Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
Weg nach Westen versperrt war. Von dort rückte das Gros der Jäger heran. Schon sah er einige Reiter wie Schatten zwischen den Bäumen auftauchen. Sie trugen Speere und Schwerter.
    »Da vorne!« hörte er sie rufen. Die Hatz hatte begonnen.
    Pandor war schneller als die Pferde der Jäger. Aber als Mythor aus dem Wald hervorbrach, erwarteten ihn etliche Bogenschützen am Ufer der Silda. Hier konnte es kein Durchkommen geben.
    Die Hornsignale, die er bis eben noch vernommen hatte, verstummten.
    Er riss Pandor herum und verschwand wieder im Dunkel des Waldes. Hinter ihm schlugen Pfeile ins Unterholz. Von links erklang das Bellen der Hundemeute. Nur rechts schien noch Stille. Mythor lenkte das Einhorn in diese Richtung.
    Nach einer Weile wurde das Unterholz dichter, und er war gezwungen, sich mit dem Schwert einen Weg zu bahnen. Er kam nur noch langsam voran. Zu langsam, wie er sofort wusste, denn der Lärm der Verfolger wurde allmählich immer lauter. Die Hunde führten sie auf seine Spur.
    Aber Mythor konnte nicht riskieren umzukehren. Verbissen schwang er Alton. Für wenige Augenblicke versank die Welt um ihn herum in dem klagenden Singen des Gläsernen Schwertes und dem Krachen der abgeschlagenen Äste.
    Endlich lag das Dickicht hinter ihm. Hark, der vorausgeeilt war, ließ ein klägliches Bellen hören. Von irgendwoher kam das verhaltene Wiehern eines Pferdes.
    Mythor riss das Schwert hoch, aber da war es bereits zu spät. Der Schaft eines Speeres traf ihn mit verheerender Wucht an der Schläfe und riss ihn vom Rücken des Einhorns. Pandor bäumte sich auf, als vor ihm ein weiterer Speer in den Waldboden fuhr.
    Taumelnd kam Mythor auf die Beine. Er sah sich zwei Männern in prunkvoller Kleidung gegenüber, die ihn hämisch angrinsten. Einer von beiden schleuderte ein Seil, an dem mehrere faustgroße Kugeln befestigt waren. Als er es losließ, schlang es sich um die Vorderläufe des Einhorns und brachte das Tier zu Fall.
    Der andere stürzte sich mit gezogenem Schwert auf Pandor. Aber Hark sprang ihn an. Und Mythor ließ seine Klinge sprechen, als der, der das Seil geworfen hatte, ihn angriff. Er schmetterte ihm die Waffe aus der Hand und schlug ihn dann mit dem Knauf bewusstlos.
    »Zurück, Hark!«
    Der Bitterwolf gehorchte, verharrte aber lauernd in der Nähe seines Opfers. Der Jäger zitterte am ganzen Leibe. Er wagte kaum zu atmen.
    Mythor lachte auf, als er dessen leichenblasses Gesicht sah. »Mein Einhorn ist keine Beute für euch«, sagte er. »Mach das deinen Freunden klar, oder diese Jagd wird euch großen Blutzoll abverlangen.«
    Er zerbrach die beiden Speere und schlug dann das Seil durch, das sich eng um Pandors Fesseln gewickelt hatte. Das Tier dankte es ihm mit freudigem Wiehern. Als er von dannen ritt, fühlte er förmlich die wütenden Blicke der Jäger in seinem Rücken. Er kam jetzt wieder schneller vorwärts, und das Bellen der Hunde hinter ihm wurde erneut leiser.
    Von irgendwoher hörte er wieder jenes urwüchsige Brüllen, das er schon einmal vernommen hatte. Der entsetzte Aufschrei eines Menschen folgte.
    »Hark, hierher!« rief Mythor, aber der Bitterwolf ließ sich nicht aufhalten. Er schlug sich seitlich in die Büsche, verharrte, wandte den Kopf und bellte auffordernd. Sein Herr folgte ihm zögernd.
    In der Nähe plätscherte ein Wasserfall. Wahrscheinlich handelte es sich um einen Zufluss zur Silda. Dann versperrte ein steiler Felssturz den Weg. Schon wollte Mythor umkehren, als aus der Tiefe herauf der Schrei des Bitterwolfs erklang.
    Der Recke sprang ab. »Es hilft nichts, Pandor«, sagte er zu seinem Reittier und tätschelte diesem besänftigend den Hals. »Zusammen kommen wir nie heil hinunter. Aber Hark scheint uns etwas zeigen zu wollen. Also komm.«
    Es schien, als habe das Einhorn ihn verstanden, zumindest hatte es den Klang seiner Stimme erfassen können. Vorsichtig tasteten seine Hufe über den felsigen Untergrund. Kleinere Steine brachen aus und verschwanden polternd zwischen den wenigen Büschen, die hier ein kärgliches Dasein fristeten.
    Doch nur die ersten zwanzig Schritte waren halsbrecherisch. Dann gelangte Mythor auf einen schmalen, ausgetretenen Pfad, der in unzähligen Windungen nach unten führte.
    Wieder schrie ein Mensch. Diesmal zeugte sein Schrei von unverkennbarer Todesangst.
    Mythor erblickte einen kleinen See, der von dem über die Felsen stürzenden Wasser gespeist wurde. Diesseits gab es so etwas wie eine Lichtung, auf der nur Büsche und niederes Gehölz
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher