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Das Meer wird dein Leichentuch

Das Meer wird dein Leichentuch

Titel: Das Meer wird dein Leichentuch
Autoren: Melanie Maine
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Sogar warmes Wasser wurde in die Luxus-Suiten geleitet. Außerdem gab es für die Räumlichkeiten der Astors ein kleines, extra abgesperrtes Promenaden-Deck, das zu ihrer persönlichen Verfügung stand.
     
    Die Garderobe Mister Astors hatte Andrew Hopkins schon in den eingebauten Schränken verstaut. Die Kleider Madeleines waren sorgfältig auf das breite Doppelbett ausgebreitet. Ein kunstvoll geschnitzter Baldachin aus dunklem Mahagoni und burgunderrotem Samtstoff ließen dieses Bett für einen König würdig erscheinen.
     
    „Ich habe mir erlaubt Mrs. Astors Garderobe hier auszulegen, damit die Stewards die mächtigen Koffer abtransportieren konnten“, erklärte Astors Diener. „Leider musste ich dabei in Ihre Kompetenzen eingreifen, Miss Bidois. Aber was glauben Sie, wie der Colonel aus der Haut gefahren wäre, wenn ihm bei seinem Eintritt die großen Überseekoffer im Wege gestanden hätten?“
     
    „Ich will lieber nicht versuchen, mir das vorzustellen!“, piepste ich kleinlaut und begann, die Kleider Madeleines hastig in einen der Schränke zu hängen.
     
    „Vergessen Sie niemals, dass der Colonel so reich wie ein König ist. Und deshalb will er auch wie ein König behandelt werden.“ Die Stimme von Andrew Hopkins klang warnend. „Mrs. Madeleine ist Ihnen gegenüber sicher sehr nachsichtig. Sie kommt aus der unteren Gesellschaftsschicht Amerikas. Und sie findet sich nur schwer ein in ihre Rolle innerhalb der Geldaristokratie. Aber unser Herr ist in der kalten Pracht eines palastartigen Hauses groß geworden. Und von frühster Jugend auf ist er daran gewöhnt, dass bei der Dienerschaft sein Wille Gesetz ist. Der Colonel erwartet von den Leuten, die ihm dienen, dass sie jede seiner Anweisungen wie die Befehle eines Gottes befolgen.“
     
    Andrew Hopkins redete noch eine Weile auf mich ein. Aber ich hatte jetzt genug zu tun, Madeleines Kleider und Hüte zu verstauen. Schließlich meldete ein Steward, dass Mister Astor seinen Diener an Deck zu sehen wünsche. Und er möge die Havannas nicht vergessen. Rasch hatte Hopkins die teuren Zigarren aus einer Schublade gekramt und beeilte sich, zu seinem Herrn zu kommen.
     
    Es war ein wundervolles Abendkleid aus weißer Seide, das ich jetzt in meinen Händen hielt. Die kostbaren Stickereien und die aufgenähten Perlen entzückten mich. Ich konnte nicht anders. Ich musste vor den Spiegel treten und diesen Traum von einem Kleid einmal an meinen Körper halten.
     
    In meiner normalen Kleidung sah stets aus wie eine kleine graue Maus. Aber mit diesem Kleid glich ich einer der Damen aus den ersten Salons von Paris. Schon während ich mir dieses Kleid anhielt, erkannte ich, wie es mir einen Hauch von Grazie verlieh. Ein Flair von Eleganz, den ich vorher niemals an mir bemerkte, wenn ich sonst in einen Spiegel sah.
     
    „Mein Gott, wie schön Sie sind, Danielle!“ Eine mir wohlbekannte Stimme ließ mich zusammenzucken. Schuldbewusst ließ ich das Kleid sinken und versuchte es hastig zusammenzulegen. Denn ohne mich umzudrehen, hatte ich im Spiegel hinter mir Madeleine Astor erkannt.
     
    Sie hatte die Kabine völlig geräuschlos betreten. Der Himmel mochte wissen, wie lange sie mich schon beobachtet hatte. Madeleine Astor war eine natürliche Schönheit Sie hatte wundervolle, braunschwarze Haare, die sie meist nach oben aufgesteckt trug. In ihren dunklen Augen lag der Stolz der amerikanischen Südstaaten. Ihr hübscher Mund verstand zauberhaft und doch geheimnisvoll zu lächeln. Wenn Madeleine Astor redete, klang es wie eine Melodie. Ihre Haut war etwas zu blass und der sonst gertenschlanke Leib war jetzt durch die fortgeschrittene Schwangerschaft angeschwollen.
     
    Als sie J.J. Astor heiratete zählte Madeleine achtzehn Jahre. Dass ihr Ehemann bereits siebenundvierzig Jahre alt war, hat sie niemals gestört. Sie erwartete ein Kind von ihm und das war der Grund für ihre Rückreise in die Staaten. Das Kind sollte in den USA geboren werden. Doch es war John Jacob Astor nicht bestimmt, den Sohn zu sehen, den ihm Madeleine schenken würde.
     
    Die junge Madeleine Talmadge Force wurde Astors zweite Frau, nachdem seine Ehe mit Alva Astor geschieden worden war. Man hat mir diese erste Frau Astors als kalt, herzlos, egozentrisch und verschwenderisch geschildert. Alle fürchteten ihre böse Zunge, am meisten Mister Astor selbst. Sie stritten sich sogar in der Öffentlichkeit, was immer wieder für Skandale sorgte. So war es kein Wunder, dass Astor nach zwanzigjähriger
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