jemand mit letzter Kraft auf sich aufmerksam machen.
    „Der Tote steht auf", krächzte einer der Totengräber und verschränkte die Finger der Rechten zum Zeichen gegen den bösen Blick. Sein Gesicht nahm eine aschgraue Färbung an.
    Der andere Arbeiter schlug das Kreuz. „Wie lange machst du diesen Job schon?" wollte er wissen. „Erst seit einigen Tagen."
    „Dann solltest du wissen, daß keiner von den armen Teufeln, die wir unter die Erde bringen, wieder zurückkommt."
    Andre Salvarez, der Schwager des Verstorbenen, trat an den Rand der Grube und blickte hinunter. „Was ist, warum macht ihr nicht weiter?" fuhr Andre die Totengräber an.
    „Ricardo Almerante… er lebt", kam die stockende Antwort. Wie zur Bestätigung erklang abermals das Klopfen aus der Tiefe.
    Salvarez zeigte sich nur einen Augenblick lang erschrocken. „Geben Sie mir die Schaufel, schnell!" Er riß einem der Totengräber das Werkzeug aus der Hand und schwang sich ins Grab. Daß sein dunkler Anzug schmutzig wurde, interessierte ihn nicht. Bis an die Knöchel im lockeren Erdreich versunken, kratzte er mit der Schaufel Erde und Blumen vom Sargdeckel, um dann mit fliegenden Fingern die Schrauben zu lösen. „Helft mir endlich", rief er nach oben.
    Der Totengräber sprang ebenfalls herab. Gemeinsam schafften sie es trotz der herrschenden Enge, den schweren Eichenholzdeckel abzuheben und nach oben zu wuchten.
    Andre Salvarez stieß einen erstickten Aufschrei aus. Er sah die halb geöffneten Augen seines Schwagers, deren Blick sich scheinbar in endloser Ferne verlor, sah den Schweiß auf der Haut, der dem eingefallenen Gesicht einen unwirklichen, maskenhaften Ausdruck verlieh. Innerhalb einer Stunde war Ricardo Almerante der Auszehrung anheimgefallen, war nur mehr ein Schatten seiner selbst. Andre Salvarez verstand nicht, wie ein Mensch sich so schnell verändern konnte.
    „Verstehst du mich, Ricardo?" fragte er leise.
    Die blutleeren, spröden Lippen öffneten sich ein wenig. Speichel tropfte aufs Kinn.
    „Er ist viel zu schwach", stellte Salvarez fest. „Überhaupt muß es ein Wunder sein, daß er noch am Leben ist. Der Arzt hat den Tod bescheinigt."
    „Domingo ist ein Quacksalber." Mehrere Verwandte standen am Rand des Grabes und starrten herab. Salvarez konnte nicht feststellen, welcher der Vettern den Ausspruch getan hatte.
    „Werft die Seile herab!" forderte er. „Wir müssen den Sarg hochziehen."
    Während er die Stricke an den vier Tragegriffen verknotete, stellte er fest, daß Ricardos Hände aufgeschürft und blutig waren; er mußte wirklich mit letzter Kraft gegen das Holz geklopft haben. Der Rosenkranz, der um die Hände des vermeintlich Toten gewickelt worden war, war verschwunden. Langsam glitt der Sarg in die Höhe. Die Männer oben schoben Bretter über das Grab, auf denen er Halt fand, bevor sie ihn zur Seite zogen.
    Hilfreiche Hände streckten sich dann Salvarez und dem Totengräber entgegen und halfen beiden, die Grube ebenfalls zu verlassen.
    Ricardo Almerante war zu schwach, als daß er sich selbst hätte aufrichten können. Zwei seiner Vettern stützten ihn.
    „Bringt ihn nach Hause", bestimmte jemand. „Mein Auto steht gleich neben dem Portal."
    „Sie… Sie müssen das den Behörden melden", sagte der Totengräber. „Zumindest der Pfarrer sollte erfahren… "
    Salvarez unterbrach den Mann mit einer unwilligen Bewegung. „Wir erledigen die Sache auf unsere Weise", erklärte er.

    Wie ein Meer warmer Farben und ineinanderfließender Schatten lag die dichte Wolkendecke unter dem Flugzeug. Die Sonne stand als blendend heller, orangeroter Glutball scheinbar nur Zentimeter über der linken Tragfläche. Coco Zamis, die ehemalige Hexe der Schwarzen Familie, hielt ihre Augen mit der flachen Hand beschattet. Das Schauspiel, das sich ihr bot, hatte etwas Erhebendes. Dazu kam die Stille an Bord der DC-10. Der stundenlange Flug über den Atlantik und dann quer über den
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