Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)

Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)

Titel: Lykandras Krieger 1 - Wolfsängerin (German Edition)
Autoren: Kerstin Dirks
Vom Netzwerk:
Paris 1777
     
    Der junge Mann war erleichtert, dem überfüllten Ballsaal, dem Tanz und der anstrengenden Konversation mit einer Cousine dritten Grades zu entrinnen. Er verspürte Dankbarkeit gegenüber der Dame, die ihm seine Flucht ermöglicht hatte, indem sie ihn durch einen Botengang lotste, und die ihm allem Anschein nach noch einiges mehr ermöglichen würde. Sie war gewiss keine Jungfrau mehr. Eine Jungfrau hätte nicht mit ihren Reizen kokettiert. Ihren Namen hatte sie ihm nicht nennen wollen, doch sie hatte sich als Jade vorgestellt, und Jade würde er sie nennen. Sie trug ein schwarzes Kleid, das perfekt zu ihrem rabenschwarzen Haar und dem stechenden Blick passte, jedoch inmitten der farbenfrohen Gesellschaft mit all ihren Pastelltönen deplaziert wirkte. Nicht wenige Damen und Herren hatten gefragt, ob sie in Trauer sei, woraufhin sie lediglich glockenhell gelacht und erklärt hatte, Schwarz sei ihr die liebste Farbe.
    Jade war älter als er. Nicht viel, vielleicht ein paar Jahre. Er fand es aufregend und hoffte insgeheim, dass sie in gewissen Dingen Erfahrung hatte, die ihm mit seinen achtzehn Lenzen noch fehlte. Seit er den Kinderschuhen entwachsen war, hatte sich sein Leben grundlegend verändert. Er war zu einem Mann geworden. Sein Körper rebellierte, wann immer er ein schönes Dekolleté oder einen sinnlichen Mund sah. Aber das war nicht alles. Ein alter Fluch lastete auf ihm und seiner Familie. Ein Fluch, der ihm nun immer häufiger zu schaffen machte, da sich die Auswirkungen erst im jungen Erwachsenenalter zeigten. Und diese Auswirkungen waren von schrecklicher Natur. Sein Vater hatte deswegen den Verstand verloren, behauptete seine Mutter, und er fürchtete das gleiche Schicksal zu erleiden.
    „Mein lieber Freund, ich hoffe, Ihr könnt Euch wie ein Gentleman benehmen“, sagte Jade und schloss die Tür zu einer schmalen Kammer auf, welche man ihr als Gästezimmer zugeteilt hatte.
    Er wusste nicht, woher sie kam oder welcher Familie sie angehörte. In diesem Moment interessierte es ihn auch nicht sonderlich.
    „Ich hatte gehofft, Euch heute Nacht mehr als nur ein Gentleman zu sein.“
    Jade lachte erneut glockenhell und legte sich auf das schlichte Bett. Ihre Familie bekleidete sicherlich keinen allzu hohen Rang. Das Gästezimmer wirkte schäbig.
    „Was habt Ihr denn mit mir vor, mein Freund?“
    Er trat langsam heran, bemüht, sich seine Unsicherheit nicht anmerken zu lassen, denn ein Mann durfte nicht unsicher sein, er musste führen.
    „Warum kommt Ihr nicht näher?“, forderte sie ihn auf und klopfte auf den Platz neben sich. Sein Blick ruhte auf ihren apfelförmigen Brüsten, die sich bei jedem Atemzug hoben und senkten. Bei jeder Aufwärtsbewegung drohten sie aus ihren Körbchen zu springen. Er wünschte, sie täten es. „Nun?“ Sie sah ihn forschend an. „Wie wollt Ihr mich verführen?“
    „Ich ... muss gestehen, ich habe ...“
    „Noch nie bei einer Frau gelegen“, beendete Jade seinen Satz. Er fürchtete, sie würde ihn aus ihrem Zimmer werfen oder ihn auslachen. Stattdessen streichelte sie seine Wange. „Das macht doch nichts. Ich habe Erfahrung für zwei. Und du bist nicht der erste Bursche, den ich in die Kunst der Liebe einführe.“
    Er blickte auf seine Hände und sah, dass sie leicht zitterten. Rasch schloss er sie zu Fäusten, um das Zittern vor ihr zu verbergen. Die Kunst der Liebe. Das klang so herrlich poetisch und erregend zugleich. Aber auch beängstigend. Ein erneuter Blick auf ihren Busen lenkte ihn von seinen Zweifeln ab. Seine noch unerfahrene Männlichkeit stieß energisch gegen den hellblauen Samtstoff seiner Culotte.
    „Wie hast du es denn gern?“, fragte sie und grinste von einem Ohr bis zum anderen. Es war erstaunlich, wie hübsch sie trotz dieses übergroßen Mundes aussah. Am liebsten hätte er ihre vollen Lippen geküsst. Er wollte wissen, wie sie schmeckten.
    „Ich weiß es nicht“, stotterte er leise.
    „Wie meinst du das, du weißt es nicht?“ Sie lachte. „Jeder Mann hat Phantasien. Ganz besonders in deinem Alter. Mach mir nichts vor, du Früchtchen.“ Sie gab ihm einen Klaps auf den Handrücken mit ihrem schwarzen Spitzenfächer.
    „Autsch.“ Er rieb sich über die gerötete Stelle.
    „Ich sehe schon, du bist ein Küken. Auch wenn du dem Kükenalter längst entwachsen sein solltest. Andere Jungen in deinem Alter haben zumindest schon an sich selbst gespielt oder gewisse Vorstellungen entwickelt. Aber sei es drum, weil ich dich mag,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher