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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle
Autoren: Deborah Hale
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Seit er auf Maura getroffen war, kannte er den Unterschied zwischen dem sanften Zauber, den sie mit Hilfe von Pflanzen- und Tiermaterial praktizierte, und dem mörderischen Todeszauber der Echtroi mit ihren metallenen, mit Edelsteinen geschmückten Zauberstäben. Aber auch wenn er mittlerweile die Kraft ihrer Lebensmagie zu respektieren gelernt hatte, fiel es ihm immer noch nicht leicht, daran zu glauben.
    Als er einen moosbedeckten Felsen entdeckte, der ihm bekannt vorkam, winkte er Maura vom Pfad fort. Insgeheim fragte er sich aber doch, wo der Weg sie wohl hingeführt hätte, wenn sie ihm weiter gefolgt wären.
    “Und was kommt als Nächstes?”, fragte Maura.
    “Ein Bach, oder?” Rath blickte sich um und spitzte die Ohren nach dem Geräusch von fließendem Wasser. “Warum siehst du sicherheitshalber nicht auf deiner Karte nach?”
    “Ich dachte, die hättest du?”
    Rath schüttelte den Kopf. Er erinnerte sich, sie vergangene Nacht zuletzt gesehen zu haben, nachdem er und Maura die Felsentreppe neben dem Wasserfall hinaufgeklettert waren. Die Erscheinung des mächtigen Lohwolfs, der sie dann auf der letzten Strecke ihres Weges führte, hatte allerdings jeden Gedanken an die Karte aus seiner Erinnerung gelöscht.
    Maura tastete die Beutel ihres Schultergurts ab und durchsuchte dann auch noch die verborgene Tasche im Saum ihres Rocks. “Wir müssen sie auf der Geheimen Lichtung zurückgelassen haben.”
    Rath zuckte die Achseln. “Vielleicht ist es am besten so. Ich denke, wir beide wären in der Lage, diesen Ort wiederzufinden. Ich möchte nur nicht, dass die Karte in falsche Hände gerät.”
    Nicht, dass die Han dort irgendetwas Wertvolles würden finden können. Doch allein der Gedanke, sie könnten auch noch in Umbrias letztes Heiligtum eindringen, brachte sein Blut zum Kochen und ließ seine Schwerthand jucken.
    “Wohl wahr”, sagte Maura. “Und du hattest recht, was den Bach betrifft. Ich höre ihn aus dieser Richtung.”
    Der Bach führte sie zurück zu einer schmalen Schneise, gerade noch innerhalb der Grenzen des Ewigen Waldes, wo sie am Abend zuvor ihre Pferde zurückgelassen hatten. So vieles hatte sich seitdem verändert. Rath schien es ewig her zu sein, dass er und Maura den uralten Wald betreten hatten.
    “Unsere Pferde sind noch da.” Er klopfte seinem Pferd liebevoll den Hals. “Und ihre Mähnen sind auch nicht grauer geworden, seitdem wir sie verlassen haben. Ich halte das für ein gutes Zeichen, dass der Ewige Wald unser Zeitgefühl nicht verändert hat.”
    “Außer, die Pferde waren auch von dem Zauber gefangen.” Maura lachte leise, um zu zeigen, dass sie nur scherzte. Doch dann wurde sie schnell wieder ernst. “Ich
hoffe
, unsere Zeit ist nicht aus den Fugen geraten. Ich möchte nicht, dass unsere Freunde, die uns geholfen haben, überhaupt hierher zu gelangen, am Ende vergebens auf unserer Rückkehr warten.”
    Rath nickte. Er dachte an die Bergleute, die er zur Revolte geführt hatte, an die sich abrackernde Bauersfamilie aus dem Süden und auch an den Bettlerjungen, der ihn an sich selbst vor vielen Jahren erinnert hatte. Was sie alle wohl denken würden, wenn sie erfuhren, dass er selbst der Wartende König war?
    Halb in Gedanken nahm er etwas Proviant aus den Satteltaschen. “Wenn wir vorsichtig sind, wird der Vorrat wohl bis Duskport ausreichen. Ich hoffe nur, dieser Captain Gull verlangt keinen zu hohen Preis, um uns zu den Inseln zu bringen.”
    Er hatte schon von den Schmugglern gehört, die eine lose Verbindung zwischen dem winzigen, noch freien Teil Umbrias und dem Rest des Landes aufrechterhielten – hinter vorgehaltener Hand erzählte man sich Geschichten über immenses Lösegeld, das sie für den Transport menschlicher Fracht verlangten. Es ging das Gerücht, viele Fahrgäste würden den teuer bezahlten Bestimmungsort niemals erreichen. Rath gefiel es überhaupt nicht, sein und Mauras Schicksal in die Hände solcher Männer zu legen.
    Sie verloren keine Zeit, aßen nur schweigend ihr Brot und ihren Käse. Jetzt, wo Maura Rath dazu gebracht hatte, sein Schicksal zu akzeptieren, wollte sie nicht länger im Ewigen Wald verweilen. Sie hatte Angst, er könnte vielleicht seine Meinung ändern – oder sie ihre. Nachdem sie ihr Frühstück mit ein paar Schlucken von dem köstlichen Wasser des Wasserfalls hinuntergespült hatten, half Rath Maura auf ihr Pferd und sie machten sich auf den Weg zur Küste.
    Nichts in der Landschaft jenseits des Ewigen Waldes gab ihnen
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