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Das Spiel

Das Spiel

Titel: Das Spiel
Autoren: Krystyna Kuhn
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die Augen geschlossen hatte, konnte sie förmlich sehen, wie Robert diese Haltung einnahm, als sei er bereits Dozent für höhere Mathematik. »Alex hat nie die Security informiert. Angeblich, damit die Party nicht auffliegen sollte. Und zweitens – zweitens hat ihn wirklich jemand zu der Zeit auf der Party gesehen, als ich gesprungen bin?«
    »Aber Tom hat mir selbst gesagt, dass Alex los ist, Hilfe holen!«, widersprach Rose.
    »Das schon!« Jetzt schlich sich Triumph in Roberts Stimme. »Aber ich habe Tom gefragt. Alex hat ihn lediglich mit dem Handy angerufen, er würde die Security benachrichtigen. Versteht ihr nicht? Alex hat total berechnend gehandelt. Er wusste, wann Isabel springen würde! Er hat sich für diese Zeit mit Angela verabredet, die ihn mit dieser Yale-Sache erpresst hat. Er hat sie bis an diese Uferstelle geschoben. Nie im Leben wäre sie da aus eigener Kraft hingekommen. Dann hat er sie ins Wasser gestoßen und sie ist innerhalb weniger Sekunden untergegangen.«
    Julia presste die Augen noch fester zusammen. Am liebsten hätte sie sich auch die Ohren zugehalten. Warum konnten sie nicht gehen? Warum konnten sie nicht aufhören, darüber zu reden? Selbst Robert sprach über Angelas Tod, als ob er einen mathematischen Beweis führen würde. Als handele es sich nicht um ein Menschenleben, sondern um eine einfache Rechenaufgabe.
    Oder, schoss Julia durch den Kopf, war das die Reaktion auf sein eigenes Trauma? War er einfach erleichtert, einen Täter zu haben? Beweise? Genau deshalb, weil dies im Fall von ihren Eltern nicht möglich war? Weil die Täter noch immer irgendwo dort draußen herumliefen?
    Es war David, der sie von diesen Gedanken ablenkte. »Meint ihr, dass Alex überhaupt deswegen erst diese Mystery Murder Party inszeniert hat?«
    Julia öffnete die Augen und sah zu Chris auf. Er saß direkt neben ihrem Bett, wie so oft die letzten Tage. Sie tastete nach seiner Hand.
    Er erwiderte ihren Blick und sie sah, er verstand.
    »Das werden wir wohl nie erfahren«, sagte er energisch. »Und ehrlich gesagt lege ich auch gar kein Wert darauf. Im Übrigen, es reicht, Leute. Raus mit euch – der Besuch dauert schon viel zu lange.«
    »Aber du bleibst natürlich und spielst den aufopfernden Krankenpfleger.« Benjamin grinste anzüglich, aber wie alle anderen stand er gehorsam auf. Robert und Katie waren die Letzten, die sich von Julia und Chris verabschiedeten.
    An der Tür blieb Katie noch einmal stehen und warf Julia einen Blick zu. Sie lächelte und Julia lächelte zurück.
    Sie beide hatten niemandem gesagt, was tatsächlich in den letzten Minuten im CD vorgefallen war. Dass Debbie Alex ihre Liebe gestanden und er sie wie das letzte Stück Dreck behandelt hatte.
    Warum Katie den Mund gehalten hatte, wusste Julia nicht, sie selbst allerdings hatte es nicht übers Herz gebracht.
    Ihr früheres Ich, Laura de Vincenz, hätte es vielleicht getan, aber ein Teil von Julia war tatsächlich zu Everybody’s Darling geworden, und dieser Teil wusste, es gab nichts Schlimmeres, als zu lieben und nicht wieder geliebt zu werden.
    Sie dachte an den Moment zurück, als sie im CD noch einmal zu sich gekommen war, kurz nachdem die Security und Robert hereingestürmt waren. Innerhalb kürzester Zeit hatte eine Menschenmenge den Raum verstopft, als handele es sich um die Rushhour in der U-Bahn-Station Kurfürstendamm oder – würde Julia Frost sagen – den Piccadilly Circus in London.
    Es hatte nur wenige Sekunden gedauert.
    Ein Schritt.
    Keiner hatte in diesem Moment auf sie geachtet.
    Nur Julia hatte beobachtet, wie Katie den USB-Stick aus dem PC zog und ihn in die Hosentasche schob. Und niemand außer ihnen beiden wusste davon.
    Julia hatte keine Ahnung, welche Geschichte Katie verbarg, und Katie fragte nicht nach ihrer. Ohne es wirklich ausgesprochen zu haben, waren sie sich darüber einig, dass jeder sein Geheimnis für sich behielt.
    Niemand sonst im College wusste von dem Medaillon.
    Niemand von dem USB-Stick, Alex ausgenommen.
    Und noch immer hatte keiner die Daten, die Angela Finder irgendwo auf dem Server versteckt hatte, gefunden.
    Es war ein ungelöstes Geheimnis, aber mit Geheimnissen kannte sich Julia aus.
    Katie zwinkerte ihr noch einmal zu und zog dann sachte die Tür hinter sich zu. Die Stille im Zimmer breitete sich über Julia wie eine Decke.
    Chris zog die Schuhe aus, legte sich zu ihr aufs Bett und schob seinen Arm unter ihren.
    »Danke«, flüsterte sie. »Das wurde höchste Zeit.«
    Er
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