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Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid

Titel: Angst - Kilborn, J: Angst - Afraid
Autoren: Jack Kilborn
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Der Vollmond schien mit Blut gefüllt. Sein tiefdunkles Orange spiegelte sich riesig und träge auf der ruhigen Oberfläche des Big Lake McDonald. Sal Morton sog die frische Wisconsin-Luft in seine Lungen, rutschte ein wenig auf seinem Hocker hin und her und warf dann die Angel mit dem Köder namens »Glückliche Dreizehn« über Achtern. Die Nacht war ziemlich ereignislos verlaufen: ein paar kleine Barsche am frühen Abend, ein halbes Dutzend Hechte - keiner größer als eine Gewürzgurke -, nichts weiter. Die Spule seiner Angel surrte, als der Köder durch die Luft flog, ehe er mit einem leisen Platschen ins Wasser fiel. Während der letzten Stunde waren dies die einzigen Geräusche gewesen, die ihm ans Ohr gedrungen waren.
    Bis der Helikopter explodierte.
    Er befand sich bereits über dem Wasser, ehe Sal ihn überhaupt bemerkte. Schwarz, ohne Lichter, eine dunkle Silhouette vor dem Mond. Leise. Vor zwanzig Jahren hatte Sal seiner Frau Maggie einen Flug in einem solchen Gerät über das Sandsteintal des Wisconsin River spendiert. Beide mussten sich damals die Ohren zuhalten, um nicht taub zu werden. Aber dieser Helikopter machte nicht einmal halb so viel Lärm - er brummte eher wie ein Kühlschrank.
    Der Hubschrauber flog von Osten her über den See, tief
genug, dass der Abwind das Wasser aufwirbelte und Wellen schlug. So tief, dass sich Sal Sorgen machte, mit seinem Zwölf-Fuß-Boot aus Aluminium möglicherweise zu kentern. Er duckte sich, als der Helikopter über ihn hinwegschwebte und ihm seine Packer-Baseballmütze vom Kopf blies, die Köder durcheinanderbrachte und einige der leeren Schmidt-Bierdosen in die Luft hob und über Bord warf.
    Sal ließ die Angel fallen, hielt sich mit beiden Händen am Boot fest und kämpfte mit seinem Gewicht gegen das Schaukeln des Bootes an. Als die Gefahr des Kenterns überstanden war, schielte Sal nach oben, um herauszufinden, woher der Hubschrauber stammte. Er suchte nach irgendeiner Form von Kennzeichnung, einem Logo oder Sonstigem, konnte aber weder ein Abzeichen noch Nummern sehen. Der Helikopter glich eher einem schwarzen Geist.
    Drei Herzschläge später hatte er den einen Kilometer breiten See überquert und wollte hinter den Bäumen am gegenüberliegenden Ufer verschwinden. Was hatte ein Hubschrauber in Safe Haven zu suchen? Noch dazu um diese Uhrzeit? Warum flog er so tief? Und überhaupt - warum landete er in der Nähe seines Hauses?
    Dann hörte er die Explosion.
    Er spürte sie, kurz nachdem er sie gesehen hatte. Seine Füße vibrierten, als ob jemand den Bug mit einem riesigen Schläger getroffen hätte. Ihm wehte eine warme, sanfte Brise ins Gesicht. Der Geruch von verbranntem Holz und Kerosin füllte die Luft. Rauch und Flammen stiegen zwanzig Meter über die Wipfel in die Luft.
    Fassungslos betrachtete Sal einige Zeit lang das Schauspiel, ehe er sich die Angel schnappte und den Köder einholte. Kaum hatte er die Sachen im Boot untergebracht, riss er an der Kordel seines siebeneinhalb PS starken Evinrude-Außenborders.
Dieser gab keinen Ton von sich. Sal versuchte es erneut. Wieder nichts. Er fluchte, spielte mit der Drosseleinstellung und fragte sich, ob die Explosion Maggie wohl einen Schreck eingejagt hatte. Hoffentlich ging es ihr gut.
     
     
     
    Maggie Morton wachte auf. Sie glaubte, ein Donnern gehört zu haben. Stürme in Wisconsin gehörten mitunter zu den weltweit gewaltigsten, und während der letzten sechsundzwanzig Jahre als Hausbesitzer hatten sie und Sal wegen Sturmschäden mehr als ein kaputtes Fenster und das halbe Dach reparieren müssen.
    Maggie öffnete die Augen, horchte und wartete auf den sicher bald aufkommenden Wind und den Regen. Sie wunderte sich allerdings, als beides ausblieb.
    Maggie schielte auf etwas Rotes neben ihrem Bett, griff nach ihrer Brille und setzte sie auf. Das rote Licht verwandelte sich schlagartig in die Uhrzeit: 22:46 Uhr.
    »Sal?« Dann rief sie den Namen ihres Mannes noch einmal. Vielleicht war er unten.
    Keine Antwort. Sal angelte normalerweise bis Mitternacht, also wunderte sie es nicht, dass er noch nicht zu Hause war. Sie zog in Erwägung, das Licht anzumachen, um dem Grund des Lärms nachzugehen, der sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Aber das weiche Kopfkissen und die warme Decke, die bis unter ihr Kinn reichte, überzeugten sie davon, die Brille wieder abzunehmen und neben sich auf den Nachttisch zu legen, ehe sie wieder einschlummerte.
    Das Geräusch der sich öffnenden Haustür weckte sie kurz darauf
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