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Das Teufelsweib

Das Teufelsweib

Titel: Das Teufelsweib
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bestimmten Tage bei dem Kunsthändler Tengier auf dem Boulevard Hausmann ab, von dem Sie dann die 10.000 Franc bekommen.« Der Fremde sah Putois scharf an. »Wollen Sie sich diesen Bedingungen unterwerfen?«
    Marcel Putois griff in die Tasche und steckte sich eine Zigarette in den Mund. Umständlich zündete er sie an und blickte dann durch den schmal aufsteigenden Qualm den Besucher an.
    »Wenn Ihr Gesicht nicht so offen wäre, lägen Sie jetzt draußen auf der Treppe«, sagte er schließlich.
    »Oh!« Der Fremde zog die Augenbrauen hoch. »Ich wußte nicht, daß Sie auch Athlet sind.«
    Putois lächelte. »Ihre Bonmots in allen Ehren – aber ein solcher Auftrag beleidigt mein künstlerisches Gewissen.«
    »Wird eine Beleidigung nicht durch 15.000 Franc aufgewogen?«
    »Sie sagten eben 10.000.«
    »15.000! Da Sie beleidigt wurden! Ich glaube, wir verstehen uns, wenn wir eine Stunde zusammen plaudern. Ein Marcel Putois hat immerhin das Recht, Preise hochzutreiben.«
    »Sie mißverstehen mich …«
    Der Fremde winkte ab. »Ich weiß, ich weiß … Also – Sie malen das Bild?«
    Putois zuckte die Achseln. »Auch 15.000 Franc wären zu wenig, wenn das Modell vielleicht – verzeihen Sie – mein Auge beleidigt.«
    »Trauen Sie mir einen Markthallengeschmack zu?« Der Besucher stand auf und ging zur Tür, trat in den dunklen Flur hinaus und kam mit einer tief verschleierten Frauengestalt an der Seite ins Atelier zurück.
    Regungslos saß Marcel Putois in seinem Sessel und blickte gebannt auf die Dame, die jetzt im hellen Licht seiner Lampe stand.
    Durch das enge Abendkleid ahnte er eine Figur … mittelgroß, schlank, mit betörend geschwungenen Hüften, einer zierlichen, festen, bezaubernden Brust, einem Hals, dessen Linienführung sein Malerauge begeisterte, und einem Leib, dessen Sinnlichkeit ihn jetzt schon in Aufruhr versetzte. Leider war das Gesicht, wie gesagt, tief verschleiert. Nicht einmal die Haare sah man.
    »Nun?« sagte der Fremde. »Beleidigt die Dame ihr Künstlerauge, Meister?«
    Putois schüttelte stumm den Kopf. Er stand auf, verbeugte sich vor der schweigenden Frauengestalt und umschritt sie dann, sie von allen Seiten betrachtend.
    »Das Kleid ist nicht günstig für die Figur«, meinte er dann leise. »Die Falten im Rücken beeinträchtigen den Schwung der Hüften.«
    Der Fremde nickte. »Das Kleid ist nicht wichtig. Ich sagte Ihnen ja, Meister Putois, Sie sollen einen Akt malen. Und zwar beginnen wir damit jetzt, sofort. Skizzieren Sie den Akt heute so, daß Sie morgen abend mit dem Malen beginnen können.«
    Er trat hinter die stumme Dame, nahm ihr den leichten Mantel ab, der über ihrem Arm hing und zog die Gardine vor das breite Fenster. Dann trat er wieder hinter sie, löste am Rücken einige Knöpfe des Abendkleides und streifte es von ihrer Brust. Nackt, wie eine Venus, die unberührt vom Sitz der Götter herniederstieg, stand die Fremde im Raum. Ihre kleine Brust hob sich leicht beim Atmen, ihre Schenkel zitterten ein wenig – schwach schimmerten an ihren Brüsten schmale blaue Adern durch die weiße Haut.
    Das schaffe ich nicht! schrie es in Putois. Nein, nein, das kann ich nicht malen, das geht über meine Kraft …! Dieser Körper, diese Haut, diese lockende Schönheit … Und ich soll danebensitzen und den Pinsel führen. Ich soll diesen Körper mit den Augen abtasten, soll Stelle um Stelle dieses aufreizenden Leibes malen, soll meine Augen trunken werden lassen und diesem pulsenden Leben auf einer toten Leinwand neuen Glanz geben?
    Er fühlte, wie seine Hände feucht wurden, wie er schlucken mußte, als die nackte Fremde auf das Modellpodest stieg und die Arme leicht nach hinten streckte. Dabei schoben sich ihre Brüste ins Licht der Lampe, und ihr Leib dehnte sich wie eine Sehne.
    Aufgeregt griff Putois zum Block und suchte einen Bleistift. Dann blickte er wieder auf die herrliche Fremde, tastete ihren Körper mit den Augen ab und blieb an dem roten Schleier hängen, der das Gesicht verhüllte. Wie Blut, mußte er immer denken. Diese Frau ist Blut wert – gehörte sie mir, ich würde sie mit Blut verteidigen …
    Wie besessen begann er zu zeichnen. Sie wird mir gehören, rief er sich innerlich selbst zu. Sie muß mir gehören! Morgen oder übermorgen oder nächste Woche! Wenn dieser Fremde, dieser Liebhaber, den ich beneide wie keinen Menschen auf der Welt, einmal weg ist, dann will ich mich ihr vor die Füße werfen und sie wird mich erhören – sie muß es, ehe ich an ihr
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