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Diner des Grauens

Diner des Grauens

Titel: Diner des Grauens
Autoren: A. Lee Martinez
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EINS
    Irgendwo im Nirgendwo, an einer verlassenen Straße, träumte das Diner von den hungrigen Toten. Und von zwei Männern.
    Naja, es waren nicht Männer im eigentlichen Sinn.
    Earl wurde unsanft in seinem Sitz durchgeschüttelt, als der Pick-up über ein Schlagloch rumpelte. Sein Bier glitt ihm aus der Hand und landete auf seinem Schoß. Er knurrte ein paar Flüche, als er die Bierdose nicht schnell genug zu fassen bekam, um eine gelbe Pfütze in seiner Leisteng e gend zu verhi n dern.
    »Zur Hölle, Duke, musst du jedes verdammte Loch in der Straße mitnehmen?«
    Duke zuckte die Achseln und murmelte eine Entschuld i gung.
    »Schon gut, versuch einfach, darauf zu achten.«
    Earl griff in die Sammlung leerer Bierdosen. »Also wenn dies hier das letzte Bier war, trete ich dir in den Arsch.« Wie Arthur Excalibur zog er eine volle Bierdose hervor. »Du hast Glück.« Er knackte sie und stürzte die Hälfte des Inhalts hinu n ter.
    Duke knurrte.
    »Wie sieht's mit Benzin aus?«, fragte Earl.
    »Wir haben genug.«
    »Wie viel?«
    »Genug.«
    »Verdammt, kannst du nicht mal eine Frage einfach b e an t worten?«
    Duke ließ sich einen Moment Zeit, um sich aus dem Fen s ter zu beugen und auszuspucken. »Wir haben genug, Earl.«
    Der verrostete graue Kleintransporter holperte die sta u bige Straße entlang, die eigentlich mehr eine Schlagloc h piste war. Die abgenutzten Stoßdämpfer konnten gegen die steinige, von Löchern übersäte Fahrbahn nichts ausrichten, und mit jedem Ruck ratterte der Motor, als wollte er aus der Haube springen. Das Radio funktionierte nicht; das hatten sie auf Kosten einer Hank-Williams-Jr.-Kassette feststellen müssen. Schwarzer Bandsalat hing aus dem Rachen des Apparats, das unvermeidl i che Ergebnis eines erfolglosen Rettungsversuchs. Die Insassen schwiegen, nur das Klappern von sechsundsiebzig leeren Bie r dosen störte das Schweigen. Sechsundsiebzig war die genaue Anzahl der Biere, die auf den Vordersitz passten, bevor der Plat z mangel eine Verlegung auf die Ladefläche notwendig machte.
    Das Fahrzeug war ein unpassendes Fortbewegungsmittel für den Earl of Vampires und den Duke of Werewolves. Aber für einen Vampir, der zufäll ig Earl hie ß, und einen Werwolf, der sich Duke nannte, war es vollkommen in Ordnung. Um ehrlich zu sein, sie hatten schon ganz andere Sachen mitgemacht, wenn es nötig war.
    »Du weißt schon, dass es noch dreißig Meilen bis zur näc h sten Tankstelle sind, oder?« Earl warf einen Blick auf die Benzinanzeige. Sie zitterte im roten Bereich. »Hättest beim letzten Stopp tanken sollen. Ich habs dir doch g e sagt!«
    Die nächsten Minuten verbrachte er damit, finstere Bl i cke in Dukes Richtung zu schicken.
    Der Vampir war ein sehniger Kerl, blass, wie man es von einem Vampir erwartet, mit einem Überbiss, einer großen Nase und spärlichen Haaren, erfolglos quer über den Kopf gekämmt. Der Werwolf war groß und haarig, sogar in seiner momentanen menschlichen Gestalt. Sein riesiger Bauch passte mit Mühe gerade noch hinter das Lenkrad. Eine grüne Baseballkappe versuchte seine dicke, dunkelbraune Mähne im Zaum zu halten – vergeblich. Er hatte es nie geschafft, sich einen Bart wachsen zu lassen, aber ein ständiger Bartschatten bedeckte sein Gesicht.
    Earl trug einen abgetragenen Overall, der mindestens so alt war wie er. (Was, der Ordnung halber gesagt, viel älter war, als er aussah, aber trotzdem nicht so furchtbar alt für einen Va m pir.) Duke trug Jeans, eine Lederjacke und ein T-Shirt mit der Aufschrift »NO FAT CHICKS«.
    »Bei nächster Gelegenheit sollten wir uns auch neue Reifen besorgen, Duke.«
    »Die Reifen sind in Ordnung.«
    »Der eine platzt bald.«
    »Tut er nicht.«
    »Was verstehst du schon von Reifen, Blödmann?«
    »Ich weiß, dass er nicht platzt.«
    »Super, aber wenn er's doch tut, wechselst du ihn.«
    »Okay.«
    Duke machte sich nicht die Mühe, darauf hinzuweisen, dass der Wagen bereits auf Reserve fuhr.
    Wieder legte sich eintöniges Klappern über das Führe r haus. Die folgende halbe Stunde lang. Der fu nktionierende Schei n werfer des Pick-ups zerschnitt die Dunkelheit einer wolkenverhangenen Nacht, in der nur eine schmale Mon d sichel hing. Ab und zu erschien ein einsamer Briefkasten oder ein Tierkadaver auf der ansonsten wenig bemerken s werten Straße. Schli e ßlich tauchte schimmerndes Neonlicht zögernd aus der Dunkelheit auf. Es war ein drei Meter hohes Schild neben einem Beto n bunker. Die Aufschrift lautete: Gil's all night
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