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Das Teufelsweib

Das Teufelsweib

Titel: Das Teufelsweib
Autoren: Heinz G. Konsalik
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für 15.000 Franc bekommt man von keinem Unbekannten.
    Er holte seinen Mantel, rannte die Treppen wieder hinunter und eilte durch die nachtdunklen Straßen dem Boulevard Hausmann zu, der ihn mit blendender Lichterfülle empfing. Die großen Luxusgeschäfte, die berühmten Häuser der Champs-Elysées hatten ihre Fenster hell erleuchtet, und auch die Gemälde und alten Schnitzereien des Kunstsalons Tengier lagen im gleißenden Licht zweier über den Fenstern angebrachter Scheinwerfer.
    Er brauchte nicht lange an der Tür zu klingeln. Eine schwere Portiere wurde im Hintergrund des Geschäftes zurückgeschlagen, und das Fuchsgesicht Tengiers, des größten Halsabschneiders unter den Pariser Kunsthändlern, wurde sichtbar. Als er Putois draußen stehen sah, öffnete er rasch die Ladentür und trat ihm mit ausgestreckten Armen entgegen.
    »Willkommen, edler Putois!« rief er. »Willkommen – vorausgesetzt, daß Sie mir kein Bild andrehen wollen!«
    Putois winkte ab, trat in den Laden und setzte sich kurzerhand auf die Theke.
    »Tengier«, sagte er unvermittelt. »Ich habe Ihnen eine blöde Frage zu stellen.«
    »Nur zu. Das bin ich von Ihnen gewöhnt«, erwiderte Tengier gemütvoll, »wollen Sie mich anpumpen? Nichts zu machen, Meister …«
    Putois grinste, aber er wurde rasch wieder ernst. »Haben Sie den Auftrag, von mir ein Bild für 15.000 Franc zu kaufen?«
    Tengier riß die Augen auf und schüttelte den Kopf.
    »Ich? Für 15.000 Franc? Sehe ich so aus, als ob ich pleite machen wollte? Ich ruiniere mich doch nicht selbst!«
    Dabei machte er ein wahrhaft erschrockenes Gesicht, und es fehlte nicht viel, daß er sich bekreuzigt hätte, wie es manchmal die Art solcher Händler ist.
    Putois sah dem Mann fest in die Augen, um ihn zur Wahrheit zu zwingen.
    »Lügen Sie nicht, Tengier! Es ist ein Bild, das mir heute – eben, vor einer Stunde – in meinem Atelier in Auftrag gegeben wurde. Ein Frauenakt. Der Akt einer herrlichen, einmaligen Frau! Einer Göttin! Und das Bild soll ich bei Ihnen für 15.000 Franc abliefern …«
    Tengier lachte fett und hieb Putois auf die Schulter, so daß dieser zusammenzuckte.
    »Alter Freund –«, Tengiers Stimme gluckste vor Vergnügen. »Da hat man sich mit Ihnen ja einen tollen Scherz erlaubt. Und Sie Narr fallen darauf auch noch rein! Gerade Sie! So gut müßten Sie den alten Tengier doch kennen, daß Ihnen das Ganze hätte spanisch vorkommen müssen.«
    Putois sah zu Boden. Seine letzte Hoffnung schwand dahin. Wenn Tengier wirklich nicht wußte, wer die Dame war, oder der Herr im Frack, blieben ihm nur das Ausharren bis zum nächsten Abend und der heiße Wunsch, nicht umsonst warten zu müssen.
    »Merkwürdig«, sprach er vor sich hin. »Es waren Fremde. Sie wollen morgen abend wiederkommen. Ich kann mir nicht denken, daß sie mich an der Nase herumführen wollen. Danach sieht mir die Sache nicht aus –«, er blickte auf und sah die Augen des Kunsthändlers auf sich gerichtet, »– wenn ein Herr und eine Dame doch bei Ihnen auftauchen und 15.000 Franc hinterlegen, dann rufen Sie mich bitte sofort an …«
    »Sofort!« lachte Tengier, der das alles nicht ernst nahm, mit Malern aber immer wieder solche Verrücktheiten erlebte. »Sie können dann sogar einen Vorschuß von mir haben.« Er schob Putois zur Tür hinaus und sah ihm amüsiert nach.
    Verrückter Kerl, dachte Tengier. 15.000 Franc …
    Kopfschüttelnd trat er in seinen Laden zurück.
    Marcel Putois bestieg einen Bus und starrte durch dessen Fenster hinaus auf die hell erleuchteten Straßen. Elegante Damen promenierten auf den Trottoirs, standen vor den Auslagen der Geschäfte und betrachteten die schönen Dinge, die ausgestellt waren. Eine von ihnen ist vielleicht diese Dame mit dem roten Schleier, dachte Putois. Einer von ihnen gilt meine ganze Sehnsucht …
    Er schloß die Augen und lehnte sich zurück. Schmerzhaft spürte er sein Verlangen in ihm übermächtig werden.

2
    Dort im Norden, wo die Stadt Paris aufhört und übergeht in ländliche Beschaulichkeit mit Feldern, Bauernhöfen und lustigen Schenken, in denen der Pinard, der leichte, französische Landwein, sprudelt, dort, wo auf den Wellen der Seine, die träge zwischen den Feldern dahinfließt, sich die großen und kleinen Hausboote vieler Pariser wiegen, wo Frankreichs Filmliebling Jean Marais seinen schwimmenden Palast besitzt, dort liegt in einem weiten, verwilderten Park zwischen hohen Eichen, Trauerweiden und Lebensbäumen ein dunkles, großes Haus. Es ist
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