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Das Meer wird dein Leichentuch

Das Meer wird dein Leichentuch

Titel: Das Meer wird dein Leichentuch
Autoren: Melanie Maine
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ertrinken? War ich die Erste an Bord, die der Tod umarmte? Ja, ich war die Braut des Todes. Ich hatte mich zu seiner Braut erklärt. Aber in meiner inneren Vorstellung hatte ich mir ein sanftes Versinken an Damians Seite gewünscht. Und jetzt sollte ich hier alleine auf eine schreckliche Art umkommen?
     
    Schon trieben die ersten Kisten und Gepäckstücke auf dem Wasser heran. Auf einer der Kisten lag ein mächtiger Hammer. Ich hatte Glück, dass sie der Wirbel direkt auf mich zu trieb.
     
    Mit beiden Händen griff ich den Hammer und schlug in wahnsinniger Angst gegen die eiserne Tür. Durch das Gurgeln des Wassers hörte ich, wie der Schlüssel gedreht wurde. Und dann schwang die Tür auf.
     
    Der Wasserschwall warf mich meinem Retter genau in die Arme. Und sofort strömte die tödliche Flut auf das neu eroberte Terrain.
     
    „Die Post. Wir müssen die Post retten.“ rief der Mann, der mir die Tür geöffnet hatte, seinen Gefährten zu, ohne auf meinen Dank zu achten. Und ohne sich der Gefahr bewusst zu werden, riss er die Postsäcke mit den Einschreibebriefen aus den Regalen und beförderte sie zur Treppe, die hinausführte.
     
    Niemand beachtete mich, als ich mich die Treppe hinauf stahl. Die armen, pflichtgetreuen Narren wussten nicht, dass sie verloren waren. Der kalte Tod wogte heran und sie konnten seinen nassen Armen nicht entkommen.
     
    Die Post mochten die Fische lesen ...
     
                                                                                                      ***
     
    Niemand beachtete mich, als ich durch das Treppenhaus nach oben stieg. Das milde Licht des mächtigen Kronleuchters unter der Glaskuppel zeigte mir die Schönheit und Eleganz dieses Raumes noch einmal in all seiner Pracht. Für einen Augenblick ließ ich mich erschöpft in einen der weichen, mit rotem Plüsch gepolsterten Sessel fallen. Das Treppensteigen über sechs Etagen bis zur Ersten Klasse war sehr anstrengend gewesen.
     
    Aus den Gesprächen der Leute, die vom Ballsaal kamen und ihre Kabinen aufsuchen wollten hörte ich, dass niemand die Kollision mit dem Eisberg richtig wahrgenommen hatte. Einige von ihnen berichteten jedoch aufgeregt, dass sie einen Eisberg auf dem Meer treiben gesehen hatten.
     
    Auch Kapitän Smith, der aufgeregt gestikulierend mit Thomas Andrews vorbei ging, schien sich nicht für mich zu interessieren. Mr. Andrews war der Konstrukteur der Titanic und stets mit einem Notizbuch unterwegs, um festgestellte Mängel bei der ersten Fahrt aufzuschreiben. Diese Katastrophe hatte er bestimmt nicht einkalkuliert.
     
    Ich wollte aufspringen und den beiden Männern von dem Wassereinbruch im Bug erzählen. Doch aus ihrem aufgeregten Gespräch konnte ich entnehmen, dass sie bereits wussten, dass die Titanic verloren war.
     
    „Unsinkbar wäre das Schiff, wenn die wasserdichten Schottwände bis zum Oberdeck durchgeführt worden wären.“ hörte ich die Worte von Thomas Andrews. „Niemand konnte ein Leck von einem Drittel der Schiffslänge voraussehen.
     
    Wären nur vier der Schott-Kammern aufgerissen worden, wäre das Schiff weiter schwimmfähig. Das Gewicht vom Heck her hätte einen Ausgleich gegeben. Nun sind jedoch fünf der vorderen Kammern beschädigt. Das Wasser wird bis zum oberen Ende der wasserdichten Schottwände steigen und dann nach hinten in die anderen Kammern überlaufen. Und so kann es immer weiter ins Schiff eindringen, bis es vollgelaufen ist. In etwas mehr als zwei Stunden werden wir die Schiffsschrauben der Titanic aus dem Wasser ragen sehen, Sir.“
     
    „Und Sie sind sich ihrer Sache sicher?“
     
    „Vollständig, Kapitän. Die Titanic ist verloren.“
     
    „Soll ich die Rettungsboote klar machen lassen?“, fragte der Kapitän knapp.
     
    „Damit sollten Sie sofort beginnen.“ nickte Andrews. „Lassen Sie verbreiten, dass es sich um ein Bootsmanöver handelt. Die Wahrheit darf auf gar keinen Fall durchsickern. Sonst entsteht eine Panik. Sie wissen, dass die Rettungsboote nicht einmal für die Hälfte aller Menschen an Bord ausreichen.“
     
    „Ich werde meinen Offizieren klare Anweisungen geben und die Boote sofort besetzen lassen, Mr. Andrews. Frauen und Kinder selbstverständlich zuerst.“ brummte Kapitän Smith. „Und nun ...Gott befohlen!“
     
    „Gott befohlen“, hörte ich Thomas Andrews flüstern. „Ja, in seine Hände befehle ich meine Seele. Denn ich werde die
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