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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange
Autoren: Hubert Haensel
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Hubert Haensel
    DAS NEST DER NADELSCHLANGE
    Die Schritte, die ihn verfolgten, wurden schneller.
    Graf Corian wandte sich um, als er die kleine Mauer erreicht hatte, die den kiesbedeckten Weg von einem mit Seerosen überwucherten Teich trennte. Aber der riesige Park vor dem Sonnenpalast lag verlassen da. Giftige gelbe Wolken senkten sich langsam herab. Ein Hauch des Todes ging von ihnen aus, der ahnen ließ, welch schreckliches Schicksal der Stadt Ugalos drohte.
    Dennoch hatte Corian aus den Augenwinkeln heraus einen Schatten wahrgenommen, der blitzschnell hinter einer der mannshohen immergrünen Hecken verschwunden war. Langsam ging er weiter, seine Aufmerksamkeit scheinbar den Schwänen schenkend, die mit den Flügeln schlagend auf ihn zukamen. Da hörte er es wieder. Leise, schlurfende Schritte. Es mussten zwei Personen sein, die ihm folgten.
    Seine Rechte lag am Knauf des Schwertes. Er war bereit, sich seiner Haut zu wehren. Wer immer hinter ihm herkam, nur Laffeur konnte ihn geschickt haben. Corian hatte erwartet, dass der Bruder des Königs seine Niederlage nicht so schnell überwinden würde, aber dass er deshalb fähig war, Meuchelmörder zu dingen.
    Der Graf versuchte, die Entfernung abzuschätzen. Noch zehn Schritte, vielleicht auch nur acht. Er wirbelte herum, das Schwert aus der Scheide reißend. Die Gewissheit, richtig vermutet zu haben, wurde von seiner Überraschung noch übertroffen. Die beiden Kumpane Laffeurs hatte er nicht erwartet.
    »Sieh da«, sagte er, und in seiner Stimme schwang bitterer Hohn mit. »Ihr verfolgt mich, um mir Grüße meines Busenfreundes zu bestellen?«
    In seinen Augen waren Vermond und Britor schon immer etwas dümmlich gewesen, nur schnell mit dem Weinkrug und - wenn sie zu viel getrunken hatten - auch mit dem Maul.
    Jetzt zeigte sich wieder, dass seine Meinung richtig war. Die beiden dachten gar nicht daran, ihn von zwei Seiten her anzugreifen, sondern drangen nebeneinander auf ihn ein, wobei sie sich gegenseitig behinderten. Es fiel ihm leicht, ihre Hiebe abzuwehren.
    Obwohl Graf Corian der Kampf mit Laffeur weitaus mehr mitgenommen hatte, als er es sich eingestehen wollte, betrachtete er den Überfall der beiden Kumpane seines Gegners als willkommene Abwechslung. Er würde es ihnen ein für allemal verleiden, sich mit ihm anzulegen.
    Ihre Klingen kreuzten sich in schneller Folge. Die Linke in die Hüfte gestemmt, führte Corian sein Schwert fast spielerisch. Doch schon ging sein Atem hastig.
    »Du wirst niemanden mehr lächerlich machen«, fauchte Vermond, und in seinen eiskalt blickenden grauen Augen blitzte es auf.
    Corian ahnte, was kommen würde. Als die rechte Fußspitze des Angreifers wie bei einem direkt vorgetragenen plumpen Angriff vorschnellte, bedurfte es nur eines schnellen Schrittes rückwärts, und er stand auf der kniehohen Mauer, die den Weg vom Wasser trennte. Vermonds Ausfall zur Seite hin kam den Bruchteil eines Herzschlages zu spät, und seine von unten heraufzuckende Klinge parierte der Graf mühelos.
    Weil er nur seinen Begleiter, nicht aber sich selbst in Bedrängnis wusste, war Britor einen Augenblick lang unachtsam. Diese winzige Zeitspanne genügte Corian, um wieder von der Mauer herabzuspringen und zuzustoßen. Die Spitze seines Schwertes zerfetzte Britors farbenprächtige Kleidung und hinterließ eine tiefe Wunde in seinem Arm. Ein wütender Aufschrei antwortete ihm.
    Und schon riss der Graf seine Waffe wieder hoch und lenkte einen Hieb Vermonds ab. Schritt für Schritt trieb er ihn vor sich her auf das Wasser zu, bis er nicht mehr weiter ausweichen konnte.
    Vermond schrie auf, duckte sich und stieß den Schwertarm vor. Die Klinge verfehlte Corian um eine Handbreit, der aber konterte, indem er dem Angreifer sein Knie in den Leib rammte.
    Vermond rang plötzlich nach Luft. Der Blick seiner blutunterlaufenen Augen wanderte zur Seite. Die jäh aufflammende Hoffnung darin erkennen und sich fallen lassen war für Corian eins. Ein kurzes, bösartig klingendes Sirren drang an sein Ohr, ein eisiger Luftzug streifte ihn, dann schrie Vermond gellend auf. Auf seinem Wams bildete sich ein roter Fleck, der schnell größer wurde. Er taumelte, ließ das Schwert fallen. Seine Hände verkrampften sich vor der Brust. Dann stürzte er, ohne einen weiteren Laut von sich zu geben, hintenüber. Hoch aufspritzend schlug das Wasser über ihm zusammen.
    Der Graf fuhr herum und sah, dass Britor eine kaum handtellergroße Kavaliersarmbrust auf ihn richtete, aber noch
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