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1426 - Ein Hauch von Hölle

1426 - Ein Hauch von Hölle

Titel: 1426 - Ein Hauch von Hölle
Autoren: Jason Dark
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Der Beamte, von dem er sich auf seine Art und Weise verabschiedet hatte, atmete sichtlich auf. Er war froh, Leo Ganero nicht mehr sehen zu müssen. Zuletzt hatte er das Gefühl gehabt, von einem Hauch von Hölle gestreift worden zu sein…
    Die Anstalt lag in einer recht einsamen Gegend. Ein wuchtiger Klotz, der für jeden bedrohlich wirkte, der sich ihm näherte. Wer als zukünftiger Insasse hier eintraf, der musste schon beim Anblick schlucken, denn hier kam man nur wieder raus, wenn es andere wollten oder die Strafe bis zur letzten Stunde abgesessen war.
    Leo Ganero nahm den Fußweg bis zur Straße. Er fühlte sich alles andere als überschwänglich. Die langen Jahre hinter den Gittern und Mauern hatten ihm Gefühle wie dieses geraubt. In seinem Innern gab es nichts als Kälte.
    Er war immer ein Einzelgänger gewesen. Auch im Knast hatte er in den langen Jahren kaum Kontakt mit irgendwelchen Mitgefangenen gehabt. Zu Beginn hatte er auf drastische Art und Weise bewiesen, wer hier das Sagen hatte und dass man ihn in Ruhe lassen sollte.
    Daran hatten sich alle gehalten. Selbst die härtesten Wärter hatten nur das Nötigste mit ihm gesprochen.
    Fünfzehn Jahre waren eine lange Zeit. Er hatte sie nicht verschlafen wie viele andere, sondern sich für alles interessiert, was in der Welt geschah. Er wollte nicht wie ein Idiot dastehen, wenn er wieder draußen war.
    Von seinem verdienten Geld hatte er sich auch neue Kleidung bestellt. Er wollte auf keinen Fall in seinen alten Klamotten auffallen.
    Früher hatte man die Hemden in der Hose getragen, heute hingen sie über den Hosenbund.
    Es war heiß geworden. Schon am frühen Morgen brannte die Sonne auf die Erde nieder. Deshalb hatte Ganero seine dünne Jacke auch in die Reisetasche gepackt, in der sich ansonsten nur seine persönlichen Dinge befanden. Unterwäsche und Kosmetikartikel.
    Leo erreichte die Hauptstraße. Er verengte die Augen etwas und schaute nach links und nach rechts. Es war eine Straße, die als graues Band einige Felder durchschnitt. Sie schien keinen Anfang und kein Ende zu haben und verlor sich in der flachen Weite.
    Der riesige Mähdrescher eines Bauern in der Ferne kam ihm klein wie ein Spielzeug vor. Die Gerste war reif und konnte geerntet werden. Wo die Maschine sich ihren Weg bahnte, schwebte eine Staubwolke in der Luft.
    Er wandte sich nach links.
    Fast alle gingen nach links, denn in der Richtung erreichte man nach ungefähr einem Kilometer eine Bushaltestelle. Zweimal am Tag hielt hier der Bus. Am Vormittag und am Nachmittag.
    Die Gefangenen wurden so entlassen, dass sie den ersten Bus bequem erreichen konnten. Das war auch bei Ganero der Fall. Er würde hingehen, sich in den Bus setzen und zur nächsten Bahnstation fahren. Von dort fuhren Züge in alle Himmelsrichtungen. Wohin er genau wollte, darüber hatte er sich noch keine konkreten Gedanken gemacht. Er wollte sich spontan entscheiden.
    Wahrscheinlich nach Norden, weil dort ein Mann lebte, dem er unbedingt einen Besuch abstatten wollte, und er würde ihm nicht als freundlicher Mensch gegenübertreten, das stand fest.
    Es gab keine Deckung auf der Straße und auch nicht auf den beiden schmalen Gehwegen, die von vertrocknetem Gras gesäumt wurden.
    Dieser Juli war ein verdammt heißer Monat, das hatte er auch in seiner Zelle gemerkt. Aber hier konnte er sich wenigstens bewegen.
    Seine Schritte waren noch immer elastisch und federnd. Dass er in Form blieb, dafür hatte er im Knast gesorgt.
    Ab und zu kam ihm ein Auto entgegen. Auch wurde er überholt.
    Die Wagentypen betrachtete er jeweils mit großem Interesse, denn er kannte sie bisher nur vom Bildschirm und aus den Zeitungen.
    Die Autos gefielen ihm, und für ihn stand fest, dass er sich so schnell wie möglich ein Fahrzeug besorgen würde. Innerlich hatte er sich bereits für einen Geländewagen entschieden. Die gefielen ihm am besten. Damals hatte es sie in dieser Vielfalt noch nicht gegeben.
    Aber alles der Reihe nach. Im Knast hatte er gelernt, dass man nur etwas erreichte, wenn man sich genügend Zeit ließ. Nur nichts überstürzen. Nachdenken, abwägen und abwarten. Nur so gelangte man ans Ziel.
    Ich bin in Form! Ich habe nichts vergessen! Ich werde mir alles zurückholen…
    Jahrelang hatte er sich auf diese Art und Weise fit gehalten und Mut gemacht. Er zählte jetzt zwar vierzig Jahre, war aber immer noch in Topform. Auf seinen gestählten Körper konnte er sich verlassen. Auch in der neuen Umgebung würde er sich zurechtfinden,
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