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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)
Autoren: Oliver Plaschka
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Banneisen gehört, der in den östlichen Provinzen für Unruhe sorgte und sich öffentlich als mein Sohn bezeichnete?«
    »Ich … habe davon gehört«, murmelte Janner. »Aber das muss eine andere Geschichte gewesen sein, denn wie gesagt, ich habe dieses Schwert von Lucius Vargo erhalten und die letzten Jahre nicht viel damit angefangen.«
    »So muss es wohl sein«, sagte Tausenddorn und klopfte ihm abermals auf die Schulter. »Ist ja auch ein recht häufiger Name. Wisst Ihr, das ist genau, was ich an den Leuten so schätze: nicht, dass sie große Schwertkämpfer sind oder Wunder vollbringen … oder weiß der Kuckuck was sie sonst noch von sich, von mir oder der Welt erwarten. Sondern ihre Fähigkeit, sich immer neue Geschichten über sich selbst zu erzählen. Was immer Ihr tut – hört nicht damit auf.«
    Janner nickte, dann legte er das Schwert wieder nach hinten, wo April auf ihrem Lager aus Stroh friedlich schlief. Er strich ihr das Haar aus der Stirn, ihre Augenlider flatterten leicht, und er fragte sich, was sie wohl träumte. Dann blickte er wieder nach vorn.
    Der Befreier des Nordens und die Prophetin grüßten ein letztes Mal, dann ritten sie auf den linken der beiden Wege, nach Teveral. Janner aber lenkte seinen Wagen nach rechts, nach Fængos. Das Maultier trottete los, er hängte die Leine ein, und nach einer Weile konnte man von seinem Weg das einfache Lied einer Flöte hören.

WIE ALLES ENDET
    F ür Sarik endet die Geschichte an einem Wintertag.
    Schneeflocken treiben durch die kristallklare Luft wie Kirschblüten im Frühjahr, und er weiß weder, wo er sich befindet, noch wie er hierher gekommen ist. Wenn er es recht bedenkt, dann weiß er nicht einmal, was für ein Jahr es ist. Er weiß nur noch, er hat sehr lange geschlafen; und er würde gerne den Grund dafür erfahren.
    Hinter ihm liegt ein Wald, und vor ihm erstreckt sich eine schneebedeckte Landschaft. Silbernes Schilfgras weist mit seinen starren, gebrochenen Halmen in alle Richtungen. Hinter einem Zaun in einiger Entfernung liegen ein paar einfache Behausungen, und dahinter ein Fluss.
    Da entdeckt er ein Mädchen in einem schlichten Wollmantel auf der anderen Seite des Zauns. Sie ist ein blasses Kind mit strohblondem Haar und hellem Blick, dem keine seiner Bewegungen entgeht.
    Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken, tritt er auf sie zu, bis nur noch der Zaun mit seinen Kappen wie Zuckerhüte sie trennt. Das Schneegestöber lässt nach.
    »Hallo«, grüßt er sie. »Wie geht es dir?«
    »Mir geht es gut«, erwidert sie wachsam. »Und dir?«
    Verlegen wischt er sich ein paar Schneeflocken vom Umhang. »Sag mir«, bittet er sie, »wo bin ich?«
    »In Gabors Furt«, sagt sie. »Woher kommst du?«
    »Ich weiß es nicht«, gesteht er.
    »Bist du ein Fürst?«
    Er muss lächeln. »Wohl kaum. Fürsten reisen mit Gefolge und haben Pferde und Kutschen. Ich dagegen habe mich wohl bloß verlaufen.«
    Sie sieht ihn mitfühlend an.
    »Wie ist dein Name?«, fragt er sie.
    »April«, antwortet sie. »Weil ich da geboren bin.«
    »Das ist ein schöner Name«, murmelt er, und etwas in seiner Erinnerung will sich regen bei seinem Klang.
    »Was ist?«
    »Ich frage mich«, sagt er, »ob wir uns nicht schon einmal begegnet sind.«
    »Wann denn?«
    »Ich weiß nicht«, erwidert er und wünscht, er wüsste es, denn eine seltsame Mischung von Gefühlen wandert bei ihrem Anblick durch sein Herz. Dann vergeht die unheimliche Erinnerung, und er gewinnt seine Fassung zurück.
    »Ich weiß nur, dass ich ein Zauberer bin.«
    »Nein, bist du nicht!«, kichert sie, und ihr Unglauben trifft ihn schmerzhafter, als er erwartet hätte.
    »Man glaubt nur, was man sieht, nicht wahr? Aber gut – ich werde es dir beweisen.«
    Er geht in sich und lauscht auf die Klänge der Magie, sucht nach den richtigen Worten. Die Leere, die er findet, erschreckt ihn. Etwas stimmt nicht, doch er will auf keinen Fall wie ein Schwindler dastehen. Wenn nicht einmal dieses kleine Mädchen ihm glaubt, wie soll er dann je die Wahrheit über sich herausfinden? »Wenn ich dir einen Regenbogen schenke, glaubst du mir dann?«
    Sie nickt, und er klatscht in die Hände, schließt die Augen und hebt die Arme zum Himmel. Es ist nicht leicht, aus dem bisschen Magie, das er noch findet, ein Bild zu komponieren. Er fühlt sich wie ein Maler, dem die Farben fehlen, doch als er die Augen des kleinen Mädchens leuchten sieht, weiß er, dass er zufrieden sein kann.
    Er lässt den Regenbogen noch etwas schimmern,
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