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Das Pesttuch

Das Pesttuch

Titel: Das Pesttuch
Autoren: brooks
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wenn Sie d a von absehen würden, Mitglieder meines Hausha l tes zu beleidigen, die doch lediglich meine Anwe i sungen ausführen«, sagte er. »Bitte haben Sie die Freun d lichkeit, sich von Mistress Frith zur Türe begleiten zu lassen.«
    »Das können Sie doch nicht machen!«, erwide r te Miss Bradford, diesmal allerdings im Tonfall eines ganz kleinen Kindes, dessen Wunsch nach einem Spielzeug vereitelt wurde. Da der Pfarrer eine halbe Treppe über ihr stand, musste sie wie ein Bittsteller zu ihm aufschauen. »Meine Mutter bedarf Ihrer …«
    »Meine liebe Miss Bradford«, unterbrach er sie kühl, »im vergangenen Jahr hatten hier viele Me n schen Bedürfnisse, zu deren Befriedigung Sie und Ihre Familie im Stande gewesen wären. Und doch waren Sie nicht … hier. Bitten Sie Ihre Mu t ter freundlichst, sie möge meine Abwesenheit g ü tigst im gle i chen Maße tolerieren, wie dies Ihre Familie so lange bezüglich der eigenen für sich in Anspruch g e no m men hat.«
    Inzwischen war sie rot angelaufen. Ihr Gesicht glich einem Flickenteppich. Plötzlich fing sie aus heiterem Himmel zu weinen an. »Mein Vater ist nicht mehr … mein Vater hat nicht … Es geht um meine Mutter. Meine Mutter ist schwer krank. Sie befürchtet … sie glaubt, sie wird daran ste r ben. Der O x forder Chirurg schwor, dass es ein Geschwulst war, aber jetzt steht außer Frage … Bitte, Reverend Mompellion, ihr Geist ist sehr verwirrt. Sie will ke i ne Ruhe geben und redet nur noch davon, Sie zu s e hen. Aus diesem Grund sind wir wieder hierher g e kommen, damit Sie ihr vielleicht Trost spenden und dabei helfen können, dem Tod ins Antlitz zu scha u en.«
    Eine lange Weile blieb er stumm. Ich war übe r zeugt, er würde mich mit den nächsten Worten bi t ten, ihm Mantel und Hut herauszusuchen, d a mit er sich ins Herrenhaus begeben könne. Als er wieder sprach, war sein Gesicht so traurig, wie ich’s schon oft gesehen hatte. Nur seine Stimme klang fremd und rau.
    »Sollte sich Ihre Mutter von mir Absolution wie von einem Papisten erhoffen, dann hat sie ohne E r folg eine lange und unbequeme Reise getan. Mit i h rer Bitte um Vergebung für ihr Verhalten sollte sie sich unmittelbar an Gott wenden. Leider fürchte ich, dass es ihr ergehen könnte wie schon vielen von uns hier, die in Ihm einen schlechten Beichtvater fa n den.« Und damit drehte er sich um, stieg die Stufen zu seinem Zimmer hinauf und zog die Türe hinter sich zu.
    Auf der Suche nach Halt packte Elizabeth Bra d ford hastig das Treppengeländer und kla m merte sich daran, bis ihre Knöchel unter der Haut hervortraten. Sie zitterte, ihre Schultern bebten unter einem Schluchzen, das sie mit aller Macht unterdrücken wollte. Instinktiv trat ich zu ihr. Trotz meiner jahr e langen Abneigung gegen sie und ihrer Verachtung für mich sackte sie wie ein Kind in meine Arme. E i gentlich hatte ich sie zur Türe bringen wollen, aber bei ihrem derzeitigen Zustand konnte ich es nicht übers Herz bringen, sie ohne weiteres Federlesen hinauszubefördern, obwohl genau dies der eindeutige Wunsch des Herrn Pfarrers gewesen war. Stattdessen führte ich sie in die Küche und setzte sie behutsam auf die Anrichte. Dort löste sie sich so vollends in Tränen auf, dass das kleine Stück Spitze, das sie als Taschentuch benützte, restlos durchweicht war. Ich streckte ihr ein Geschirrtuch hin. Zu meinem Ersta u nen nahm sie es und schnauzte sich derart unfein und unbefangen wie ein Gassenkind. Ich bot ihr einen Becher Wasser an, den sie durstig austrank. »Ich sa g te, die Familie sei wieder da, aber in Wahrheit ha n delt es sich nur um meine Mutter, um mich und uns e re persönlichen B e diensteten. Sie grämt sich so sehr, dass ich nicht weiß, wie ich ihr helfen kann. Seit mein Vater über ihren wahren Gesundheitsz u stand Bescheid weiß, will er mit ihr nichts mehr zu tun h a ben. Meine Mutter hat keinen Tumor, aber auch das, was sie hat, wird sie in ihrem Alter möglicherwe i se umbringen. Und mein Vater sagt, es sei ihm egal. Er ist ja schon immer grausam zu ihr g e wesen, aber nun hat er den Gipfel an Erbärmlichkeit erreicht. Ständig sagt er die entsetzlichsten Dinge … Seine eigene Frau hat er Hure genannt …« Und hier hielt sie en d lich inne. Sie hatte mehr gesagt als bea b sichtigt, weit mehr, als sie hätte sagen sollen. Sie schoss von der Anrichte hoch, als hätte sich diese urplötzlich in eine heiße Herdplatte verwandelt, straffte die Schultern und streckte mir ohne ein Da n keschön
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