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Das Pesttuch

Das Pesttuch

Titel: Das Pesttuch
Autoren: brooks
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einzugehen, »welch große Überr a schung und unvorhergesehene Ehre, Sie hier in uns e rem Dorf zu erblicken. Sie haben uns in so l cher Eile verlassen und inzwischen so viel Zeit verstreichen lassen, dass wir bereits alle Hoffnung aufgegeben hatten, je wieder mit Ihrer Gegenwart beehrt zu we r den.«
    Elizabeth Bradford war so maßlos stolz und derart begriffsstutzig, dass sie nur die Wörter hörte, dem Tonfall aber keine Beachtung schen k te. »In der Tat.« Sie nickte. »Meine Eltern waren sich darüber im Kl a ren, dass unsere Abreise eine unfüllbare Lücke hi n terlassen würde. Sie sind sich ihrer Verpflichtungen stets aufs Äußerste bewusst gewesen. Und wie d u weißt, sind wir genau aus diesem Pflichtgefühl he r aus von Bradford Hall fortgegangen. Damit uns e re Familie gesund bleibt und wir auch weiterhin unsere Verantwo r tungen erfüllen können. Mompellion hat doch s i cher den Brief meines Vaters der Gemeinde vo r gelesen?«
    »Hat er«, erwiderte ich, ohne hinzuzufügen, dass er ihn zum Anlass genommen hatte, eine se i ner flammendsten Predigten zu halten, die wir je von ihm gehört hatten.
    »Also, wo steckt er? Man hat mich bereits lange genug warten lassen. Außerdem ist meine Angel e genheit dringlich.«
    »Miss Bradford, ich muss Ihnen mitteilen, dass der Herr Pfarrer gegenwärtig niemanden em p fängt. Die jüngsten Ereignisse sowie sein eigener schmerzhafter Verlust haben ihn so erschöpft, dass man ihm zur Zeit nicht einmal die Last der Gemeindearbeit im rechten Maße aufbürden kann.«
    »Nun ja, das mag schon sein, soweit es den no r malen Ansturm von Gemeindemitgliedern b e trifft, aber er weiß ja nicht, dass meine Familie hierher z u rückgekehrt ist. Sei so gut und teile ihm mit, dass ich ihn auf der Stelle zu sprechen wü n sche.«
    Jeder weitere Disput mit dieser Frau war zwec k los. Außerdem muss ich zugeben, dass ich vor Ne u gier fast platzte. Ich wollte unbedingt s e hen, ob die Nachricht von der Bradford schen Rückkehr in Mi s ter Mompellion irgendwelche Gefühlsregungen hervo r rufen würde. Vielleicht vermochte ihn der Zorn da zu packen, wo die Nächstenliebe versagt hatte. Vie l leicht musste ihn ein derartiges Brandzeichen versengen.
    Ich drehte mich um und ging voraus, um das große Pfarrhaustor zu öffnen. Darüber verzog sie das G e sicht; sie war es nicht gewohnt, mit Diens t boten eine Schwelle zu teilen. Sie hatte erwartet, ich würde zum Küchengarten herumgehen, dann wiederkommen und sie mit der üblichen För m lichkeit hereinlassen. Das sah ich ihr genau an. Nun, die Zeiten hatten sich während der Bra d fordschen Abwesenheit geändert, und je e her sie sich an die Unannehmlichkeiten der neuen Ära gewöhnte, umso besser.
    Sie schob sich an mir vorbei und fand aus eig e nen Stücken den Weg zum Salon, wo sie ihre Handsch u he auszog und damit ungeduldig in die flache Hand klatschte. Als ihr bewusst wurde, wie kahl der Raum war, aller seiner ehemaligen Bequemlichkeiten b e raubt, war sie überrascht. Ich sah es ihr genau an. Ich ging weiter in die Küche. Egal, wie dringlich ihre Angelegenheit war, sie würde warten müssen, bis Mister Mompellion g e frühstückt hatte. War doch die dürftige Portion Haferkuchen und Sülze die einzige Mahlzeit, von der ich mit Sicherheit wusste, dass er sie auch ta t sächlich einnahm. Als ich einige Minuten später mit dem vollen Tablett vorbeiging und flüc h tig einen Blick durch die offene Türe warf, lief sie unruhig auf und ab und konnte kaum noch an sich halten. Ihre Augenbrauen waren zusamme n gezogen, ihre Stirn voller Runzeln. Es sah aus, als hätte j e mand ihr Gesicht von unten gepackt und Richtung Boden gezerrt. Droben benötigte ich e i ne Minute, um meine Fassung wiederzugewinnen, ehe ich an die Tür klopfte. Wenn ich dem Herrn Pfarrer den Besuch meldete, wollte ich weder mit Worten noch mit me i ner Miene mehr ausdr ü cken, als mir zustand.
    »Komm«, sagte er. Bei meinem Eintreten stand er am Fenster. Erstmals waren die Läden offen. Er wandte mir den Rücken zu, als er sagte: »El i nor wäre traurig, wenn sie sähe, was aus ihrem Garten gewo r den ist.«
    Zuerst wusste ich nicht, wie ich darauf antwo r ten sollte. Die Wahrheit war zu offensichtlich. Wer sie aussprach, steigerte damit wahrscheinlich nur noch seine düstere Stimmung. Andererseits hieße es lügen, wenn man seine Aussage vernei n te.
    »Ich nehme an, sie hätte Verständnis dafür, warum es so ist«, sagte ich, wobei ich mich büc k te, um die
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