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Das Intercom-Komplott

Das Intercom-Komplott

Titel: Das Intercom-Komplott
Autoren: Eric Ambler
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machte man mir den Vorwurf, einen mir teuren Freund betrogen zu haben.«
    »Wollen Sie damit sagen, daß das Gespräch zwischen Ihnen und Latimer gar nicht so verlief, wie er es beschrieben hat?«
    »Natürlich war es nicht so. Wofür halten Sie mich denn?« Jetzt war er ernstlich beleidigt. Als er fortfuhr, stocherte er mit seiner Zigarre durch die Luft. »Weil ich ihn für einen sympathischen Kerl hielt, erzählte ich ihm ein paar Geschichten und Anekdoten aus der Arbeit im Geheimdienst. Ich weiß, daß er während des Krieges für die englische Abwehr gearbeitet hat. Und so kam es, daß wir hin und wieder ins Erzählen kamen. Eines Tages sprachen wir auch über diesen mexikanischen Fälscher. Das war der einzige Fehler, der mir unterlief.«
    »Aber an dieser Geschichte ist doch nichts, was man geheimhalten müßte«, warf ich ein. »Sie ist bekannt. In Zeitungen wurde darüber geschrieben. Wer will, kann sich darüber unterrichten.«
    »Ja, aber erst jetzt. Aber er wußte nichts davon, und ich habe es ihm erzählt. Und ich verwendete den Ausdruck ›rein fiktiver Wert‹. Ein paar Tage später kam er wieder und begann, über die Intercom- Affäre zu reden.«
    »Sie meinen also, er hat zwei und zwei zusammengezählt?«
    Jost ließ seinen Zigarrenstummel auf das Pflaster fallen und zertrat die Glut mit dem Absatz. »Er riet einfach ins Blaue hinein. Wie ein billiger Wahrsager. Natürlich erzählte er mir das Ganze so, als sei es eine von ihm erfundene Geschichte. Er amüsierte sich köstlich dabei. Ab und zu konnte er gar nicht mehr sprechen, so sehr lachte er darüber. Er hatte sogar den Tag herausbekommen, an dem ich die Aktien gekauft hatte.«
    An unserer Unterhaltung war nun nichts mehr hypothetisch. Er schien diesen Nachmittag noch einmal zu erleben.
    »Und was taten Sie, Herr Oberst?«
    »Was konnte ich tun? Auch ich benahm mich so, als sei es ein Scherz. Was wäre mir sonst übriggeblieben?«
    »Sie konnten es nicht abstreiten?«
    »Natürlich nicht. Ich sagte es Ihnen ja. Ich mußte es als einen Scherz betrachten – und das meiste war ja auch unsinnig genug. Alberner Unsinn.«
    »Mit Ausnahme jener gefährlichen Passagen, in denen er sich nicht irrte. Ich verstehe.«
    Er runzelte die Stirn. »Ich konnte nicht sicher he rausbekommen, was er wirklich glaubte. Glaubte er an die Geschichte? Glaubte er nur, daß er sie erfunden hatte? Ich hoffte, wenn ich sie so wenig ernst nahm, wie er bei sich den Anschein erweckte, würde sein Interesse daran erlahmen.«
    »Das aber war nicht der Fall. Warum jedoch halten Sie ihn für verantwortungslos, Herr Oberst?«
    Er zögerte. »Vertrauliche Gespräche zu verfälschen und dann die Verfälschung ohne mein Wissen gegen mich zu verwenden – zeugt das von Verantwortungsbewußtsein? Ist das ehrliches Spiel?«
    Ich wollte sagen, daß Arnold Bloch diese Frage wohl besser beantworten könne als ich, aber dann ließ ich es doch sein. Ich war hier, um ihm zuzuhören, und nicht, um als Causeur zu glänzen.
    »Als er verschwand«, fuhr Jost fort, »war ich zunächst erleichtert. Das bedeutete nämlich, daß ich ihn nicht mehr sehen und seinem Nonsens nicht mehr zuhören mußte. Dann aber erfuhr ich, daß er in der Schweiz arbeitete, und bekam Angst. Nicht so sehr meinetwegen, sondern um Brand. Sie wissen, daß er krank ist, und er lebt noch in seinem Heimatland. Zusammen mit seiner Familie.«
    »Woher wußte Latimer, daß Brand leberkrank ist?« fragte ich. »Sie müssen es ihm erzählt haben.«
    Er schüttelte ungeduldig den Kopf. »Ich habe ihm nur erzählt, ich hätte mich einmal heimlich in Evian mit einem Kollegen getroffen, der dort einen Nieren-Spezialisten konsultierte. Das ist alles. Wer dieser Kollege war, habe ich nicht gesagt. Latimer behauptet das Gegenteil.« Er schob die Brandyflasche zu mir herüber und nickte mir zu, ich solle mich bedienen. »Das war eine seiner gewagtesten Vermutungen.«
    »Vielleicht sagten Sie ihm mehr, als Sie ahnen«, sagte ich. »Schließlich haben Sie lange Zeit darüber geschwiegen, Herr Oberst. Man behauptet, in solchen Fällen könne das Unterbewußtsein einem böse Streiche spielen.«
    Er sah mich geringschätzig an. »Psychologischer Heckmeck hat mich noch nie beeindrucken können, Mr. Carter. Latimer war ein gerissener Fuchs, das kann ich Ihnen versichern, und ich hätte ihm die Geschichte von dem mexikanischen Fälscher einfach nicht erzählen dürfen. Das habe ich schon zugegeben. Dadurch nämlich kam er erst auf den Gedanken. Aber
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