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Das Mädchen und der Schwarze Tod

Das Mädchen und der Schwarze Tod

Titel: Das Mädchen und der Schwarze Tod
Autoren: Lena Falkenhagen
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mit der Hand ab, strich sich dann eine weißblonde Strähne aus dem Gesicht und nickte zum Abschied. »Nicht nötig, dass Ihr Euch um eine Antwort bemüht, Jungfer«, meinte sie schnippisch. Dann verzog sie scheinbar sorgenvoll das Gesicht. »Ich mache mir nur Sorgen um Euren Herrn Vater. Wenn der erfährt, wie Ihr den Männern nachschaut, trifft ihn sicher der Schlag.«
    Betroffen schwieg Marike, während ihr Blick zum Fenster der Dornse direkt neben ihren Köpfen ging. »Er … ich …«, begann sie, doch Catharine von Calven zog schon weiter, auf dem Gesicht ein triumphierendes Lächeln. So viel Boshaftigkeit machte Marike ganz sprachlos. Sie erinnerte sich nicht, der Jungfer von Calven etwas getan zu haben, dass die so mit ihr sprach. Wenn ihr doch nur im richtigen Augenblick eine schlagfertige Erwiderung eingefallen wäre! Sie schüttelte den hochroten Kopf, als sie sah, dass Meister Notke noch herübersah – auf seinen Lippen lag ein mitfühlendes Lächeln.
    Marike verdrehte sichtbar die Augen, um ihm zu bedeuten, wie ärgerlich die Begegnung gewesen war. Sie wünschte nur, ihre helle Haut würde nicht immer so schnell erglühen! Doch der Maler zuckte nur mit den Schultern und breitete ergeben die Arme aus, als wolle er sagen, dass manche Leute sich wohl niemals ändern werden. Dann zog er einen großen flachen Stein aus einem Beutel und lief ein paar Schritte, um einen zweiten von der Straße zu sammeln. Er begann konzentriert, den einen Stein mit dem anderen zu bearbeiten, doch so sehr Marike sich auch bemühte, sie konnte nicht erkennen, was er tat. Es dauerte ein kleines Weilchen, bis der junge Mann fertig war und andeutete, Marike möge das Fenster freigeben. Die tat wie geheißen, und bald schon klackerte der flache Stein durch die Fensteröffnung in die Diele. Alheyd blickte weiter hinten irritiert auf, doch Marike winkte ab und suchte den Fußboden aus Kopfsteinen ab. »Es ist nichts, Alheyd!«, rief sie singend.
    Als sie den flachen Stein fand, sah sie darauf eine kleine Zeichnung, die der Maler mit einem spitzen Feuerstein angefertigt hatte. Sie drehte das Bild in der Hand, bis es zu ihr wies, und hätte beinahe laut aufgelacht. Der flache Stein trug ein grobes Bild Catharine von Calvens, soweit es eben auf den Stein passte. Das Kleid und ihre affektierte Pose waren angedeutet, nur der Kopf war nicht der ihre, sondern zeigte das Gesicht einer Füchsin mit langer, hechelnder Zunge.
    Marike war eigentlich kein Freund von Schadenfreude, doch Catharine ließ sie ihre Abneigung stets so deutlich spüren. Ein wenig Beistand tat da ihrer Seele wohl. Die Kaufmannstochter spürte, wie ihr Herz schneller schlug, und neigte das Haupt zu einem dankbaren Gruß. Der Maler verbeugte sich bescheiden. Dann trat er zögernd einen Schritt näher. Obwohl es sich nicht ziemte, ohne Begleitung mit einem fremden Mann zu sprechen, sah Marike sich um, ob auch niemand schaute. Dabei war eigentlich nichts dabei – Alheyd war ja in der Nähe, und niemand könnte behaupten, sie habe sich unschicklich verhalten.
    In diesem Augenblick öffnete sich die Tür der Dornse neben der Eingangstüre. Marike drehte sich erschrocken um, doch es war nur Pater Martin. Der drahtige Mann, dessen weißes Haar ihm wie üblich wirr in die Stirn hing, trat heraus und begrüßte Marike strahlend. Sie nickte freundlich zurück, auch wenn sie wünschte, er hätte noch ein paar Augenblicke länger bei ihrem Vater verbracht. Als sie auf die Straße zurücksah, war der Maler schon wieder unterwegs, die Straße hinauf. Vielleicht sah sie ihn ja schon bald wieder, auf der Bursprake morgen, oder in der Messe am Sonntag? Marike seufzte innerlich und wandte sich vom Fenster ab.
    »Gibt es da draußen etwas, Marike?« Pater Martin war ein bereits recht betagter Priester und beäugte die Welt mit stets interessiert funkelnden Augen hinter seiner riesigen Schlitzbügelbrille, die mehr schlecht als recht auf der Nase hielt. Seinen Zügen unter dem schütteren weißen Haar konnte man entnehmen, dass das Leben den schmalen Mann bereits gebeutelt hatte, aber auch, dass er viel und gerne lächelte. Pater Martin war einer der rastlosesten Männer, die Marike kannte – stets in Bewegung, stets mit Nachdruck und mit ganzer Kraft bei dem, was er tat, niemals ermüdet. Nur im Gebet, wo er seine sonst nach vorne strebende Energie ganz in seine helle Stimme und die Anbetung des Herrn legte, sah man ihn ruhig und in sich gekehrt.
    »Nein, Pater«, erwiderte Marike, den
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