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Titan 13

Titan 13

Titel: Titan 13
Autoren: Ben Bova , Wolfgang Jeschke
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Überall ist die Erde
    (EARTHMAN, COME HOME)
     
JAMES BLISH
     
     
1
     
     
    Die Stadt verharrte in der Luft, schwebte auf der Stelle und senkte sich dann lautlos durch die Dunkelheit des frühen Morgens auf die weite Heidefläche, die die Büttel der Stadt ihr als Landestelle zugewiesen hatten. Um diese Tageszeit berührte der äußerste Rand der nebelhaften Fläche aus Diamanten, die die Große Magellan’sche Wolke war, den westlichen Horizont; die ganze Wolke bedeckte fast 35° des Himmels. Die Wolke würde um 5.12 Uhr aufgehen, um 6.00 Uhr würde der näherliegende Rand der Heimatgalaxis aufgehen, aber im Sommer ging die Sonne früher auf und würde sie verdecken.
    Bürgermeister Amalfi war das nur recht. Die Tatsache, daß am Nachthimmel monatelang von der Heimatgalaxis nicht viel zu sehen sein würde, war einer der Gründe, weshalb er sich diesen Planeten ausgesucht hatte, um sich auf ihm niederzulassen. Die Lage der Stadt war schon schwierig genug, und er legte nicht den geringsten Wert darauf, daß noch Heimweh, zu allem Überfluß Heimweh, das nicht befriedigt werden konnte, hinzukam und sie komplizierte.
    Die Stadt setzte auf, und das letzte Summen der Spindizzies verstummte. Weit unter sich hörte er ein schnell lauter werdendes, aber weniger gleichmäßiges Summen menschlicher Aktivität und dann das Brummen und Klirren schwerer Geräte, die sich in Bewegung setzten. Das Geologen-Team vergeudete wie üblich keine Minute.
    Amalfi freilich hatte noch gar keine Lust, hinunterzugehen. Er blieb auf dem Balkon des Rathauses stehen und blickte auf den dicht mit Sternen übersäten Nachthimmel. Die Sternendichte hier in der Großen Magellan’schen Wolke war sehr hoch, selbst außerhalb des Sternhaufens – die Abstände zwischen den Sternen betrugen hier höchstens Lichtmonate, nicht Lichtjahre. Selbst wenn es sich als unmöglich erweisen sollte, die Stadt wieder flottzubekommen – und das war durchaus möglich, wenn man bedachte, daß der Spindizzy der Sechzigsten Straße gerade der Maschine der Dreiundzwanzigsten Straße auf den Schrottplatz gefolgt war –, sollte es möglich sein, hier den interstellaren Handel vermittels Raumschiffen in Gang zu bringen. Wenn man die übriggebliebenen Antriebsmaschinen der Stadt abmontierte und sie einzeln in Schiffsrümpfe einbaute, so würde das durchaus ausreichen, sozusagen als Kern einer respektablen kleineren Flotte.
    Natürlich würde das nicht mehr das gleiche sein, wie es die früheren langen Fahrten zwischen den verschiedenen, weit verstreuten Zivilisationen der Milchstraße gewesen waren, aber eine Art Handel würde es auch sein, und Handel war für die Okies ebenso wichtig wie Sauerstoff.
    Er blickte nach unten. Im hellen Sternenlicht konnte man sehen, daß die verbrannte Heide bis zum westlichen Horizont reichte; im Osten hörte sie nach etwa einem Kilometer auf, und an ihre Stelle trat Land, das in winzige, regelmäßige Quadrate parzelliert war. Ob nun jedes dieser winzigen Felder auch eine einzelne Farm darstellte, konnte er nicht sagen, aber er hatte da so einen Verdacht. Die Sprache, derer sich die Büttel bedient hatten, als sie der Stadt die Landeerlaubnis erteilten, hatte recht feudale Töne gehabt.
    Vor seinen Augen entstand jetzt das schwarze Skelett einer hoch gebauten Struktur, die die Stadt und die östliche Heidefläche miteinander verband. Das Geologen-Team hatte bereits seinen Kran aufgebaut. Jetzt summte das Telefon am Balkongeländer, und Amalfi nahm ab.
    »Boß, wir fangen jetzt an zu bohren«, teilte die Stimme von Mark Hazleton, des Stadtdirektors, mit. »Kommen Sie runter?«
    »Ja. Was ist denn bei den Echolotungen herausgekommen?«
    »Nichts, was zu besonderer Hoffnung berechtigt, aber wir werden es bald genau wissen. Das sieht mir hier wie Ölland aus, muß ich sagen.«
    »Wäre nicht das erste Mal, daß wir uns täuschen«, brummte Amalfi. »Fangen Sie mit dem Bohren an. Ich komme gleich.«
    Er hatte kaum den Hörer aufgelegt, als das durchdringende Dröhnen des Molekularbohrers das Schweigen der Sommernacht störte und bösartig von den Gebäuden der Stadt widerhallte. Das war mit hoher Wahrscheinlichkeit das erste Mal, daß irgendein Planet in der Großen Magellan’schen Wolke den Protest in sich zusammenbrechender Moleküle gehört hatte, obwohl diese Technik in der Milchstraße bereits seit einem Jahrhundert als veraltet galt.
    Amalfi wurde unterwegs zweimal aufgehalten, also dämmerte es bereits, als er auf dem Feld eintraf.
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