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Killashandra

Killashandra

Titel: Killashandra
Autoren: Anne McCaffrey
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01
    DIE WINTER AUF BALLYBRAN waren im allgemeinen mild, aber die Frühlingsstürme heulten jedes Jahr ufs neue mit unerwarteter Gewalt über das Land.
    Der erste Sturm dieses Frühjahrs tobte durch die Milekey Ranges und jagte auf seinem Weg nach Westen die fliehenden Schlitten der Kristallsänger wie Staubflocken vor sich her. Die saumseligen Sänger, die zu lange in ihren Claims geblieben waren, hielten ihre bockenden Schlitten nur mit Mühe auf Kurs, während sie zum schützenden Gildenhaus der Heptiter rasten.
    Im Innern des gewaltigen Hangars, dessen Schutz-bleche gegen die pfeilschnellen Winde gehoben waren, herrschte ein geordnetes Chaos. Kristallsänger sprangen von ihren Schlitten, halb betäubt vom kreischenden Wind und erschöpft vom turbulenten Flug. Die Arbeiter im Hangar, die anscheinend auch im Hinterkopf Augen hatten, wurden wie durch ein Wunder nicht verletzt, während sie sich ihrer wichtigsten Aufgabe widmeten und die einlau-fenden Schlitten vom Hangarboden hoben und in Lagerre-gale stellten, um Platz für die unberechenbaren Landun-gen der ständig hereinkommenden Fahrzeuge zu schaffen.
    Die Warnsirene durchdrang sogar das Geheul des Sturms, als zwei Schlitten zusammenstießen; einer kippte über die Leitbleche und landete mit der Nase voraus auf dem Plast-beton, während der zweite wie ein flacher Stein auf einer Wasserfläche unkontrolliert davonhüpfte, bis er mit einem Knall an der gegenüberliegenden Wand stehenblieb.
    Sofort kam ein Traktor, legte Klammern um den umge-kippten Schlitten und zog ihn knapp vor dem nächsten Schlitten, der nur Sekunden später über die Leitbleche hereinkam, von der Landezone.
    Dieser Schlitten wiederholte beinahe die Bruchlan-dung seines Vorgängers, doch er wurde im letzten Augenblick hochgerissen und schlitterte über den Hangarboden. Wenige Zentimeter vor den Ladearbeitern, die Kartons mit wertvollen Kristallen zur Sortierabteilung brachten, kam er zum Stehen. Da nichts passiert war, vergaßen sogar die Helfer, die nur knapp einer Verletzung entgangen waren, den Zwischenfall sofort wieder.
    Killashandra Ree sprang vom Schlitten und nahm die Tatsache, daß ihr Schlitten so kurz vor dem Sortierschuppen zum Stehen gekommen war, als gutes Omen.
    Sie faßte den nächsten Ladearbeiter, der vorbeikam, am Arm und bugsierte ihn energisch zu ihrer Frachtluke, die sie ihm aufzog. Sie hatte nicht viele Kristalle, und deshalb war jedes Bröckchen, das sie geschnitten hatte, doppelt wertvoll. Wenn sie auch diesmal nicht genügend Kredite verdient hatte, um den Planeten zu verlassen ... Killashandra knirschte mit den Zähnen, während sie ihrem Rekru-ten in den Sortierschuppen folgte.
    Als der Mann, den sie in ihren Dienst gepreßt hatte, den Karton ans Ende einer ordentlich aufgereihten War-teschlange ähnlicher Behälter stellte, wie es sich gehörte, war es um Killashandras Geduld geschehen. »Nein, stell ihn hierhin!« rief sie. »Nicht da! Das dauert ja den ganzen Tag, bis alles sortiert ist. Hier.«
    Sie wartete, bis er ihren Karton in die Reihe gestellt hatte, die sie ihm zeigte, bevor sie einen zweiten dazu-stellte. Dann ging sie zum Schlitten zurück, um eine zweite Ladung zu holen, und stellte zwei weitere unter-beschäftigte Arbeiter in ihren Dienst. Erst als alle acht Kartons ausgeladen waren, gestattete sie sich eine Ver-schnaufpause. Die Müdigkeit setzte ihr zu. Sie hatte zwei Tage lang ohne Pause gearbeitet und verzweifelt versucht, genug Kristalle zu schneiden, um Ballybran verlassen zu können. Der Kristall pulsierte in ihrem Blut und in ihren Knochen, raubte ihr nachts den Schlaf und tags die Ruhe, sosehr sie auch versuchte, ihren Körper zu ermüden. Ihre einzige Erlösung war es, im Regenerationsbad unterzutauchen. Aber in der Badewanne konnte man keine Kristalle schneiden! Sie mußte den Planeten verlassen, um das lästige Pochen zum Schweigen zu bringen.
    Mehr als anderthalb Jahre lang, seit die Frühlingsstürme Keborgens alten Claim zerstört hatten, hatte sie unablässig nach einer vielversprechenden Stelle gesucht. Killashandra war Realistin genug, um sich einzu-gestehen, daß die Wahrscheinlichkeit, einen so ergiebigen und wertvollen Claim wie Keborgens schwarze Kristallader zu finden, sehr niedrig war. Dennoch konnte sie erwarten, in den Gebirgen Ballybrans einige brauchbare und halbwegs gewinnbringende Kristalle zu finden. Aber mit jeder fruchtlosen Fahrt in die Berge schmolz das Kreditkonto, das von ihrem Anteil an Keborgens Claim und der
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