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Delhi Love Story

Delhi Love Story

Titel: Delhi Love Story
Autoren: Swati Kaushal
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muss.
    »Ann?«
    »Ma, du bist wirklich lustig. Wieso hast du mir nicht eher von ihm erzählt? «
    »Irgendetwas regt dich offensichtlich sehr auf«, stellt sie fest. »Aber wenn du mir nicht sagst, was es ist, kann ich dir nicht helfen.«

    »Wieso hast du mir nicht eher von ihm erzählt? « Ich muss schon wieder lachen. »Das ist so schmerzlich, so unglaublich süß, Ma. Das ist so typisch. Als hättest du keine Ahnung. Und weißt du, was das Lustigste ist? Dass du wirklich keine Ahnung hast. Kein verdammtes bisschen Ahnung. Schon seit meiner Geburt nicht.«
    »Annie!«
    »Was, Annie? Was weißt du schon von mir? Was wusstest du je von mir, abgesehen von meinem Namen? Welches Recht –«
    »Ähm. Ani?«
    Rani hält mir eine Tasse hin. »Was?«, schreie ich.
    »Dein Tee.«
    »Wieso glaubst du eigentlich, dass ich deinen verdammten Tee überhaupt trinken will?«
    Ma hebt ihre Hand hilflos in Ranis Richtung, lächelt entschuldigend. »Ich trinke ihn, Schatz.«
    Ich sehe, wie meine Hand sich hebt und Rani die Tasse aus der Hand schlägt. Die Tasse fliegt durch die Luft und zerbricht auf dem Boden. Tee spritzt, Scherben rutschen bis zum Tisch.
    »Ann!«
    »Sie hat einen Namen, Ma«, schreie ich, während Rani den Tee aufwischt. »Und ihr Name ist nicht ›Schatz‹, sondern Rani. Oder hat sich das auch geändert?«
    »Was ist nur mit dir los?«
    »Nein, was ist mit dir los, Ma? Merkst du eigentlich gar nichts? Bist du völlig blind?«
    Ihr Blick wird hart und wütend. »Rani«, sagt sie betont freundlich, »lass das, ich wische es nachher auf, Beta .«
    »Ja, du machst das nachher, Ma. Die arme Rani soll schließlich nicht darunter leiden, dass ich geistig zurückgeblieben bin, stimmt’s?«
    »Ani, es tut mir leid –«, beginnt Rani.
    »Nein, das tut es nicht! Es tut dir kein bisschen leid, du fieser kleiner Parasit. Du hast dich in meine Wohnung und mein Leben eingeschlichen, du tust, als wärst du nett und brav, aber das ist nicht wahr. Du bist nur eine verdammte –«
    »Anisha Rai!«
    »Was, Ma? Vor drei Monaten kanntest du sie kaum und jetzt nennst du sie ›Schatz‹ und mich ›Anisha Rai‹? Bist du sicher, dass sie wirklich so nett ist? Manchmal frage ich mich, ob Rajiv etwas von ihr wollte oder sie etwas von Rajiv.«
    »Das reicht !«
    Ma ist erstarrt, Rani ist erstarrt. »Du entschuldigst dich sofort!«, sagt Ma.
    Ich sehe sie an. »Ich will weg von hier«, sage ich. »Ich will hier nicht mehr wohnen.«
    »Sei nicht albern.«
    »Ich gehe nach Bhopal.«
    »Bhopal?«, wiederholt sie ungläubig. »Machst du Witze?«
    »Nein. Ich möchte bei meiner Großmutter leben.«
    In ihrem Gesicht sehe ich Schmerz. Es tut mir weh, aber ich bleibe standhaft. »Sie hat wenigstens Zeit für mich.«
    Ma starrt mich lange, schweigend an. Dann endlich spricht sie, ihre Stimme klingt müde und so weit weg wie
nie zuvor. »Geh ruhig nach Bhopal, Ann. Ich werde sogar selbst den Flug für dich buchen.«

Achtunddreißig
    In Dadis Gefängnis bröckelt der Putz von der Wand. Der Steinboden hat Sprünge. Dort, wo ihr Bett steht, ist er abgesunken. Das kleine Fenster links an der Wand ist so verdreckt, dass kaum Licht hindurchdringt. Durch die anderen Fenster könnte man die Feigenbäume sehen, aber die Sicht wird von einer riesigen alten Klimaanlage versperrt.
    Ich suche nach einem festen Stand auf dem dicken Teppich, der den Boden bedeckt. Wie die Bettdecke und die Laken über Dadis Beinen ist auch der Teppich bedeckt mit silbrigen Haaren und Essensflecken. Er sieht aus, als sei er noch nie ausgeklopft worden. Dadi sitzt, gestützt von Kissen, im Bett und löffelt die Reste ihres Mittagessens – ein dünnflüssiges Khichri . Sie trinkt Wasser aus einem Glas und dabei läuft ihr ein bisschen Wasser aus den Mundwinkeln. Ich säubere ihr sanft mit einem Tuch den Mund. Dann muss ich wegsehen, denn sie fingert in ihrem Mund herum, holt ihre dritten Zähne heraus und lässt sie in ein Glas fallen. Sie hebt ihren knochigen Oberschenkel und entlässt mit einem lauten Seufzer Luft aus ihrem Darm. »Eh, Neera«, ruft sie.
    Neera- Tai legt das Magazin beiseite, in dem sie desinteressiert geblättert hatte. Sichtbar ungeduldig geht sie zu Dadis Bett. »Was ist, Mai ?«

    »Handtasche«, sagt Dadi .
    »Wozu brauchst du deine Handtasche?«
    »Für Ani.«
    Neera- Tai schüttelt den Kopf. »Nein«, sagt sie bestimmt. Sie nimmt Dadis leeren Teller und runzelt die Stirn, als sie den Wasserfleck auf dem Bett bemerkt. Sie tupft ihn mit einem Handtuch
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