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Das Intercom-Komplott

Das Intercom-Komplott

Titel: Das Intercom-Komplott
Autoren: Eric Ambler
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VORWORT
    Es geschah am 31. Mai letzten Jahres auf dem Genfer Flughafen Cointrin, daß jener Mann verschwand, der sich selbst Charles Latimer nannte. Alle Bemühungen, seine Spur zu finden, sind bis heute fehlgeschlagen.
    Eine Verkettung unglücklicher Umstände führte dazu, daß er erst zwei Wochen danach als vermißt gemeldet wurde.
    Diese lange Verzögerung und die sich daraus – so behauptet man – ergebenden Schwierigkeiten für die Polizei und die Sicherheitsbehörden, denen der Fall übertragen wurde, betrachtete man als überaus schwerwiegenden Faktor. Tatsächlich jedoch tat beides nur wenig zur Sache. Alle bisher zutage getretenen Anhaltspunkte lassen vielmehr darauf schließen, daß bereits eine Verzögerung von einem einzigen Tag denselben Effekt gehabt hätte. Innerhalb weniger Stunden nach Latimers Verschwinden vom Flughafen war seine Spur für immer verwischt.
    Latimer, der seinen festen Wohnsitz auf Mallorca hatte, hielt sich die letzten drei Monate vor seinem Untertauchen in der Schweiz auf, wo er im Auftrag seines amerikanischen Verlegers das Quellenmaterial für ein Buch recherchierte und am Manuskript arbeitete. Für die dabei anfallenden Schreibarbeiten hatte er eine Sekretärin, Mlle. Deladoey, engagiert.
    Sie war es auch, die schließlich Alarm schlug.
    Daß sie es nicht früher tat, ist verständlich. Latimer hatte ihr gesagt, er reise nach Evère in Belgien, wo er einen hohen Offizier im Stab der NATO interviewen wollte. Daran war nichts Außergewöhnliches. Es war nicht das erste Mal, daß er wegen des Buches, an dem er arbeitete, von Genf aus in eine andere Stadt fuhr; frühere Gesprächstermine hatten ihn schon nach München, Bonn, Basel, Bern und Luxemburg geführt. Evère liegt nicht weit von Brüssel. Mlle. Deladoey ließ die Buchung des Flugs und die Hotelreservierung durch ein Reisebüro erledigen.
    Er hatte ihr nicht gesagt, wie lange er zu bleiben gedenke, und sie hatte ihn nicht danach gefragt. Niemand wollte es wissen. Wenn er eine Reise unternahm, behielt er stets sein Genfer Hotelzimmer, wo er auch den größten Teil seines Gepäcks ließ. Diesmal hatte er nur eine einzige Reisetasche mitgenommen. Mlle. Deladoey schloß daraus, daß er nicht länger als zwei oder drei Tage fernbleiben würde. Die Menge des Textes, die sie während seiner Abwesenheit abschreiben sollte, schien diese Annahme zu rechtfertigen.
    Als er nach einer Woche nichts hatte von sich hören lassen, war sie immerhin so unruhig, daß sie ein Telegramm nach Brüssel schickte, in dem sie ihn fragte, wann er zurückkommen würde. Eine Antwort erhielt sie nicht. Weitere sechs Tage verstrichen. Bis dahin kam zu ihrer Sorge noch etwas anderes: Er war mit seinen Lohnzahlungen zwei Wochen im Rückstand. Sie bat den Empfangschef des Hotels, in dem Latimer abgestiegen war, um Rat.
    Dieser zeigte sich ebenso besorgt wie sie, wenn auch aus anderen Gründen. Als Empfangschef war er gleichzeitig für die Buchhaltung zuständig, und er beurteilte die Dauergäste des Hauses danach, wie sie ihre Wochenrechnungen beglichen. Latimer hatte stets prompt bezahlt, mit Schecks des Credit Suisse, und regelmäßig am selben Tag. Es paßte nicht zum Charakter eines so gewissenhaften Menschen, überlegte der Empfangschef, dermaßen unüberlegt zu handeln. Die einzig mögliche Erklärung wäre ein Unfall oder Krankheit, und die wahrscheinlichere sei Krankheit, denn Latimer gehörte nicht mehr zu den Jüngsten. Nach einer Rücksprache mit dem Geschäftsführer gestattete er Mlle. Deladoey, in Brüssel anzurufen.
    Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie erfuhr, daß Latimer weder jetzt noch irgendwann zuvor in dem Brüsseler Hotel gewohnt hatte.
    Da sie es für möglich hielt, daß sie sich im Namen des Hotels geirrt hatte, telefonierte sie noch einmal mit dem Reisebüro. Man versicherte ihr, ein Irrtum sei ausgeschlossen. Als sie nun ihre Nachforschungen fortsetzte, erfuhr sie, daß Latimer auch nicht mit der Sabena-Maschine nach Brüssel geflogen war, für die er gebucht hatte. Sein Name stand zwar auf der Passagierliste, doch war er zum Abflug nicht erschienen. War er vielleicht mit einer anderen Maschine der Sabena, vielleicht auch mit einer anderen Gesellschaft geflogen? Vielleicht mit einem anderen Ziel? Es dauerte mehrere Stunden, bis diese Fragen beantwortet waren, doch nichts kam dabei heraus.
    Sie sprach mit dem Empfangschef, der sich wiederum mit dem Geschäftsführer beriet. Am Vormittag des fünfzehnten Tages nach Latimers
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