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Geteiltes Geheimnis

Geteiltes Geheimnis

Titel: Geteiltes Geheimnis
Autoren: L. Marie Adeline
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PROLOG
    Dauphine
    Ich lachte. Auf eine andere Idee wäre ich auch gar nicht gekommen.
    Das hier war wirklich. Er war tatsächlich hier. Und es kam mir wie die natürlichste Sache der Welt vor, dass ein gut aussehender Mann, der knietief im warmen Flusswasser stand, mich bat, mich für ihn auszuziehen. Die aufgerollten Hosenbeine seiner Jeans waren dunkel vom Wasser, das an seinen muskulösen Waden leckte, sein schlanker, nackter Oberkörper strahlte in der heißen Aprilsonne.
    Er streckte mir einen sonnengebräunten Arm entgegen. »Dauphine, akzeptierst du diesen Schritt?«
    Statt ihm sofort mit Ja zu antworten und ihn nass zu spritzen, wie ich es gern getan hätte, blieb ich regungslos am grasbewachsenen Ufer stehen. Ich trug ein altmodisches, grünes Sommerkleid, das ich über den Knien gekürzt hatte. Und jetzt bedauerte ich das. Es war sexy, nicht wie die Kleidung, die ich sonst trug. Sah ich darin nicht schrecklich aus? Was, wenn er mich nicht anziehend findet? Was, wenn man uns erwischt? Was, wenn ich nicht gut darin bin? Was, wenn ich ertrinke? Ich bin keine gute Schwimmerin. Eigentlich hatte ich mich sogar immer vor Wasser gefürchtet. Die Sumpfrosen und der pinkfarbene Hibiskus, der sich dem Flussufer entgegenneigte, verbargen uns gut. Dennoch war ich in meiner Angst gefangen. Kontrolle und Vertrauen, Vertrauen und Kontrolle. Meine beiden Dämonen, in ständigem Kampf miteinander.
    Warum jetzt? Hatte ich die Schule nicht erfolgreich hinter mich gebracht? Hatte ich nicht ein erfolgreiches Secondhand-Geschäft eröffnet, in dem ich Retro-Kleidung verkaufte – und das noch vor meinem Collegeabschluss? Hatte ich nicht sogar Rezession und Hurrikans überstanden, wobei ich meinen kleinen Laden mit dem Ingrimm eines Kriegshelden, der seinen verwundeten Kameraden rettet, hinter mir hergeschliffen hatte? All das hatte ich getan, und mehr noch. Aber es erforderte Disziplin und Kontrolle. Ich musste stets die Zügel in der Hand halten.
    Wenn ich die Einladung dieses unwiderstehlichen Fremden annahm und zu ihm ins rauschende Wasser stieg, bedeutete das, dass ich meinem Leben eine neue Wendung gab. Es bedeutete, dass ich eine komplett andere Welt betrat. Eine Welt voller Spontaneität und Risiko, voller Verlangen und möglicher Enttäuschung. Es bedeutete, die Kontrolle aufzugeben und zu lernen zu vertrauen. Doch trotz meines draufgängerischen Verhaltens an jenem Tag im Kutschenhaus war ich plötzlich nicht mehr bereit, abzuwarten, wie die Dinge sich entwickeln würden.
    Aber verdammt, dieser Mann war dermaßen attraktiv … und viel größer als ich. Was bei meinen 1,53 Meter allerdings keine große Kunst war. Er hatte lächelnde Augen, einen exorbitant guten Körper und zerzaustes braunes Haar, das in der Sonne kupferfarben aufleuchtete. Ich konnte nicht erkennen, ob seine Augen grün oder blau waren, aber er wandte sie keine Sekunde von mir ab. Die Sonne schien immer heißer auf uns herab, sodass mein eigenes Haar mir wie ein langer, schwerer Schleier vorkam. Ich streifte meine Sandalen ab. Das Gras unter meinen Füßen war kühl. Vielleicht sollte ich ins Wasser waten. Langsam anfangen.
    »Akzeptierst du diesen Schritt? Ich kann nur noch ein einziges Mal fragen«, sagte er. Ungeduld schwang in seiner Stimme mit.
    Jetzt. Geh hin zu ihm. Du musst. Ich merkte, wie meine Hände nach oben zu meinen Schultern und an den Trägern des Kleides entlangwanderten. Meine Finger hielten an dem Knoten, der sie im Nacken zusammenhielt, inne. Dann schienen sie plötzlich ein Eigenleben zu führen, und die Träger fielen schlaff herunter. Ich schälte mich aus dem Oberteil. Barbusig stand ich nun da. Schnell senkte ich meinen Blick. Ich musste mich beeilen, damit der Schrecken mich nicht einholte. Was, wenn er meinen Körper enttäuschend findet? Was, wenn ich gar nicht sein Typ bin? Hör auf zu denken. Handele. Ich löste den Reißverschluss am Rücken des Kleides und ließ es ins Gras gleiten. Dann schob ich mein Höschen herunter und richtete mich wieder auf, nun völlig nackt, bis auf die goldene Kette an meinem Handgelenk.
    »Das fasse ich als Ja auf«, stellte er fest. »Komm herein, meine Schöne. Das Wasser ist ganz warm.«
    Mein Herz klopfte bis zum Hals. So ruhig wie möglich ging ich auf das Wasser zu. Ich bewegte mich ganz vorsichtig. Ich tauchte einen Zeh in den Fluss: Das Wasser war wirklich wärmer, als ich erwartet hatte. Ich setzte den ganzen Fuß in die sanfte Strömung, dann ging ich langsam über die flachen,
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