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Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall

Titel: Das Verbrechen: Kommissarin Lunds 1. Fall
Autoren: David Hewson , Soren Sveistrup
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Bahnhof und kaufte eine Karte nach Vestamager, saß in dem leeren Zug, sah zu, wie die Stadt aus den Fenstern verschwand. Nach einer Weile war nichts mehr übrig außer ödem, flachem Brachland, das auf ihrer Fahrt zur Endstation vorüberhuschte.
    Drei Personen auf der schlammigen Lichtung, versteckt im hohen gelben Gras, nicht weit von einem schmalen Kanal. Eine, die kleinste, war eine halbnackte, blutende Frau, die sich nicht bewegte. Dann ein Mann mit einem Zapata-Schnurrbart und einer Narbe an der Wange, Tattoos und langem schwarzen Haar, wilden Augen. Er kicherte vor sich hin und stieß die Frau ab und zu mit dem Finger an. Der Dritte, der Größte, hatte sich wie ein Fötus zusammengerollt und starrte mit verlorenem Blick ins Leere, eine Pfütze Erbrochenes neben seinem rothaarigen Kopf.
    »Theis«, sagte Skærbæk.
    Die schmalen Schlitzaugen schauten zu ihm auf. Die Pupillen schwarz und glasig, so still und tief wie das Wasser in dem Kanal.
    »Um Gottes willen. Was hast du denn diesmal getan?«
    Der Kerl mit dem albernen Schnurrbart hörte auf, das Mädchen mit dem Finger zu stoßen, und zog eine Flasche Bier hervor. Trank davon und gab sie Theis Birk Larsen. Skærbæk packte die Flasche, warf sie weg, brüllte die beiden an.
    Sinnlos. Das Mädchen war tot. Die beiden befanden sich in einer imaginären LSD-Welt, in der nichts real war.
    Weggabelungen.
    Am liebsten wäre er umgekehrt, hätte die beiden sich selbst überlassen. Zum ersten Mal in seinem kleinen, unbedeutenden Leben wollte er die Polizei rufen. Aber Schulden mussten beglichen, ein schlechtes Gewissen besänftigt werden. Sie waren auf dem Kalvebod Fælled, einem Ödland, wo nie jemand hinkam. Einem Ort, wo man Dinge verstecken konnte. So wurde die grausame Wahl getroffen.
    Er kehrte zu dem Merkur-Transporter zurück, kletterte hinter die Triumph und die Honda, holte Plastikplane und starkes Klebeband hervor, ging zu den dreien im Schlamm zurück. Trat den Idioten mit dem Schnurrbart beiseite, als er ihn hindern wollte. Rollte das tote Mädchen ein ums andere Mal herum, schnürte sie fest zusammen wie einen Teppich vor dem Transport. Warf sie in den tiefen Kanal. Ging zurück und schrie die beiden an, bis sie zum Transporter wankten.
    Der Fremde hieß John. Er wollte überhaupt nicht weg. Wäre am liebsten dageblieben, hätte die Leiche aus dem Wasser gezogen, sie ausgewickelt und wieder von vorn angefangen. Als sie endlich losfuhren, war die Nacht pechschwarz, nass und bitter.
    Er würde das nie vergessen. Das wusste Vagn Skærbæk. Begriff, dass er gemeinsame Sache mit den beiden gemacht hatte. Auch nicht besser war als sie. Dort, wo die öffentliche Straße anfing und Straßenlampen den Standort der künftigen U-Bahnstation markierten, hielt er den Transporter an und hieß die beiden aussteigen. Ließ sie ihre Taschen leeren – das Haschisch, die Tabletten und die Pillen. Schrie sie an und drohte ihnen, bis alles weg war.
    Zwanzig Minuten später lud er John und seine ramponierte Honda in einer Nebenstraße bei Christiania aus und dachte: Bis heute hab ich dein Gesicht nie gesehen, und ich bete, dass ich es nie wiedersehen werde.
    Fuhr zurück nach Vesterbro, hörte sich das Gegrunze des großen Mannes an, der unter der Last seiner Scham und der wiederkehrenden Erinnerungen wie ein Haufen Elend auf dem Beifahrersitz hockte.
    »Ich kann dich nicht zweimal retten.«
    Im Fußraum war Erbrochenes. Irgendwo unterwegs hatte er sich anscheinend übergeben.
    »Das meine ich ernst, Theis. Du musst mit dem Scheiß aufhören. Vergiss die Typen von der Gang. Vertrag dich wieder mit diesem netten Mädchen. Die so lieb zu dir ist.«
    Keine Antwort. Er fuhr nicht weit von der Dybbølsbro-Brücke rechts ran, sah die frühabendlichen Prostituierten, die den vorbeikommenden Autofahrern ihre Beine präsentierten. Wandte sich an die zusammengesunkene Gestalt neben ihm.
    »Wenn du’s nicht machst, bist du tot. Noch ein Stück Vesterbro-Scheiße, das vor die Hunde geht.«
    Die listigen, schmalen Augen sahen ihn an. Skærbæk wusste sie nie zu deuten. Er kurbelte das Fenster herunter, um den Kotzegestank in die kalte Winterluft zu entlassen. Griff in die Tasche und zog das Ding heraus, das er dem toten Mädchen vom Hals abgenommen hatte.
    »Hier«, sagte er und drückte es Birk Larsen in die blutige Hand.
    Eine billige Kette, als Anhänger ein schwarzes Herz aus Glas.
    »Die gehört jetzt dir. Ich will, dass du dich erinnerst. Ich will, dass du daran denkst und darum
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