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Spiel Satz Tod - Kriminalroman

Spiel Satz Tod - Kriminalroman

Titel: Spiel Satz Tod - Kriminalroman
Autoren: Aufbau
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1. KAPITEL
    STREIT UND STRAFE
    Das Gebrüll ertönte kurz nach dem Mittagessen. Es klang so wütend und laut, dass ich von dem Stuhl heruntersprang, auf dem ich gestanden hatte, um ein Poster aufzuhängen, und zur Tür meines Klassenzimmers rannte. Auf dem Gang blieb ich verwirrt stehen. Weiter vorn lugten bereits ein paar Lehrer durch Türspalten wie aufgescheuchte Meerkatzen, bereit, beim ersten Anzeichen von Gefahr das Weite zu suchen. Ansonsten war der Gang leer.
    Wieder donnerte eine erregte Männerstimme, wurde von den grauen Betonwänden zurückgeworfen, kam von überall und nirgends her. In unserem offenen Haus fliegen Geräusche ungehindert von Etage zu Etage, von Korridor zu Korridor. Wenn über zweitausend Schüler in Bewegung sind, dann verschmelzen ihr Getrappel auf den Stufen, das Schwatzen, Kichern und Rufen, dazu das Klappen von Spindtüren zu einem unbeschreiblichen Getöse. An diesem Tag aber, dem letzten der Sommerferien, war die Schule nahezu leer, und auf den Gängen hatte bis eben feierliches Schweigen geherrscht.
    Ich umkrampfte das Treppengeländer und lehnte mich ein wenig darüber, um zu sehen, ob auf der unteren Etage Bewegung war. Ich schaute nicht wirklich hin, denn ich habe Höhenangst. Schon von einem Blick in geringere Tiefen wird mir schlecht. Aber ein zweites Aufbrüllen ließ mich herumfahren. Diesmal wusste ich, wo es herkam. Es war das Klassenzimmer direkt gegenüber, Fred Argus’ Reich. Ich lief hin und riss die Tür auf.
    Zwei Männer wandten mir überrascht ihre Gesichter zu. Fred Argus, Geschichtslehrer wie ich, stand hinter seinem Schreibtisch, die Arme abwehrend in Richtung seines Gegenübers ausgestreckt, als wollte er jeden Augenblick die Flucht ergreifen. Der andere war ein Fremder, ein großer, bulliger Kerl mit schwarzen Augen und puterrotem Gesicht. Als er mich böse anstarrte, wurde mir mulmig. Kaum beherrschte Wut, kalt und drohend, ging von ihm aus. Ich riss mich zusammen.
    »Was ist los, Fred?«, fragte ich, so ruhig ich konnte, behielt aber den Unbekannten fest im Blick.
    »Das geht Sie gar nichts an!«, antwortete der anstelle von Fred. Er hatte eben gebrüllt – mit einer Stimme wie ein Megaphon. Der war imstande, sich in einem vollen Saal Gehör zu verschaffen oder einen wütenden Mob niederzuschreien.
    Ich tat, als sei er gar nicht da. »Fred?«
    In dessen Blick mischten sich Furcht und Hoffnung wie bei einem geprügelten Hund, dem sein Herrchen beruhigend über den Kopf streicht. Zwar wagte er sich noch nicht hinter seinem Schreibtisch hervor, aber er richtete sich sichtbar auf.
    »Mr. Richards macht sich Sorgen um unsere Tennismannschaft«, sagte er und warf dem Fremden einen nervösen Blick zu.
    »Um die Tennismannschaft?«, wiederholte ich verblüfft.
    Natürlich wusste ich, dass Fred neben anderem auch der Tennistrainer unserer Schule war. Das kam mir schon lange etwas paradox vor, denn er war über sechzig und rauchte mindestens zwei Schachteln Zigaretten am Tag. Und beim Anblick der zwei dürren Bohnenstangen, die aus seinen Elasthan-Shorts ragten, kamen auch seine heißesten Fans ins Grübeln. Andererseits war unser Team, das am unterenEnde der Liga spielte, eine der wenigen Schulmannschaften, in der jeder Schüler unabhängig von Vorkenntnissen und Leistung mitspielen durfte. Allerdings konnte ich mir überhaupt nicht vorstellen, welche Art Probleme es bei den Bonham Breakpoints geben sollte, die es lohnten, auch nur die Stirn zu runzeln oder gar laut zu werden.
    Mr. Richards trat einen Schritt auf mich zu, was mir einen kalten Schauer über den Rücken jagte, der so gar nicht zu dem heißen Augustnachmittag passen wollte. Dieser Mann war zu Gewalt fähig, das suggerierte mir auch die Haltung von Fred, der schon wieder an Weglaufen zu denken schien.
    »Möchte Ihr Kind in der Mannschaft spielen, Mr. Richards?«, fragte ich rasch, um ihn von seiner Wut abzulenken. Er kam mir vor wie der Stier beim Rodeo. Den Cowboy hatte er bereits abgeworfen, und jetzt wartete er darauf, dass der Clown sich ihm näherte.
    Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen, aus denen er Fred einen vernichtenden Blick zuwarf.
    »Mein Sohn ist die Mannschaft. Der einzige wirkliche Spieler, den sie hat. Aber dieser Huren …«
    Ich fiel ihm ins Wort. »Wissen Sie, dass Trainer Fred die Tennismannschaft der Bonham-Schule aufgebaut hat, Mr. Richards?«
    Die Frage irritierte ihn einen Moment. Er schaute mich an, als rede ich wirres Zeug. Ich aber fuhr im lockersten Ton fort,
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