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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)
Autoren: Oliver Plaschka
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Blauen Wald herzustellen, wo er in Sicherheit wäre und nur noch seine eigenen Regeln gelten würden. Unter normalen Umständenwäre jeder dichte Wald dafür geeignet, einen Weg dorthin zu öffnen, doch der Zauber, der sich an ihn geheftet hatte, hielt ihn wie einen Fisch am Faden. Der Fealv war wirklich sehr hartnäckig und hatte allen Versuchen, ihn abzuschütteln, getrotzt. Das Schlimmste aber war, Sarik kannte die Magie, die ihn beschützte – und wusste, von wem er sie hatte.
    Es war leichter, als ich noch nichtsahnend war, erklärte er dem Irrlicht und hielt vor zwei alten Buchen, die vielleicht kräftig genug waren, den Zauber zu brechen. Wer weiß – vielleicht hattest du recht, und ich hätte nicht danach streben sollen, meine Erinnerung zurückzuerlangen.
    Ich wollte immer nur, dass du glücklich bist. Ich wünschte, du wärst es noch.
    Du warst es – nicht der Schlaf, oder Korianthe. Du hast mir die Erinnerung daran genommen, was ich getan habe, nicht wahr?
    Du hast dich so mit deiner Schuld gequält, dachte das Irrlicht. Selbst in deinen Träumen.
    Wieso hast du dann zugelassen, dass ich meine Erinnerung wiedererlange?
    Ich konnte dich nicht länger hindern. Du wolltest dich erinnern – du wolltest es so sehr.
    Und was ich über mich erfuhr, kann ich nicht mehr vergessen: Ich kann nicht ändern, wer ich bin. Durch meine Schuld ist es so weit gekommen. Ich habe meinen Freund verraten und damit einen Krieg entfesselt, den er an meiner statt führte. Dann, als sich alle gegen ihn verschworen, habe ich ihn im Stich gelassen, um den Krieg zu beenden; und nun hat es einen neuen Krieg gegeben, und nichts ist uns geblieben – außer ihr.
    Noch einmal versuchte er, eine Pforte zu öffnen, doch es hatte keinen Sinn.
    Resigniert ließ er die Hände sinken.
    Er wird dich töten, dachte das Irrlicht. Hörst du? Er ist schon ganz nahe.
    Halte ihn auf, entgegnete Sarik. Nutze deine Macht.
    Nein. Wenn du nicht aufgibst, wird er dich töten, und ich werde dich nicht noch einmal retten. Hörst du?
    Wie soll ich denn leben mit dem, was ich tat? Leben als der, der zu sein ich herausfand? Ich habe achthundert Jahre verschlafen und bin noch immer so weit wie zuvor. Wenn ich jetzt aufgebe, bleibt mir gar nichts außer meiner Schuld.
    Dann ist es das, was du willst? , fragte das Irrlicht zaghaft. Bist du dir auch sicher?
    Abermals hörte er etwas und fuhr herum. Jeden Moment würde der Fealv ihn einholen, und Sarik hatte nichts mehr, was er ihm entgegensetzen konnte. Er hätte sparsamer mit seiner Kraft umgehen sollen. Selbst sein Umhang, sah er, hatte seinen Glanz verloren.
    Es war einerlei. Er würde sich ihm stellen.
    Er ließ sein Pferd los und warf einen letzten langen Blick auf April. Er dachte an die Nacht im Gebirge, als er am Feuer über sie gewacht hatte.
    Weißt du noch?, lächelte Sarik. Der Beginn einer Reise ist immer am schönsten.
    Ich erinnere mich gut.
    Ich wünschte, ich könnte es noch einmal erleben. Wie alles war.
    Das Irrlicht zögerte einen Moment. Dann soll es so sein, dachte es. Ein letztes Mal.
    Etwas brach durch das Unterholz. Ein helles Funkeln hüllte Sarik ein und nahm ihm die Sicht auf das, was geschah.
    Ich liebe dich, Sarik Isikara Kisikiras.
    Das Irrlicht tat seinen letzten Zug.
    Lebe wohl.

AN DER WEGKREUZUNG
    D er Wagen klapperte die Straße hinab. Es war ein alter Planwagen, gerade groß genug für ein paar Säcke oder Fässer, oder um bei schlechtem Wetter unter seinem Dach zu schlafen. Gezogen wurde er von einem alten Maultier, und der Mann auf dem Kutschbock hatte den Kragen seines Mantels gegen den leichten Regen hochgeschlagen und machte einen erschöpften Eindruck. Es war ein grauer und kalter Morgen, Oktoberwetter, und die Straße war aufgeweicht und matschig.
    Der Wagen erreichte eine nicht sehr übersichtliche Wegkreuzung, und der Fahrer hielt an, um einen verwitterten Wegweiser mit vielen Schildern zu studieren. Anscheinend hatte er es nicht allzu eilig, und so stand er immer noch mit seinem Wagen auf der Kreuzung, als sich die beiden Reiter von einem der anderen Wege näherten.
    Sie hielten ebenfalls vor dem Wegweiser und grüßten flüchtig. Der Mann auf dem Kutschbock bemerkte, dass es sich um einen Fealv in reiferen Jahren und eine dunkelhaarige Frau von großer Schönheit handelte. Er grüßte zurück, und eine Weile studierten sie schweigend die Schilder, wobei sie sich gegenseitig etwas behinderten, denn der Wagen stand so dicht davor, dass die Reiter Probleme hatten,
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