Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel
Autoren: Krystyna Kuhn
Vom Netzwerk:
grinste ihr zu. »Wie geht es dir, Julia Frost?«
    »Meine Lungen rasseln, als hätte ich ein Tamburin verschluckt.«
    Er lachte, seine Finger spielten mit ihrem Haar und er sah sie wieder mit diesen wunderbaren, faszinierenden Augen an.
    Julia konnte nicht anders. Sie musste einfach immer wieder ganz tief in sie hineintauchen. Aber mit Tauchen kannte sie sich schließlich aus. Es war sozusagen ihre Leidenschaft.
    Und als sich sein Mund ihrem näherte, seine Lippen sich auf ihre legten, kurz davor, sich zu öffnen, flüsterte Chris Bishop: »Eines Tages, Julia Frost, werde ich sie erfahren, die Wahrheit über dich.«
    *
    Die Wahrheit, dachte Julia, als sie sich noch in dieser Nacht aus dem Bett stahl, um sich mit Katie zu treffen, die Wahrheit ist so unendlich und unbegreiflich wie alles andere.
    Sie trafen sich an der Stelle, an der Julia am ersten Abend das Sony-Ericsson-Handy ins Wasser geworfen hatte.
    Es war Katie, die den schwarzen Memory-Stick in der Hand hielt, und eine Weile starrten sie die in der Dunkelheit glitzernden Strasssteine an. Erst jetzt erkannte Julia, dass ihr Muster die Initialen A F für Angela Finder zeigten.
    »Bist du sicher?«, fragte Julia Katie.
    »Du etwa nicht?«
    »Doch!«
    »Na also! Das ist ja schließlich hier keine Beerdigung und im Grunde sind in diesem Ding nur Nullen und Einsen gespeichert. Mehr nicht.«
    Im nächsten Moment holte Katie weit aus und warf den USB-Stick ins Wasser.
    In weniger als einer Sekunde war er verschwunden.
    Und mit ihm Julias Vergangenheit.
    Sie musste sich nun damit abfinden, nicht länger Laura de Vincenz zu sein, als die sie geboren worden war. Im Grunde war sie das schon längst nicht mehr. In einem Punkt hatte Alex nämlich recht. Bis zu ihrer Ankunft im Tal hatte Julia nur auf dem Papier existiert. Doch das Tal veränderte einen Menschen und hier war aus Laura de Vincenz Julia Frost geworden.
    Sie hatte sich das nicht gewünscht, doch nach dem Medienspektakel, das der Tagesspiegel veranstaltet hatte, konnte jeder am Frühstückstisch lesen, dass ihr Bruder zum Zeitpunkt des Mordes an seiner Mutter im Haus gewesen war. Er hatte die Täter gesehen, er war der einzige Zeuge. Seitdem schwebten sie beide in höchster Gefahr. Und ab diesem Zeitpunkt hörten Laura und Ralph de Vincenz auf zu existieren.
    Zeugenschutzprogramm nannte man das. Und es hieß nichts anderes, als dass man alles hinter sich lassen musste, was man gewesen war. Die deutsche Polizei hatte der alten Laura de Vincenz die Geburtsurkunde, die Superzeugnisse, kurz das Leben eines anderen Mädchens gegeben. Eines Mädchens, das am 24. Dezember 1991 in London geboren worden und vor über einem Jahr zusammen mit ihrem Bruder Robert bei einem Autounfall getötet wurde. Dieses Mädchen hatte den Namen Julia Frost getragen und man hatte sie auch deswegen ausgewählt, weil die Vinzenz-Geschwister dank ihrer Mutter fließend Englisch sprachen.
    Julia hatte man erklärt, das Ganze sei vergleichbar mit einer Organspende. Jemand stirbt und ein anderer lebt mit dessen Niere, Lunge oder Herz weiter, solange … ja, solange nichts Unvorhergesehenes passierte. Sicherheit war ein Wort, das Julia nicht mehr kannte.
    Dass sie ins Tal gekommen waren, das allerdings war ihre eigene Entscheidung gewesen. Der Beamte, der ihre Kontaktperson war, hatte Julias Vorschlag akzeptiert, ja, sogar für gut befunden. Je weiter weg, desto besser, hatte er gesagt.
    Allerdings wusste er nichts von dem Brief mit dem Absender – Grace College, Grace Valley, British Columbia, Canada. In ihm stand, man begrüße Julia und ihren Bruder Robert als neue Studenten des Grace Colleges.
    Und er wusste genauso wenig, dass weder Laura und Ralph de Vincenz noch Julia und Robert Frost sich je an diesem College beworben hatten.
    Katies Hand streifte ihre Schulter, dann wandte sich das Mädchen um und ging ohne ein weiteres Wort zum College zurück. Und wenig später schlich auch Julia zurück auf die Krankenstation.
    Erst als sie im Bett lag, fiel ihr auf, dass ihr während ihres heimlichen Ausflugs kein einziges Mal das Atmen schwergefallen war und sie keine Schmerzen in der Brust mehr fühlte.

Epilog
    Drei Wochen später.
    Es war kurz nach Mitternacht und Fackeln erleuchteten den dunklen Wald. Julia hatte die Idee gehabt.
    »Was hast du vor?«, fragte Chris, der rechts neben ihr durch den Wald stapfte.
    »Du wirst es schon sehen!«, erwiderte Julia, wandte sich um und rief Benjamin zu. »Du hast die Kamera dabei?«
    »Ja!«
    »Und
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher