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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel
Autoren: Krystyna Kuhn
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Jammern und jede Verzweiflung aus Debbies Tonfall verschwunden. »Ich an deiner Stelle würde mich nicht fortschicken«, sagte sie so gelassen, als ob sie über das Wetter plaudern würde. »Ich weiß, dass Angela dir die Prüfungsaufgaben mit den Lösungen besorgt hat.«
    »Ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst.«
    »Angela konnte sich in die Computer der größten Banken einschleichen. Die Prüfungsaufgaben für den Aufnahmetest – das muss ein Kinderspiel für sie gewesen sein.«
    Julia sah, wie es in Katies Miene zuckte.
    Und nun fing auch sie langsam an zu begreifen. Angela hatte auch ihn erpresst!
    Im vorderen Teil des Raums polterte es laut.
    »Au, das tut weh!«
    »Das soll es auch und es wird dir noch viel mehr wehtun, wenn du nicht endlich die Klappe hältst! Ein für alle Mal!«
    »Hast du das auch zu Angela gesagt, als du sie in den See gestoßen hast?«
    Julia hielt die Luft an. Er? Nein, das konnte nicht sein!
    »Debbie, glaub mir! Du bewegst dich auf dünnem, auf äußerst dünnem Eis!« Die Drohung in der Stimme war unverkennbar.
    »Meinst du wirklich?« Der Spott war unverkennbar. »Ach, ich denke eher nicht. Denn ich weiß zufällig genau, was du hier treibst. Du suchst nach Angelas geheimen Daten, oder? Damit du deinen verdammt süßen kleinen Arsch retten kannst. Aber wie sollst du sie bloß finden, so verschlüsselt und versteckt wie sie sind? Diese Daten kann nur jemand aufspüren, der Angela ebenbürtig ist.« Triumph klang aus Debbies Stimme. »Jemand wie ich!«

Kapitel 32
    Ein wütender Aufschrei ertönte und im nächsten Moment ein Röcheln. Katie streckte den Kopf vor und auch Julia konnte nicht anders, sie musste sehen, was passierte.
    Die Stellwand verbarg weitgehend Debbies Körper, doch Julia erkannte die Hände, die sich um ihren Hals krallten. Für einen Moment schien es, als ob nur der Kopf in der Luft schwebte, um dann mit aller Gewalt gegen den Metallfuß des Arbeitstisches geschleudert zu werden.
    Debbie rührte sich nicht mehr.
    Ihr Gesicht war noch blasser als sonst, wenn das überhaupt möglich war. Ein deutlich sichtbarer Faden Blut rann ihre Wange herunter.
    Julia war heiß, so heiß, während sie wie aus weiter Ferne beobachtete, wie Katie neben ihr die Schuhe auszog und in gebückter Haltung losschlich – unendlich vorsichtig, immer im Schatten der Stellwände.
    Sie selbst konnte sich nicht bewegen, denn plötzlich kamen die Erinnerungen wieder, strömten auf sie ein, verdrängten jeden klaren Gedanken und zerstörten alle Schutzmechanismen in ihrem Gehirn.
    Das Röcheln.
    Das schabende Geräusch.
    So hatte es Robert geschildert.
    Mums Hand hinter dem Schreibtisch dagegen hatte Julia selbst gesehen, als sie in jener Nacht nach Hause gekommen war.
    Dieses grässliche Rot auf ihren Fingernägeln, von denen Julia dachte, es sei Nagellack, bis sich herausstellte, dass es sich um Blut handelte.
    Ihre erste Nacht mit Kristian und die letzte.
    Warum? Warum war sie nur an diesem Abend nicht zu Hause geblieben? Warum hatte sie sich nach diesem fürchterlichen Streit mit ihrem Vater aus dem Haus geschlichen, war einfach abgehauen?
    Warum hatte das beschissene Schicksal oder Gott oder wer auch immer sie nicht gewarnt?
    Julias Vater war Polizist gewesen.
    Ein ganz normaler Cop.
    Das zumindest hatte Julia gedacht und dann stellte sich heraus, dass Mark de Vincenz als Spitzel gearbeitet hatte. Er hatte sich als Drogenhändler getarnt, zum Schein mit Heroin gehandelt, um einer Gruppe der chinesischen Mafia auf die Spur zu kommen, die von Berlin aus ihr Europageschäft steuerte.
    Doch es war schiefgegangen. Jemand hatte Julias Vater enttarnt, ihn auffliegen lassen und an seine Gegner verraten. Die Männer waren in den Bungalow ihrer Eltern eingedrungen, hatten ihre Mutter erschossen, das Arbeitszimmer ihres Vaters durchwühlt, ihn gefesselt quer durch das Haus geschleift, in den Kofferraum seines Mercedes geschleppt und ihn dann mit Heroin vollgepumpt. Er war im Kofferraum seines Wagens gestorben, nachdem sie ihm den goldenen Schuss gesetzt hatten. Den Wagen mit seiner Leiche hatten sie vor dem Polizeipräsidium am Potsdamer Platz abgestellt. Es hatte über einen Tag gedauert, bis man ihn gefunden hatte.
    Ein Verrat zieht den anderen nach sich.
    Eine Lüge die andere.
    Jedes Geheimnis bringt neue hervor.
    Und Robert war an diesem Abend zu Hause gewesen und hatte, versteckt in seinem Zimmer, alles mit anhören müssen. Er war der einzige Zeuge. Und es glich einem Wunder, dass die
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