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Das Nest der Nadelschlange

Das Nest der Nadelschlange

Titel: Das Nest der Nadelschlange
Autoren: Hubert Haensel
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verzweifelt bemüht war, einen zweiten Bolzen einzulegen. Die Furcht stand ihm deutlich ins Gesicht geschrieben.
    Als Corian zwei Schritte auf ihn zu tat, schleuderte Britor ihm die Waffe entgegen, verfehlte ihn jedoch abermals.
    Sein Gesicht verzerrte sich zur Fratze, als er erneut auf den Grafen eindrang. Mit beiden Händen führte er sein Breitschwert mit einer solchen Wucht, dass Corian Mühe hatte, seinen Schlägen standzuhalten.
    Aber Britor schien starke Schmerzen zu haben, das war ihm deutlich anzumerken. Über seinen Arm lief Blut und färbte die hellen Kiesel dunkel. »Der Fluch des Heroen über dich!« stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Lange konnte Britor diese schnelle Art zu kämpfen sicher nicht durchstehen. Die Wunde machte ihm zu schaffen. Dennoch drang er mit dem Mut eines Verzweifelten auf Corian ein.
    Endlich gelang es diesem, einen entscheidenden Hieb anzubringen. Quer über die Brust zerfetzte seine Klinge das Wams des Angreifers und drang tief zwischen dessen Rippen. Ohne auch nur einen Laut von sich zu geben, brach Britor zusammen. Er starb, noch bevor Corian sein Schwert in die Scheide stecken und sich über ihn beugen konnte.
    Auch Vermond hatte das Schicksal ereilt. Sein Leichnam ruhte auf dem Grund des Teiches.
    Mit einem Fluch auf den Lippen wandte Corian sich ab. Er schauderte, wenn er an die Zukunft dachte. Laffeur würde ihm den Tod seiner Kumpane niemals verzeihen und Mittel und Wege finden, sich dafür bitter zu rächen.
    *
    Der Tod senkte sich auf Ugalos herab.
    Zuerst starben die Fische in den Kanälen und trieben mit aufgedunsenen Bäuchen auf dem schleimigen, träge fließenden Wasser dahin; dann verdorrten die Pflanzen, anfangs an den Ufern des Flusses, später auch in den Gärten, auf die die Bewohner der Stadt zu Recht stolz waren. Junge Triebe starben ab, Blätter verwelkten und fielen zu Boden, wo sie sich langsam zersetzten. Schwarzer Staub war alles, was von der einstigen Pracht blieb.
    Furcht zog in die Herzen der Menschen ein. Sie empfanden Grauen beim Anblick der dichter werdenden Nebelschwaden, die vom Wasser her aufstiegen und die Stadt zu ersticken drohten. Lautlos schlich der Tod durch die unzähligen Gassen und Straßen, breitete sein gelbes Leichentuch über Plätze und Gärten aus und vergiftete Mensch und Tier.
    Es hatte in den frühen Morgenstunden begonnen; jetzt senkte sich die Sonne bereits dem Abend entgegen und färbte das Firmament rot wie mit dem Blut unschuldiger Opfer.
    Ein Aufschrei, gellend und voll Entsetzen zugleich: »Aqvitre hilf!«
    Erst war es nur eine Stimme, dann fielen andere ein, heiser, kreischend, und die Woge der Erregung pflanzte sich wie ein Lauffeuer fort.
    Selbst stämmige Burschen brachen hysterisch schluchzend in die Knie. Es waren nicht viele, die beim Anblick der dämonischen Fratze den Mut fanden, zu den Waffen zu greifen. Aber kein Speer und kein Bolzen einer Armbrust vermochte das Antlitz zu verletzen. Ein Geistermund öffnete sich zu einem höhnischen Lachen, das schaurig durch Ugalos hallte.
    Auch Frerick Armos starrte wie gebannt in den Himmel. Dort, zwischen den Wolken, zeichnete es sich ab. Ein Gesicht aus Glas, leblos, aber doch von einer unbeschreiblichen Bösartigkeit. Ein Caer-Priester.
    Der Schmied hatte davon erzählen hören, doch jetzt sah er zum erstenmal mit eigenen Augen einen dieser Wegbereiter der Schattenzone. Er schauderte. Als er den Blick abwenden wollte, schien eine unheimliche Macht von ihm Besitz zu ergreifen. Er würgte, brach zusammen und musste sich erneut übergeben.
    Armos ekelte sich vor sich selbst. Die Geschwüre an seinen Händen waren aufgebrochen. Zum Teil lag das Fleisch offen - es war gelblich verfärbt.
    Ein dumpfes Grollen, das aus dem Schoß der Erde zu kommen schien, ließ die Mauern der Stadt erbeben. Noch nie war es so schlimm gewesen wie diesmal. Ein aufkommender Sturm peitschte die Wolken vor sich her und zerfetzte das dämonische Grinsen auf dem Gesicht des Caer.
    Die Dämmerung brach herein, am Horizont wetterleuchtete es. Ein böses Omen! Denn vor vielen Sommern schon hatten die Seher prophezeit, dass das Ende der Lichtwelt nahe sei, wenn der Boden zitterte und die Erde sich auftat, wenn das Licht der Sonne im Kampf mit dem Bösen lag und zu flackern begann.
    An all das musste Frerick Armos denken, während er sich mühsam erhob und vorwärts taumelte. Er wusste nicht, wo er sich befand. Gespenstisch hallten seine Schritte von den Häusern wider, die sich eng
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