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Symphonie des Lebens

Symphonie des Lebens

Titel: Symphonie des Lebens
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Mit Pietro Bombalo war in diesen Minuten nicht mehr zu sprechen. Wer ihn anredete, wurde niedergebrüllt; um so mehr verlangte Bombalo von denen, die um ihn herumschwirrten. Er stand in der Mitte des Raumes, raufte sich die schwarzen, gelockten Haare und stieß dann die Arme anklagend nach oben.
    »Diabolo!« schrie er. »Wo ist der Sekt? Und wo sind die Schnittchen?! Und wo ist der große Rosenstrauß für die Fernsehaufnahmen? Um alles muß man sich allein kümmern, um alles!«
    Das Zimmer war voll von Fotografen, Reportern, Filmleuten, Herren im Frack und zwei Saaldienern, die in ihren goldbetreßten Uniformen würdevoll und unberührt von Bombalos Brüllen an der Tür standen und warteten, bis sie sie öffnen durften. Immer wieder wurden neue Blumenkörbe hereingetragen, Rosensträuße in großen Zellophanhüllen, Orchideenkästen … man wußte nicht mehr, wohin man alles stellen sollte, und stapelte sie einfach an der Längswand aufeinander.
    An dieser Wand lehnte auch eine mittelgroße, schlanke, blonde Frau in einem hellroten, langen, im altgriechischen Stil geschnittenen Abendkleid. Niemand beachtete sie – man lief um sie herum, stapelte die Blumenkästen und Tüten neben ihr auf, nickte ihr vielleicht freundlich zu … aber in diesen Minuten kam es niemandem in den Sinn, sie anzusprechen und ihr zu sagen, wie glücklich sie sein dürfte, einen solchen Abend zu erleben. Sie erwartete es auch gar nicht … sie kannte diese hektische Aufregung seit Jahren, sie wiederholte sich immer wieder, nur die Sprache der Anwesenden wechselte ständig, mal Französisch, mal Englisch, mal Spanisch, mal Japanisch. Früher hatte sie mit Pietro Bombalo die Blumen arrangiert und Interviews gegeben und mit einem fotogenen Lächeln gesagt: »O ja, ich bin so glücklich, mit einem Mann wie Bernd verheiratet zu sein. Es ist ein wundervolles Leben …« Sätze, die ihr Bombalo als Interview-Sprache vorgeschrieben hatte, weil sie nach seiner Ansicht ›den Leser ins Herz trafen‹. Später dann hatte sie sich abseits gestellt und geschwiegen. Es widerte sie an, mit einem Lächeln zu lügen.
    Sie blickte auf den gestikulierenden, schreienden Bombalo, zündete sich eine Zigarette an und schüttelte den Kopf. Immer dasselbe, dachte sie. Ein Irrenhaus! Eine Aufregung, als ob die Welt unterginge … und wenn dann alles vorbei war, wenn die Reporter ihre Interviews hatten, die Fotografen ihre Aufnahmen im Kasten, die Filmleute ihre Filmmeter abgekurbelt, saß Pietro Bombalo erschöpft, aber glücklich in einem Sessel, trank einen Campari und sagte stolz: »Na, Freunde … war das nicht wieder eine Inszenierung? Man muß der Welt nur zeigen, wie berühmt man ist … dann glaubt sie es auch.«
    Bombalo hob in diesem Augenblick wieder beide Arme. Das Stimmengewirr verstummte einen Moment. Er rannte zur Tür und lauschte.
    Nur noch wenige Takte, dann war das Konzert zu Ende. Die Posaunen bliesen schon, die Kesselpauken rumpelten, die Geigen erklangen im Fortissimo … in ein paar Sekunden würde der Saal wie ein sturmgepeitschtes Meer sein, wildbewegt und donnernd, eine einzige Woge, die zum Podium brandete und »Bravo! Bravo!« schrie.
    Bombalo trat von der Tür zurück. Die goldbetreßten Saaldiener nahmen Haltung an.
    »Noch zehn Sekunden, meine Herrn!« sagte Bombalo stolz.
    Die Anwesenden verharrten schweigend. Durch die Tür, von dem riesigen Konzertsaal her, dröhnten jetzt die Blechbläser und Pauken.
    »Er verzaubert das Orchester …«, sagte jemand in die Stille hinein.
    Die schlanke, blonde Frau zerdrückte die kaum angerauchte Zigarette in einem Blumentopf und strich sich dann mit beiden Händen durch die langen Haare. Die Reporter und Filmleute sahen zu ihr hinüber; es war, als bemerke man sie erst jetzt. Zwei Fotografen machten eine Blitzlichtaufnahme von ihr. Sie gab sich keine Mühe zu lächeln, sie sah geradeaus. Morgen wird darunter stehen – und Tausende werden es lesen –: Carola Donani, die schöne, strahlende Frau des berühmten Dirigenten Bernd Donani. Man sagt, allein ihr Halsschmuck sei 200.000 Mark wert. Und Frau Meyer wird beim Kaffeetrinken seufzen und denken: Wie glücklich muß diese Frau sein …
    Carola Donani wandte den Kopf weg und sah Bombalo an. Pietro Bombalo, der Impresario, der alles machte, was den Namen Bernd Donani zu einem Wertbegriff in der Welt der Musik werden ließ, der Verträge zwei Jahre im voraus abschloß, der Flugzeuge für Donani charterte, der Meldungen in die Presse gab, Donani sei
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