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Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)

Titel: Das Licht hinter den Wolken: Lied des Zwei-Ringe-Lands (German Edition)
Autoren: Oliver Plaschka
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    »Das ist ein feiner Wagen, den Ihr da habt«, sagte der Fealv schließlich. »Sagt, Ihr würdet nicht zufällig in Erwägung ziehen, ihn zu verkaufen?«
    »Nein«, sagte Janner.
    »Oder zu tauschen? Ich biete Euch zwei Pferde dafür.«
    »Das mag ein gutes Geschäft sein, aber ich brauche den Wagen.«
    »Das ist aber schade.«
    »Es geht wirklich nicht.«
    »Mein Name ist übrigens Tausenddorn«, fügte der Fealv hinzu und streckte ihm die Hand hin, die bei dem nassen Wetter glänzte wie feuchtes Laub. »Ihr werdet von mir gehört haben … oder nicht?«
    »Bitte nicht«, sagte die Frau auf dem anderen Pferd und fasste ihren Begleiter am Arm. »Du hast doch gehört, was er gesagt hat.«
    »Ich versuche doch nur, höflich zu sein«, verteidigte sich der Fealv.
    »Ich bin Janner«, sagte Janner und nahm die ausgestreckte Hand. Einen langen Moment sahen sie sich in die Augen, und Tausenddorns Miene wechselte von Belustigung zu Ungeduld. »Sehr erfreut«, sagte er. »Aber Ihr könnt meine Hand jetzt wieder loslassen.«
    »Entschuldigt«, sagte Janner und gab ihn frei. »Ich hätte bloß nicht damit gerechnet, Euch hier zu treffen.«
    »Dann habt Ihr also doch von mir gehört«, stellte Tausenddorn befriedigt fest.
    »Wer hat das nicht«, murmelte Janner und ließ den Blick zu der Frau schweifen. »Wenn Ihr Tausenddorn seid, dann müsst Ihr … die Frau sein, die man die Prophetin nennt.«
    »Seraya«, sagte die Frau, ritt ein paar Schritte näher und streckte gleichfalls die Hand aus. Es wäre ihm lieber gewesen, sie hätte das nicht getan, denn jetzt, von nahem, erinnerte sie ihn nicht mehr an die Bilder, die er von ihr kannte, sondern an Zeona, und das machte ihm Angst. Vielleicht waren es ihre Augen, oder die feinen Tröpfchen in ihrem Haar, die es wie Spinnweben schimmern ließen. Es wäre aber unhöflich gewesen, die Geste auszuschlagen, also beugte er sich vor und schüttelte auch ihr die Hand.
    »Ich dachte, Ihr seid in Teveral«, sagte er.
    »Dahin wollen wir auch«, erklärte Tausenddorn. »Soll sich ja allerhand dort zugetragen haben. Der Kaiser ist tot, heißt es. Von einem leibhaftigen Dämon verschlungen.«
    »Ich habe etwas Ähnliches gehört«, nickte Janner.
    »Natürlich ist das aber Unsinn«, fuhr Tausenddorn fort, »da jedermann weiß, dass es Dämonen nicht gibt.«
    »Wenn Ihr nach Teveral wollt, solltet Ihr hier entlang«, sagte Janner und wies mit der Hand auf den linken von zwei Wegen, die sich sonst sehr ähnlich sahen.
    »Und Ihr, mein stolzer Freund?«, fragte Tausenddorn. »Wollt Ihr uns nicht etwas Gesellschaft leisten?«
    »Ich will nach Fængos.«
    »Zu der Jahreszeit? Es wird dort bald ziemlich kalt sein.«
    »Im Frühling soll es aber sehr schön werden.«
    »Ganz wie Ihr meint. Ich konnte diesen nördlichen Klimaten ja nie viel abgewinnen. Wisst Ihr, was ich wirklich vermisse? Ewenland.«
    »Das überrascht mich«, sagte Janner. »Wart Ihr es nicht, der dem Norden die Freiheit schenkte?«
    »Ja schon«, erwiderte Tausenddorn, und er und seine Begleiterin tauschten ein flüchtiges Lächeln. »Aber mit der Zeit wird man der vielen Kämpfe und des schlechten Wetters überdrüssig. Ab einem gewissen Alter wünscht man sich einfach nur ein Fleckchen in der Sonne, von wo aus man aufs Meer hinausschauen und sich so seine Gedanken machen kann.«
    »Ich weiß, was Ihr meint«, sagte Janner, »denn wie Ihr bin ich einmal zur See gefahren, und wie Ihr bin ich des Kämpfens und der großen Taten müde. Und ich habe gelernt, dass nur Irrlichter und wandernde Sterne uns den Weg weisen, sodass man irgendwann wieder da steht, wo man am Anfang schon war. Dennoch kann ich Euch nicht begleiten, so reizvoll Euer Angebot auch ist, genauso wenig, wie ich Euch den Wagen verkaufen kann.«
    »Ein Jammer«, konstatierte Tausenddorn und wollte sich abwenden,doch die Frau bedeutete ihm, kurz zu warten, und ritt einen Schritt näher, um einen Blick hinter Janner und unter die Plane zu werfen.
    »Geht es ihr gut?«, fragte sie ernst.
    Janner brauchte einen Moment, um die richtigen Worte zu finden. »Sie hat eine Menge durchgemacht, und sie erwartet ein Kind. Sie ist der Grund, weshalb ich den Wagen brauche. Ich habe ihr versprochen, dass ihr Kind in Freiheit aufwächst.«
    »Ich könnte sie mir einmal anschauen«, sagte Seraya.
    »Wenn Ihr das tun könntet … wäre ich Euch wirklich sehr dankbar.«
    Seraya stieg vom Pferd, und Janner half ihr auf den Wagen. Dann verschwand sie unter der Plane, um
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