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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange
Autoren: Hubert Haensel
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Schulter und warf ihn in den Sand.
    Duprel Selamy starrte dem Stein entgegen, der sich auf ihn zu wälzte. Es half ihm nichts, dass er abwehrend die Arme hob. Das letzte, was er sah, war der zerquetschte Körper eines Caer. Dann senkte sich Dunkelheit über ihn.
    Kreischend barst die Rüstung, als das Gewicht des Felsens auf ihr ruhte. Selamy spürte den Ruck, und seine Furcht löste sich in einem nicht enden wollenden Aufschrei.
    Schließlich trat Stille ein.
    Er lebte noch. Vassanders Magie hatte ihn gerettet. Diese Erkenntnis ließ den Schmied seine gewohnte Ruhe wiederfinden. Er vermochte sich kaum zu bewegen. Aber der helle Streifen, den er sehen konnte, war nichts anderes als der wolkenverhangene Himmel. Und das wiederum bedeutete, dass er lediglich seitlich unter dem Stein zu liegen gekommen war. Als er die Muskeln anspannte und versuchte, die Arme hochzustemmen, spürte er die Erschütterung.
    Noch einmal stemmte er mit aller Kraft, bis ihm die Anstrengung die Luft aus den Lungen trieb und er erneut zurücksank.
    Der Fels hatte sich bewegt. Selamy fühlte, dass es nur etwas mehr Anstrengung bedurft hätte, um freizukommen.
    Waren da nicht Stimmen? Die Caer kamen bestimmt, um ihn zu töten. Die Verzweiflung verlieh ihm ungeahnte Kräfte. Und jetzt stürzte das noch unvollendete Abbild eines Dämons zur Seite und blieb mit dem Gesicht nach unten liegen. Er war frei. Die Rüstung platzte förmlich auf, wie eine Nuss unter einem Hammerschlag. Ein Riss, so breit wie eine Handspanne, bildete sich.
    Jene Krieger, die überlebt und sich in der Nähe der Quelle versammelt hatten, flohen in den Wald, als Selamy sich langsam erhob. Sie ließen ihre Waffen zurück und rissen sich beim Laufen noch die knöchernen Helme von den Schädeln. Entweder waren sie verwirrt, weil ihr Priester tot war, oder aber sie flohen vor den unbegreiflichen Kräften, die es einem Menschen ermöglicht hatten, von dem Felsen nicht zerquetscht zu werden. Auf jeden Fall hatte der Schmied wenigstens in nächster Zeit nichts von ihnen zu befürchten.
    Es kostete ihn noch einige Anstrengung, sich aus der nunmehr wertlosen Rüstung zu befreien. Denn nach wie vor war Vassanders Magie wirksam. Aber Selamy brauchte jetzt keine Verschlüsse mehr zu lösen, und mit jedem Teil, das er abstreifte, wurde der Zusammenhalt zwischen den anderen schwächer.
    Endlich hatte er sich des Harnischs entledigt. Er wusste, dass es sinnlos war, nach Ugalos zurückzukehren und dort von Vassanders Verrat zu berichten. Niemand würde ihm glauben, und der Erzmagier würde Mittel und Wege finden, ihn für immer mundtot zu machen.
    Es war eine fatale Lage, in der er sich befand. Er hatte das Wissen, das ihm helfen konnte, zumindest einen Teil der drohenden Gefahr von Ugalien abzuwenden, aber erst musste er jemanden finden, dem er sich anvertrauen konnte, ohne sofort als besessen angesehen zu werden. Immerhin galt das Wort des Erzmagiers viel in diesem Land.
    Sein Entschluss stand fest: Er würde weiterziehen. Aber nicht, ohne zuvor den Giftquell wieder zu verschließen.
    Duprel Selamy sah sich um. In seiner Nähe lag eine der Stangen, die zum Abstützen gedient hatten - ein dünner Baumstamm, der nicht wie die anderen zersplittert war. Er nahm ihn auf und wog in prüfend in der Hand.
    Dann suchte er nach einem zweiten, stärkeren Holz. Aber er fand nichts, was ihm behagt hätte, lediglich einen gut einen Schritt durchmessenden Gesteinssplitter, den die Caer abgeschlagen hatten. Der Brocken war zu schwer, als dass er ihn hätte aufheben können, also wälzte er ihn mit einiger Mühe vor sich her.
    Dann setzte er den Stamm so an, dass dieser mit seiner Mitte auf dem Stein und mit einem Ende unter dem Dämonengesicht zu liegen kam. Das andere Ende, das bis in Mannshöhe aufragte, zog er mit aller Kraft zu sich herunter.
    Der Fels bewegte sich. Ein zweiter Ruck, und er kam ins Rollen. Unaufhaltsam. Und dann stürzte er über den Rand des Kraters in die Tiefe. Der Schwefelquell versiegte.
    Duprel Selamy überzeugte sich noch davon, dass niemand den Dämonenstein mehr in die Höhe ziehen können würde, dann warf er die Seile hinterher.
    Jetzt floss wieder klares Wasser. In weniger als einem Tag würden die Bewohner von Ugalos aufatmen können.
    Der Schmied wandte sich ab. Er nahm eine der Caer-Waffen auf, ein Breitschwert, das angenehm in der Hand lag, und warf die anderen ebenfalls in den Krater. Er wusste, dass die Krieger ihn jagen würden, sobald sie ihr Entsetzen überwunden
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