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Das Weihnachtsversprechen

Das Weihnachtsversprechen

Titel: Das Weihnachtsversprechen
Autoren: Donna Vanliere
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Feuer an, das sie erwärmt.
    Lucy Larcom
    A
m Montagmorgen um elf, als Chaz sich auf den Weg zur Arbeit machen musste, zitterte er so heftig, dass er ein Beruhigungsmittel nehmen musste. Er spülte es mit drei Gläsern Wasser hinunter. Das Psychopharmakon war ihm nicht verschrieben worden, aber er wusste immer, wie man daran kam. Er brauchte das starke Mittel, um den Tag zu überstehen.
    Vor Jahren hatte Chaz von einem Saufkumpanen erfahren, wie sein Körper nach einer Nacht des Feierns wieder in Gang zu bringen war. Eine oder zwei Tabletten täglich ermöglichten es ihm, weiter zu funktionieren und mit den anderen Kollegen mitzuhalten.
    Als er das Apartmenthaus verließ, stand Mallory, eine Wohnungsnachbarin, auf dem Parkplatz und winkte ihm zu. Chaz hatte sie schon mehrfach dort getroffen, und es graute ihm davor, ihr zu begegnen.
    Seine Eltern hatten immer gemeint, alle Frauen namens Mallory seien Models. Und sein Vater pflegte zu sagen: Models bemühen sich, menschlich auszusehen, um irgendwie durchzukommen. Sie interessieren sich nicht für dich, es geht immer nur um sie. Sie gehen zur Arbeit und dann wieder nach Hause, und unterwegs kaufen sie ein Haus und ein Auto und alles, was siebrauchen. Sie unterstützen nie eine Organisation oder engagieren sich für eine Sache, weil das zu mühselig ist. Sie existieren einfach, und damit genug.
    Chaz wusste, dass es seine Eltern traurig machen würde, wenn sie sehen könnten, wie leicht es für ihn war herumzuziehen, ohne irgendjemanden wirklich zu kennen oder sich um ihn zu kümmern. Er ging weiter, während Mallory über die Zahnbehandlung, die sie gerade hinter sich gebracht hatte, ihre Arbeit und ihren hohen Cholesterinspiegel schwatzte.
    Er beschleunigte seinen Schritt und winkte ihr zum Abschied zu, um das Gespräch abrupt zu beenden.
    Auf seinem Weg zur Arbeit sah er die gleiche Menschenmenge aus der Kirche am Marktplatz strömen wie an seinem ersten Arbeitstag. Er begann zu rennen, um pünktlich zu kommen, und stieß mit einem Mann zusammen, der stolperte und stürzte.
    Jemand zog ihn hoch und fragte: »Ist alles mit dir in Ordnung, Frank?«
    »Hallo, tut mir leid!«, rief der hingefallene Mann hinter Chaz her.
    Chaz beachtete ihn nicht weiter. Er hatte nur seine Fingerabdrücke im Kopf. Wenn er seinen Arbeitsplatz behielt, konnte er es schaffen, und er wollte ihn behalten, bis er genug Geld verdient hatte.
    Im Kaufhaus eilte er den Mittelgang in Richtung Treppe entlang.
    »Chaz?«
    Beim Klang von Mr. Wilsons Stimme zuckte er zusammen.
    »Könnten Sie nach draußen gehen und sich um einen Obdachlosen kümmern? Er ist harmlos, aber die Kunden mögen nicht ins Geschäft kommen, wenn ...«, Mr. Wilson wedelte mit der Hand durch die Luft, »... Sie wissen schon, was ich meine.«
    Chaz hätte am liebsten gesagt, dass sein Dienst noch nicht offiziell begonnen hatte, aber er nickte und rannte vor das Kaufhaus. Je schneller es ihm gelang, das Problem zu beseitigen, desto eher konnte er mit Judy über die Fingerabdrücke reden.
    Der Mann stand mit den Händen in den Taschen da und hatte sich eine graue Wollmütze über die Ohren gezogen. Er trug eine Jacke, die ihm zu groß war, braune Khakihosen und Arbeitsstiefel. Sein schmales Gesicht versteckte er hinter einem Bart. Chaz war überrascht, weil der Mann ungefähr so alt zu sein schien wie er selbst.
    »Hallo«, sagte Chaz und ging auf den Obdachlosen zu.
    »Was ist los?«, fragte der Mann, die Hände tief in den Taschen verborgen.
    »Warten Sie auf jemanden?«, fragte Chaz. »Nee.«
    Chaz musste wieder hinein und ärgerte sich. »Brauchen Sie etwas?«
    »Nee.«
    Zähneziehen wäre leichter gewesen, als ein Gespräch mit diesem Mann zu führen. Chaz schob sich die Hände unter die Arme, damit sie warm blieben, und blickte zum Marktplatz. Jemand war gerade dabei, drei große Tannen neben dem Pavillon zu schmücken.
    »Ich bin Chaz.«
    »Mike.« Chaz suchte nach weiteren Worten. »Warum sagen Sie mir nicht einfach, dass es den Typen da drinnen nicht gefällt, wenn ich hier stehe?«, fragte Mike.
    »Es ist wegen der Kunden, wissen Sie.«
    »Sie haben Angst, dass ich sie angreife und mich mit ihren Gucci-Tüten davonmache«, meinte Mike. Chaz zuckte mit den Schultern. »Keine Sorge, ich geh wieder. Ich versuche nur, mich in der Stadt zurechtzufinden. Ich bin erst vor ein paar Tagen hier aus dem Bus gestiegen.«
    Chaz lächelte und zog ein paar Dollarscheine aus seiner Tasche. Das war es wert, wenn er den Kerl damit vom
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