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Das Meer wird dein Leichentuch

Das Meer wird dein Leichentuch

Titel: Das Meer wird dein Leichentuch
Autoren: Melanie Maine
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Mädchen aus dem amerikanischen Westen geblieben und redete, wie ihr der Schnabel gewachsen war. Dass sie mit ihrer manchmal recht vulgären Ausdrucksweise die feine Gesellschaft schockte, machte dieser selbstbewussten Frau wenig aus.
     
    Das Abendessen bestand auf fünf Gängen. Die aufgetragenen Speisen waren exzellent und die Köche der Titanic hätten sicher in den ersten Feinschmecker-Restaurants von Paris eine Anstellung erhalten. Allein die zu Beginn gereichte cremige Suppe, herzhaft verfeinert mit Kräutern der Provence, war ein Gedicht.
     
    Und erst das Hauptmenü. Es gab verschiedene Sorten Fleisch mit pikant-würzigen Soßen, feines Gemüse, zart gebratenes Geflügel und auserlesenen Fisch. Der Tischwein war ein vollmundiger Bordeaux und hätte den verwöhntesten Kenner zufriedengestellt. Den Abschluss der Tafel bildete frisches Obst und verschiedenen Sorten von Käse mit zartem Toast.
     
    Ich gestehe, vorher niemals im Leben so vorzüglich gespeist zu haben. Ich musste mich wirklich beherrschen, das Essen in der hier gebotenen vornehmen Zurückhaltung zu mir zu nehmen. Aber ich wusste natürlich, was ich meiner Rolle schuldig war. Und aus den aufmunternden Seitenblicken Astors erkannte ich, dass er mit mir zufrieden war.
     
    Auch bei den Tischgesprächen konnte ich recht gut mithalten. Meine verstorbene Dienstherrin war vielseitig interessiert gewesen. Aber wegen ihrer schlechten Augen musste sie sich alles von mir vorlesen lassen. So war es mir gelungen, trotz meiner geringen Schulbildung ein umfangreiches Wissen zu erwerben. Jetzt während des Gesprächs konnte ich es gut gebrauchen.
     
    Und dann spürte ich den Blick in meinem Rücken. Ein eigenartiges, prickelndes Gefühl stieg in mir auf. Ich wusste, dass ich beobachtet wurde, ohne dass ich in dieser Situation die Chance hatte, mich umzudrehen. Denn der stets allein reisende Benjamin Guggenheim machte mir ein Kompliment nach dem Anderen. Ich las in seinem Blick, dass er meine Neugier auf ihn wecken wollte. Und er tat es mit einem so natürlichen Charme, dass ich in einer anderen Situation sicher schwach geworden wäre. Guggenheim machte trotz seines Alters einen jungenhaften Eindruck. Er trug keinen Bart und stellte für mich den typischen amerikanischen Yankee dar.
     
    Aus den Zeitungen wusste ich, dass der Milliardär zwar verheiratet war, es mit der ehelichen Treue aber nicht sonderlich genau nahm. In allen Städten Europas und der Neuen Welt hatte er seine Liebschaften.
     
    „Ich liebe niemals eine Frau vor dem Frühstück - weil mich nach dem Frühstück vielleicht eine andere fasziniert!“ waren seine Worte, mit denen der gutaussehende Exzentriker in Herrenkreisen zu prahlen pflegte. Das hätte noch gefehlt, dass ich diesem windigen Casanova auf dem Leim ging. Und wenn er zehnmal Milliardär war. Ich hatte auch meinen Stolz. Und als flüchtige Tagebuch-Eintragung Guggenheims wollte ich nicht enden.
     
    Aber dieser Blick hinter mir - der ließ andere Saiten in meinem Inneren erklingen. Und ich wusste ganz genau, wer mich da mit brennenden Augen beobachtete.
     
    Er war es. Der Mann, dem ein düsteres Geheimnis eine unheimliche Aura verlieh.
     
    Damian, Marquis de Armand. Auf keiner Passagierliste fand sich später sein Name. Doch er war mitten unter uns.
     
    Damian, Marquis de Armand. Der Mann, den ich liebte ...
     
                                                                                                      ***
     
    In der zwanglosen Atmosphäre des Rauchsalons fand sich endlich die Gelegenheit, John Jacob Astor auf Damian de Armand aufmerksam zu machen. Alles in diesem geräumigen Gesellschaftssaal war im vornehmsten Stil der Belle Epoque eingerichtet. Die schweren Polstermöbel waren mit kostbaren Stoffen in Brauntönen überzogen. Sie hoben sich von der dunklen Mahagoni-Täfelung der Wände ab. Alles war mit kunstvollen Schnitzarbeiten verziert.
     
    Der Salon war durch geschickt eingearbeitete Raumteiler so beschaffen, dass er trotz seiner Größe den Besuchern durch seine Winkel und Nischen ein großes Maß an Individualität und Geborgenheit garantierte. An mehreren Tischen wurde Bridge oder andere Kartenspiele gespielt. Die Summen der Einsätze, die genannt wurden, überstiegen bei Weitem das Geld, das ich in einem Jahr verdiente.
     
    Die Lampen an der Decke und an den Wänden tauchten die Szenerie in mildes Licht. Überall waren
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