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Das Meer wird dein Leichentuch

Das Meer wird dein Leichentuch

Titel: Das Meer wird dein Leichentuch
Autoren: Melanie Maine
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Impressum
     
    Das Meer wird dein Leichentuch
     
     
    Verlag:
    Mondschein Corona
    Teckstrasse. 26
    73207 Plochingen
    Herausgeber: Finisia Moschiano und Michael Kruschina
    www.mondschein-corona-verlag.webnode.com
     
     
     
     
    Covergestaltung
Finisia Moschiano
    www.kunstfabrik-2013.webnode.com
     
     
    ©Rechte vom Text liegen bei „Melanie Maine“
     
    &
     
    ©Mondschein Corona Verlag
    Alle Rechte vorbehalten
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Ich bin die Frau, die den Tod liebte.
     
    Ich liebte ihn, den Gnadenlosen. Den schwarzen Nehmer des Lebens, der den Reichen wie den Armen mit seiner Knochenhand ergreift und den Sünder wie den Heiligen ins Jenseits führt.
     
    Meine Augen haben ihn gesehen. Meine Hände haben ihn berührt. Und meine Lippen haben ihn geküsst.
     
    Denn der Tod war in eigener Person mitten unter uns Menschen - auf der Titanic.
     
    In Büchern habe ich gelesen, dass es auch andere Menschen gibt, die wie ich den Tod mit eigenen Augen gesehen haben. Sie sahen ihn auf den Schlachtfeldern von Waterloo tanzen, im Stahlgewitter von Verdun umher wandeln und über das Totenfeld von Stalingrad schreiten. Immer dort, wo er reiche Ernte hält, erscheint der Tod in eigener Person. Und wer ihn erblickt, wird die unheimliche Schreckensgestalt niemals in seinem Leben vergessen.
     
    Und mir begegnete der Tod an Bord der Titanic, als sie zu ihrer ersten Fahrt aufbrach, die zugleich ihre Letzte werden sollte. In menschlicher Gestalt bewegte sich der Gnadenlose zwischen den Todgeweihten an Bord des Märchenschiffes. Die Menschen von heute tun es als Legende ab, dass der Tod selbst an Bord der Titanic war. Doch ich, Danielle Bidois, kann bestätigen, dass diese Legende wahr ist.
     
    Ich habe den Tod kennengelernt. Er verbarg sich in der Gestalt eines charmanten und faszinierenden Mannes, zu dem sich jede Frau hingezogen fühlt. Eine düster wirkende Gestalt von geheimnisumwitterten Äußeren und melancholischen Augen, die wie die Sterne der Ewigkeit glänzen.
     
    Ja, ich kannte ihn. Und ich liebte ihn. Auch, wenn es der Tod war. Er sah aus wie der Inbegriff der Männlichkeit und war doch von seiner ganzen Art her so zärtlich und gefühlvoll, wie es sich eine Frau von einem Mann ersehnt und erhofft - und doch so selten findet.
     
    Ich stehe an der Schwelle des Grabes. Bald wird man meinen müden, vom Alter gezeichneten Körper unter dem grünen Rasen zum ewigen Schlaf betteten. Doch vorher will ich hier und jetzt Dinge niederschreiben, die ich bis heute noch keinem Menschen zu erzählen wagte. Ihr solltet alles erfahren von den Dingen, die damals geschehen sind. Denn euch allen ist es ohne Ausnahme dereinst bestimmt, den dunklen Gast Willkommen zu heißen.
    Schon bei der Geburt eines Menschen steht der Tod über der Wiege, um seine Anrechte anzumelden. Und am letzten Tage, den ihm sein Schöpfer bestimmt hat. Begegnet ihm der Mensch ein zweites Mal.
     
    Doch ich, Danielle Bidois, habe den Tod in der Blüte meiner Jugend kennengelernt. Einige Tage wandelte er in menschlicher Gestalt zwischen all den Unglücklichen, über die das gnadenlose Schicksal bereits den Stab gebrochen hatte. Seine Augen hatten keine Träne, als die Menschen im eisigen Wasser starben. Doch ich spürte, dass seine Seele weinte. Aber er musste die Pflicht erfüllen, die ihm der Ewige vom Anbeginn der Zeit gestellt hatte. Und er nahm die Toten der Titanic mit sich an einen Ort, wo Furcht und aller Kummer enden und ewiges Vergessen herrscht.
     
    Nein, es ist keine Legende, die sich die Überlebenden jener Schreckensnacht am 15. April des Jahres 1912 erzählten. Der gnadenlose Schnitter begleitete die erste und letzte Fahrt der „Titanic“.
                 
    Und ich, Danielle Bidois, wurde auf dieser Fahrt die Geliebte des Todes. Und so will ich erzählen von der letzten Fahrt der Titanic und von der Schreckensnacht, in der die Königin der Ozeane unterging. Und auch von den Menschen, die sie auf ihrer letzten Fahrt zum Meeresgrund begleiteten, will ich berichten. Das Meer ist ihr Leichentuch. Und die Wellen des Atlantiks murmeln ihre Totengebete.
     
    Ich habe John Jacob Astor gekannt, der trotz seines Reichtums an Bord der Titanic blieb, um zu sterben. Denn der Fluch des Blauen Diamanten wurde sein Schicksal. Friede seiner Seele, die zwischen Habgier und der Sehnsucht nach wahrer Liebe schwankte. Erst im Angesicht des Todes fand er die letzte Erfüllung.
     
    Bevor ich sterbe, sollt
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