Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel
Autoren: Krystyna Kuhn
Vom Netzwerk:
der Studenten gelegt, wie Alex gleich zu Beginn der Fahrt erklärt hatte.
    Alex hatte Julia und Robert an dem kleinen Landeplatz in Fields mit einem so strahlenden Lächeln in Empfang genommen, dass Julia sich nach der Tortur der langen Reise zum ersten Mal entspannt hatte. Und auch jetzt, als er einen kurzen amüsierten Blick auf Robert warf, wirkte er sympathisch. Er sah über die rechte Schulter zu ihr nach hinten und zwinkerte ihr gut gelaunt zu.
    Fast automatisch erwiderte Julia sein Lächeln. Sie war schließlich ein nettes Mädchen. Everybody’s Darling. Das Mädchen, das mit ihrer Fröhlichkeit für ein harmonisches Miteinander sorgte. So stand es in ihrem letzten Zeugnis: Mit ihrem freundlichen Wesen wirkt sie stets ausgleichend.
    »Mann, dein Bruder schläft ja wie ein Stein! Er nimmt doch keine Drogen, oder?«
    »Nein!«, entgegnete Julia und fühlte, wie ihr Lächeln gefror. Das fehlte gerade noch, dass man Robert so etwas anhängte, bevor sie überhaupt angekommen waren. Aufmerksamkeit war das Letzte, was sie gebrauchen konnten!
    »Keine Panik!« Alex’ Augen erschienen im Rückspiegel. »War doch nur ein Scherz! Glaub mir, ich weiß, wie man sich nach so einer Mammutanreise fühlt! Aber bevor ich im College losgefahren bin, habe ich dafür gesorgt, dass ihr noch ein warmes Essen bekommt. Die Küche am Grace kann man zwar nicht mit einem Sternerestaurant vergleichen, aber für ein College ist sie nicht übel. Und mit den Kursen morgen könnt ihr es auch noch langsam angehen lassen.«
    Alex’ Stimme klang ehrlich besorgt. Ja, ganz eindeutig. Er war ein Vertreter der männlichen Spezies Sunnyboy. Und er sah verdammt gut aus. Ein Typ, der vermutlich am Strand gezeugt und bereits mit einem Surfbrett unter dem Arm geboren worden war.
    Julia starrte auf den tadellos gebügelten Kragen seines hellblauen Hemdes. Zumindest würde er besser nach Florida passen als in diesen schmuddeligen, klapprigen Landrover. Und vermutlich zog er die Mädchen an wie ein Magnet.
    Erneut traf ihr Fuß die Dogge, die sich im Fußraum breitmachte. Sie knurrte bedrohlich.
    »Psst, Ike, spiel dich nicht so auf«, sagte Alex und fügte hinzu: »Keine Sorge, er ist einer von den Hunden, die sich ständig aufpissen, aber wenn es darauf ankommt, zieht er den Schwanz ein. Im Ruhezustand stellt er keine Gefahr dar, ist aber dafür auch in der Gefahr keine Hilfe.«
    »Ist er dein Hund?«, fragte Julia.
    »Ike? Nein! Er gehört eigentlich Professor Brandon, einem der Philosophie-Dozenten des Colleges. Aber im Grunde genommen gehört Ike jedem, der ihn mag.«
    »Ich mag ihn!« Robert gähnte herzzerreißend, streckte sich und sah aus dem Fenster. »Sind wir immer noch nicht da?«
    Nein, offenbar schienen sie weiter denn je davon entfernt zu sein, anzukommen.
    Die steilen Felswände lagen mittlerweile hinter ihnen. Stattdessen hatte sich der Wald wieder wie ein riesiges Lebewesen um sie herum geschlossen. Noch immer führte die Straße steil bergauf – Julia konnte die Steigung förmlich spüren, und für einen Moment schoss ihr durch den Kopf, was passieren würde, wenn der ächzende Motor hier mitten im Nirgendwo seinen Geist aufgab.
    Fingen so nicht immer Horrorfilme an?
    Julia fühlte, wie sich die Härchen auf ihren Unterarmen aufstellten. Komm schon! Mach dir nicht gleich in die Hose! Wie oft bist du schon nachts alleine U-Bahn gefahren? Das war hundert Mal gefährlicher. Das hier ist schließlich nur ein Wald!
    Und doch – das Atmen fiel ihr plötzlich schwer. Vielleicht lag es daran, dass die Nadelbäume immer dichter aneinanderrückten. Nicht eine Lücke war zu erkennen.
    Und, Mann, sie führen jetzt schon stundenlang bergauf. Irgendwann mussten sie doch die Baumgrenze erreicht haben!
    Julias Fingernägel bohrten sich in ihre empfindlichen Handflächen, als sie die Fäuste ballte. Klar, sie hatte von der Abgeschiedenheit des Colleges gewusst – das war schließlich der eigentliche Grund gewesen, warum sie sich dafür entschieden hatten. Aber was Abgeschiedenheit in Wirklichkeit bedeutete – das hatte sie nicht im Entferntesten geahnt und so einsam hätte sie es sich auch in ihren schlimmsten Albträumen nicht vorgestellt.
    »Am Anfang wird einem schon ein wenig mulmig zumute, wenn man nur durch Wald fährt, oder?«, fragte Alex. Offenbar ahnte er, was Julia durch den Kopf ging. »Aber man gewöhnt sich daran. Das Grace ist wirklich cool – mal was anderes als die üblichen Schulen. Wusstet ihr, dass es das höchstgelegene
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher