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Die Zypressen von Cordoba

Die Zypressen von Cordoba

Titel: Die Zypressen von Cordoba
Autoren: Yael Guiladi
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    A bd ar-Rahman ließ die Hände unter das
flauschige weiße Handtuch gleiten, auf dem er ausgestreckt lag, und
strich mit beinahe sinnlichem Vergnügen mit den Fingern über die glatte
rote Marmorunterlage. Während Mustapha duftendes Mandelöl in die von
vielen Kämpfen verhärteten Gliedmaßen des Kalifen massierte, um dann
mit geübten Griffen alle Spannung aus ihm herauszukneten, seufzte und
murmelte der Herrscher vor Wohlbehagen. Im Spektrum seiner Lebenswonnen
nahm das Hochgefühl eines Sieges in der Schlacht das eine Extrem ein,
dieses weiche Dahinschmelzen aller Gliedmaßen und Muskeln das andere.
Nur eine Freude übertraf noch beide Wonnen, lag sie doch weit jenseits
jeglicher Maßstäbe und Vergleiche. Und auch diese würde er später am
Abend noch genießen, nach dem Empfang für die Würdenträger von Córdoba,
mit dem er in Kürze die Einweihung seines neuen Palastes Medina Azahara
zu feiern gedachte, der ein wenig abseits der umtriebigen, geschäftigen
Stadt lag. Heute nacht würde er gewiß die höchste menschliche
Verzückung erleben. Von allen Frauen seines Harems hatte er nur Zahra
hierher in die großartige neue Palaststadt mitgenommen, die nach ihr
benannt war. Ihre raffinierte, einfallsreiche Sinnlichkeit würde ihn
heute nacht zu ungeahnten Höhen der Leidenschaft treiben. So würde sie
ihrer Dankbarkeit über die Ehre, die er ihr hatte zuteil werden lassen,
Ausdruck verleihen. Viele Stunden hätte er noch so liegen mögen und den
Marmor streicheln können, dessen Glätte ihn an Zahras Haut erinnerte,
während Mustaphas warme, geschmeidige Hände die mächtigen Muskeln
seiner Schultern massierten, bis sie völlig entspannt waren, seinen
Rücken bearbeiteten, bis er warm durchglüht war. Doch inzwischen
versammelten sich gewiß bereits seine Gäste.
    Auf ein unmerkliches Zeichen seines Herren hin ließ der
getreue schwarze Eunuch in einer letzten Bewegung noch einmal die
Handflächen zu beiden Seiten des Rückgrats herabgleiten. Dann erhob
sich Kalif Abd ar-Rahman III. al-Nasir, Herrscher der Gläubigen, und
begab sich in sein rundes Marmorbad, räkelte sich dort genüßlich,
während Mustapha ihm das kurze helle Haar mit einer parfümierten Seife
wusch, deren Zusammensetzung er eifersüchtig wie ein Staatsgeheimnis
hütete. Er hatte gut daran getan, überlegte Abd ar-Rahman, dem Rat
seines Sohnes zu folgen und Basil aus Byzanz zum Entwurf seiner
Badehalle heranzuziehen. Nur die Griechen wußten, wie man Marmor so
brach, polierte und verlegte, daß sich die Muster der Maserung in all
ihrer geheimnisvollen und verschlungenen Schönheit offenbarten. Mit
Basil waren Handwerksmeister gekommen, die die Kunst beherrschten, wie
man Marmor in feinste, zarte steinerne Spitze verwandelte. Gemeinsam
mit den geschickten Handwerkern aus Córdoba hatten sie die herrlichen
Verzierungen der Eingangshalle geschaffen, die bald schon ganz Córdoba
bewundern würde, später die ganze Welt. Endlich besaß das Kalifat der
Omaijaden, dem er die Herrschaft über beinahe die gesamte iberische
Halbinsel verschafft hatte, einen Palast, der seiner Macht, seinem
Reichtum und seiner Größe gerecht wurde.
    Wenn Abd ar-Rahman auf die dreißig Jahre seiner Regierungszeit
zurückblickte, dann sah er einen Reigen von Triumphen: nach dem Tod von
Omar ibn Hafsun, dem Erzfeind seines Vaters, dem Sproß einer spanischen
Familie, die sich zum Islam bekehrt, aber gegen das Haus der Omaijaden
revoltiert hatte, hatte er geschickt die Rivalität zwischen den beiden
Söhnen des Rebellen angefacht. In der Folge hatte sich schließlich
Bobastro, die letzte Hochburg der Rebellen in der gefährlichen Schlucht
von Guadalhoce unweit von Málaga, ergeben, nachdem ihre Stärke von
innen ausgehöhlt war. Eine Reihe wagemutiger Expeditionen in die
nördlichen Regionen des Landes hatten die Christen in Schach gehalten
und ihre Überfälle auf muslimisches Gebiet unterbunden. Kurz darauf
hatten sich ihm auch die spanisch-muslimischen Herrscher des
südwestlich gelegenen Badajoz unterworfen. Offensichtlich hatte die
Familie der Ibn al-Jilliqi begriffen, daß der kraftstrotzende junge
Kalif von Córdoba entschlossen war, jegliche Bedrohung der Einheit
seines Königreiches zu unterdrücken, notfalls mit Gewalt. Nachdem er
die niederen Regionen unter seine Herrschaft gebracht hatte, folgten
die mittleren Gebiete, als auch Toledo seine Oberherrschaft anerkannte.
Und sogar die Tujibiden in Saragossa, Rivalen arabischer Herkunft, die
kurze Zeit mit dem
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