Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle
Autoren: Deborah Hale
Vom Netzwerk:
geben kannst, was du mir versprichst. Doch wie könnte ich frische Luft atmen und den Sonnenschein auf meinem Gesicht genießen, solange ich weiß, dass es Menschen gibt, die gezwungen sind, in der erdrückenden Dunkelheit der Minen zu arbeiten und dieses widerliche Slag einzuatmen? Wie könnte ich meinen Kindern dabei zusehen, wie sie im Hof spielen oder ihr Abendbrot zu sich nehmen, wenn ich weiß, dass überall im Land junge Bettler von hanischen Soldaten gejagt werden und keiner da ist, der sich um sie kümmert?”
    Rath zuckte bei diesen Worten zusammen. “Du bist eine Träumerin, wenn du glaubst, Umbrias Probleme ließen sich allein durch die Vertreibung der Han lösen.”
    “Träumerin? Ist das ein anderes Wort für
Närrin?”
    Vielleicht war sie ja beides, weil sie geglaubt hatte, einen Helden im Wald zu finden, der nur schlief und darauf wartete, von ihr geweckt zu werden.
    “Nein!” Rath fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. “Ich habe dir nur von meinen Träumen erzählt. Sie sind vielleicht nicht so groß und edel wie deine, aber sie sind gut und sie sind
möglich.”
    Seine Argumente waren aufrichtig und vernünftig … und viel zu überzeugend! Ein Teil von ihr wollte die Sklaven in den Minen und die Bettmädchen vergessen und nur an sich und ihren Geliebten denken. Doch der andere Teil hielt an dem Glauben fest, in dem ihr weiser Vormund Langbard sie erzogen hatte. Ihr war, als müsste sie um ihre eigene Seele kämpfen … und um die von Rath.
    “Bist du dir so sicher, dass meine Träume es nicht sind?” Ihre Stimme war nur noch ein Flüstern. “In jener Nacht in Prum, als ich dir zum ersten Mal von meiner Suche nach der Geheimen Lichtung und dem Wartenden König erzählt habe, da hieltest du
das
für möglich. Und jetzt sind wir hier.”
    Rath machte eine Bewegung auf sie zu, öffnete den Mund, als wollte er ihr widersprechen. Doch die Worte schienen ihm in der Kehle stecken zu bleiben. Er sah sich um, betrachtete die sich wiegenden Farnwedel, fein wie Spitze, die alten, hoch aufragenden Bäume und den von einem feinen Nebel umsponnenen Wasserfall, als sähe er das alles zum ersten Mal.
    “Jetzt sind wir hier”, murmelte er.
    “Wie oft schien meine Suche zum Scheitern verurteilt zu sein, und dann wurde ich im letzten Augenblick doch noch gerettet! Nach und nach begann ich an mein Schicksal zu glauben.” Sie hielt ihm die Hand hin. “Unser Schicksal. Wenn wir ihm vertrauen, dann glaube ich, dass es schwierig, aber nicht unmöglich sein wird. Was immer wir auch riskieren müssen, um es zu erfüllen. Ich muss diesem Befehl folgen. Kommst du mit mir?”
    Rath starrte eine beunruhigend lange Zeit auf ihre Hand. Maura fragte sich, was sie tun sollte, falls er ablehnte. Hätte sie wirklich die Kraft, ohne ihn zu gehen? Endlich seufzte er auf und griff mit einem Schulterzucken nach ihrer Hand. “Dickköpfiges Frauenzimmer. Glaubst du, ich bringe es fertig, dich jetzt gehen zu lassen, nachdem ich es in Prum schon nicht gekonnt habe?”
    Die Erleichterung war so groß, dass Maura glaubte, ohnmächtig werden zu müssen. Stattdessen warf sie sich in Raths Arme. “Alles wird gut werden,
Aira.”
Sie benutzte das alte umbrische Wort für “Liebster” oder “Geliebter”. “Ich weiß es! Denk doch, wie sehr wir uns letzte Nacht davor gefürchtet haben, hierher zu kommen, weil wir glaubten, es würde unsere Trennung bedeuten. Stattdessen segnete der Allgeber unsere Verbindung.”
    Rath trat einen Schritt zurück. “Wenn der Allgeber mir letzte Nacht die Wahl gelassen hätte zwischen dem sicheren Sieg im Dienste des Wartenden Königs mit dir als seiner Königin und der so gut wie sicheren Niederlage mit dir an meiner Seite – ich hätte Letzteres gewählt. Nur weil du eine Sternenkrone auf meinem Kopf sahst, musst du nicht glauben, dass ich mich immer edel und gut verhalte. Im Herzen bin ich immer noch ein Gesetzloser, der stets zuerst seine Haut retten und seinen eigenen Bauch füllen will.”
    Sie wollte nichts Schlechtes über ihn hören, noch nicht einmal aus seinem eigenen Mund. “Selbst als du noch ein Gesetzloser warst, war in deinem Herzen mehr von einem König, als du ahntest, Rath Talward. Als ich dich das erste Mal sah, hast du andere um dich versammelt, um einem Hinterhalt der Han zu entkommen. Wenn sie dir vertraut hätten und zusammengeblieben wären, anstatt auseinanderzulaufen …”
    Rath sprang auf und klopfte sich einige Farnblätter ab, die an seiner Hose klebten. “Lass
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher