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Das Meer wird dein Leichentuch

Das Meer wird dein Leichentuch

Titel: Das Meer wird dein Leichentuch
Autoren: Melanie Maine
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klammerte mich an ihn.
     
    „Ja, Liebes?“
     
    „Ist das jetzt das Ende?“
     
    „Es ist der Anfang!“
     
    „Ich liebe dich!“ stieß ich hervor. Aber mein Herz krampfte sich vor Angst zusammen, wenn ich daran dachte, diese Welt nun für immer verlassen zu müssen.
     
    „Aber du liebst auch das Leben, Danielle. Ich weiß es ganz genau.“ Damian streichelte mein Haar. „Und du darfst mir nur dann folgen, wenn du den Tod mehr liebst als das Leben.“
     
    „Wenn es doch nur erst vorbei wäre.“
     
    „Die Ewigkeit ist niemals vorbei, Danielle. Wir kommen von ihr und wir gehen in sie ein, wenn unsere Zeit gekommen ist.“
     
    „Küss mich, Damian. Küss mich und lass mich an diesem Kuss ertrinken.“ stammelte ich. „Ich bin deine Braut. Deine Braut auf ewig. Treu dir, bis zum Tode ...!“
     
    Langsam beugte sich Damian zu mir herab. Noch einmal sah ich seine melancholischen Augen und spürte seine Lippen. Doch die Angst in mir vor dem Ende im eisigen Wasser überwog die Gefühle der Liebe, die mich an Damian fesselten.
     
    Langsam schob mich Damian zurück.
     
    „Ja, Danielle. Du wirst mir treu sein. Dein ganzes Leben lang.“ sagte er dann mit milder Stimme. „Doch noch bist du nicht bereit. Ich spüre es im Schlagen deines Herzens, dass noch viele Jahre vergehen müssen, bis du freudig den Weg mit mir gehst.“
     
    „Aber es ist keine Rettung mehr“, stammelte ich.
     
    „Du bist meine Braut, Danielle. Wir haben uns einander versprochen. Aber da deine Seele noch nicht bereit ist, wirst du weiter leben.“
     
    „Wie kann ich das ohne dich, Damian?“
     
    „Du wirst noch viele Jahre unter dem Licht der Sonne wandeln und an mich denken. Und ich werde warten bis zu dem Tage, wo du mich endlich herbeisehnst. Dann werde ich kommen und mit dir vereint sein.“
     
    „Damian, bitte ...!“
     
    „Ich danke dir für diese Liebe, Danielle. Die Liebe, die wie das Funkeln eines hellen Sterns im Nachtdunkel meines fürchterlichen Auftrags ist. Aber ich bin, was ich bin. Du bist das Leben - und ich - bin der Tod!“
     
    „Damian!“, schrie ich. Doch er gab mir keine Antwort mehr.
     
    Ich spürte, dass er mich mit sanfter Gewalt von mir stieß,
     
    Nun war Damian de Armand nur noch er selbst.
     
    Der Tod.
     
    Unsichtbar hob er die Sense für den letzten, großen Schnitt.
     
    Eben glitten die letzten Sandkörner durch die Lebensuhr der Titanic.
     
    Der letzte Akt des Dramas hatte begonnen ...
     
                                                                                        ***
     
    Ich klammerte mich an das Geländer hinter mir, als das Schiff jetzt rasch in die Höhe stieg. Brüllend und schreiend glitten die Menschen, die keinen festen Halt hatten, über die Decks-Planken nach unten und verschwanden im gurgelnden Wasser.
     
    Ohrenbetäubendes Rumoren drang von unten her aus dem Schiff, als sich die gewaltigen Kessel aus ihren Halterungen lösten und ins Vorschiff stürzten. Der erste Schornstein kippte nach vorn weg. Myriaden rotglühender Funken sprühten an den nächtlichen Himmel.
     
    Damians Gestalt schwebte über dem Inferno. In seiner Rechten hielt er den Blauen Diamanten empor. Das Funkeln des Steins umfloss seine Gestalt als bläuliche Aura. Dann warf Damian den Schicksalsstein mit mächtigem Schwung ins aufrauschende Meer.
     
    Im gleichen Augenblick explodierten die Kessel des Schiffs. Die Titanic brach förmlich auseinander. Und während der Bug bereits seine Reise in die Tiefe begann, stellte sich das Heck, von der Luft im Inneren noch für die Zeit eines Sterbegebetes gehalten, steil in die Luft.
     
    Ich kreischte, als ich den Boden unter meinen Füßen verlor. Meine Hände verkrallten sich im Geländer, das jetzt über mir war. Meine Beine pendelten in der Luft und unter mir schien das Wasser des Atlantiks zu kochen.
     
    „Auf Wiedersehen, Danielle“, flüsterte Damians Stimme in mein Ohr. Und ich spürte, wie er meinen Körper umschlang. Er schwebte im Nichts über der Tiefe, die den Rest des Schiffes in wenigen Herzschlägen verschlingen sollte.
     
    „Nein, Damian. Mit dir ...!“Stieß ich hervor. „Ich liebe dich.“
     
    Er verschloss meinen Mund mit einem letzten Kuss.
     
    Und mit diesem Kuss fuhren wir mit der Titanic hinab in die eisige Tiefe.
     
    Gurgelnd schloss sich über uns das Wasser ...
     
                               
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