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Das Meer wird dein Leichentuch

Das Meer wird dein Leichentuch

Titel: Das Meer wird dein Leichentuch
Autoren: Melanie Maine
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Ehe endlich genug hatte und auf die Millionen pfiff, die er Alva als Abfindung für die Scheidung zahlen musste.
     
    Astors Ehe mit Madeleine war eine echte Liebesheirat. Aber sie war auch ein absoluter Skandal in der feinen Gesellschaft der amerikanischen Dollar-Aristokratie. Böse Zungen behaupteten, dass die blutjunge Madeleine den alternden Astor nur wegen seines Geldes geheiratet habe. Und deshalb flüchteten sich die Astors aus New York auf eine Art Hochzeitsreise nach Europa, von der sie jetzt zurückkehrten.
     
    Ihre erste Schwangerschaft machte Madeleine sehr zu schaffen. Ich hatte es schon in den letzten Tagen oft genug gespürt. Die Verpflichtung, bei gesellschaftlichen Anlässen an der Seite ihres Gatten zu sein, bereitete ihr in ihrem Zustand große Beschwerden.
     
    „Das Kleid macht aus Ihnen eine Marquise, Danielle!“, sagte Madeleine mit sanfter Stimme. Ich spürte, wie ich bei dem Wort „Marquise“ zu zittern begann. Vor meinen geistigen Augen entstand ein Bild, das mich in diesem Kleid an der Seite des geheimnisvollen Marquis de Armand zeigte.
     
    „Nein, so etwas Schönes ist nichts für ein Dienstmädchen!“ Ich drehte mich um und erkannte, dass Madeleine starke Beschwerden hatte. Rasch legte ich das Kleid fort und half ihr in einen der Sessel.
     
    „Soll ich einen Arzt rufen?“, fragte ich besorgt.
     
    „Nein, danke. Es geht schon wieder.“ wehrte sie ab. „Aber Sie können mir einen Gefallen tun, Danielle. Wollen Sie?“
     
    Ich nickte. Sonderbar. Diese Frau bat um einen Gefallen, wo sie hätte befehlen können. Aber Madeleine war nicht von dem Größenwahn besessen, der sonst in der Gesellschaftsschicht vorherrschte, in die sie ihre Heirat mit Astor geführt hatte.
     
    „Ziehen Sie das Kleid einmal an, Danielle. Ich bin sicher, dass es Ihnen passt!“ bat Madeleine. „Doch, ich wünsche es.“ setzte sie hinzu, als ich abwehren wollte.
     
    Welche Frau kann bei so einem Angebot widerstehen. Rasch zog ich mich hinter dem Paravant um. Ich spürte ein wohliges Gefühl, als das Seidenkleid meine Haut streichelte. Dann trat ich vor meine Herrin.
     
    „Die Frisur muss noch etwas gerichtet werden und etwas von meinem Schmuck müssen Sie auch tragen, Danielle“, sagte Madeleine, nachdem sie mich eine Weile prüfend betrachtet hatte. Ich zuckte zusammen. Was sollten diese Worte bedeuten? Doch in Madeleines Blicken war zu erkennen, dass sie es ehrlich mit mir meinte.
     
    „Ich ... ich will mich rasch wieder umziehen.“ presste ich hervor. „Wenn Ihr Mann kommt und mich in diesem teuren Kleid sieht ...“ Meine Stimme klang ängstlich.
     
    „Im Gegenteil, Danielle. Sie behalten es so lange an, bis John kommt und Sie darin sieht!“ sagte Madeleine mit silberheller Stimme. „Und ich bin sicher, dass er mir dann meinen Wunsch nicht abschlagen wird. Und Sie, meine Liebe, werden mir doch auch helfen, oder?“
     
    „Wenn Sie sich bitte etwas deutlicher ausdrücken würden, Mrs. Astor.“ entgegnete ich verwirrt. Ich wusste wirklich nicht, worauf sie hinaus wollte.
     
    „Sie haben doch schon einige Male erlebt, dass mir das Kind unter meinem Herzen Mühsalen bereitet.“ Madeleines Stimme klang sanft. „Ich habe es eben oben an Deck in der frischen Luft schon kaum ausgehalten. Und mir graut davor, nachher in den Speisesaal zu gehen. Was gäbe es für einen Skandal, wenn mir dort unter all den feinen Leuten schlecht würde.“
     
    „Nicht auszudenken!“ nickte ich. Aber worauf Madeleine hinaus wollte, ahnte ich immer noch nicht.
     
    „Noch mehr habe ich Angst davor, anschließend den Rauchsalon zu betreten“, sagte Mrs. Astor leise. „Johnny ist zwar sehr rücksichtsvoll und verzichtet hier in der Kabine auf seine geliebte Havanna. Doch in der Gesellschaft geht es nicht. Wenn ich nur an den Rauchsalon denke, wird mir schon übel.“
     
    „Soll ich das Bullauge öffnen?“, fragte ich. Etwas Besseres fiel mir in diesem Moment nicht ein.
     
    „Ich möchte, dass Sie mich am Abend im Speisesaal und im Rauchsalon an Mister Astors Seite als Tischdame vertreten, Danielle!“, bat Madeleine mit fester Stimme. „Es genügt, wenn ich bei einer kurzen Promenade an Deck an der Seite meines Mannes gesehen werde. Den Speisesaal und den Rauchsalon halte ich nicht durch. Aber die Etikette verlangt, dass ein Mann vom Stande eines John Jacob Astor in Begleitung einer Gesellschaftsdame ist. Und ich bitte Sie, Danielle, diese Gesellschaftsdame zu sein.“
     
    Ich zuckte erschrocken
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